Cloudcrown

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«Prinzessin Rose! Machen Sie sich bitte fertig, Madam Sky ist schon da!» Schallte der Ruf meiner Zofe durch den Glaspalast. Schnell sah ich noch ein letztes Mal in den bodenlangen Spiegel. Eine blasse, vierzehnjährige Elfe, mit metallisch-glänzendem, bonbonrosanen Haar, grossen grauen Augen, durchsichtig-blauen Flügeln und spitzen Ohren blickte mir entgegen. Ich rückte meine silberne Tiara zurecht und zog den nachtblauen Faltenrock meiner Schuluniform weiter nach unten. Die bestand aus einem cremefarbenen T-Shirt, einer nachtblauen Krawatte und einem weissen Blazer. Ich ging Treppe runter und warf einen letzten Blick aus den riesigen Glaswänden, hinein in die Wolken. Der Anhänger meiner Kette vibrierte. Der weiss-graue Kristallstaub in der gewundenen Phiole flog haltlos umher. Ich betrat den Salon und grüsste Madam Sky, meine Lehrerin mit einem kurzen Knicks und hielt mich dann an ihrem Arm fest. Die goldene Kette um ihr Handgelenk begann zu glühen, wir drehten uns immer schneller, bis ich unser Haus aus dem Blick verlor. Als wir wieder langsamer wurden, konnte ich ein mächtiges, teilweise mit Efeu überwachsenes, weisses Schloss am Rande eines grossen Sees entdecken. Dahinter ein dunkler Wald. Auf dem steinernen Weg, auf dem wir gelandet waren, schwirrten noch eine Menge anderer Wesen herum: Griesgrämige Sumpfelfen, einige kleine Wichtel, blau-grüne Kobolde und eine Bergelfe mit fünf Kindern, die einiges an Geschrei veranstalteten. «Dies, Prinzessin, ist das edle Gemäuer von Wasserstein. Folgen sie mir bitte.» Madam Sky ging im Laufschritt den Weg entlang und ich folgte ihr. Als wir vor dem grossen, schmiedeeisernen Tor anhielten, vibrierten meine Flügel vor Aufregung. Zwei Wächter, die wie verrottete Baumstämme aussähen, wenn sie nicht Kettenrüstung und Speere anhätten, öffneten die Tür für uns, ohne auch nur einen Finger zu bewegen. Dass sie sich vor mir vorbeugten, als ich vorbeilief, war nichts Neues für mich, an das war man als eine Prinzessin gewöhnt. Ich verbeugte mich ebenfalls leicht und lächelte ihnen zu. Dies hatte mir meine Mutter eingeschärft. «Immer lächeln, Rose, immer lächeln.» Auf dem riesigen Innenhof standen bereits hunderte von Elfenkindern mit ihren Eltern und Geschwistern. In der Mitte des Platzes stand ein steinerner Brunnen, indem anscheinend gerade eine Meerelfe badete. Madam Sky nahm eine kleine Schultasche aus ihrem seidenen Mantel und reichte sie mir. «Da ist alles drin, was Ihr braucht. Ihre Koffer wurden bereits auf Ihr Zimmer gebracht.» Erst jetzt fiel mir auf, dass ich die Einzige ohne Gepäck war. Der laute, und gleichzeitig wunderschöne Schrei eines Phönixes ertönte, und die gesamte Schülerschar strömte durch zwei grosse Flügeltüren am Ende des Platzes. Madam Sky lächelte mir aufmunternd zu, und ich folgte ihnen. Die Traube führte mich in eine riesige Halle, an dessen linken Seite ein langes Büfett aufgebaut war. In der ganzen Halle waren kleine Vierertische verteilt, am Ende des Raums eine Bühne. Die älteren Schüler schienen zu wissen, was sie hinsollten, denn alle setzten sich an einen Tisch, und begannen sich mit ihren Tischnachbarn zu unterhalten. Jetzt standen nur noch ich und etwa dreissig Andere in der Mitte des Saals und sahen uns fragend an. «Guten Tag, Schüler.» Alle wandten die Köpfe zur Bühne, wo eine Frau in einem wallenden, violetten Gewand stand und die Arme ausgebreitet hatte. Um sie herum tigerte eine graugetigerte Katze. Als sie ihr fein geschnittenes Gesicht den Schülern zuwandte, konnte man ihre leuchtend grünen Augen sehen. «1. Klässler, kommt bitte zu mir.» Ich und die Anderen gingen zögernd zwischen den Tischen hindurch zur Bühne. Die Frau hatten inzwischen einen Glasbehälter mit einem seltsam farblosen Sand darin auf die Bühne geholt. Bei dem Anblick des Glasbehälters ging ein Raunen durch die unten versammelten Schüler. «Wenn ich euren Namen aufrufe, kommt ihr bitte nach vorne und stellt euch vor Sedina. Ann vom Hochgebirge, Serafina von den Sonnenflächen, Xin vom Bambuswald und Mina von der Algenstadt.» Mina, die als Letztes nach vorne getreten war, musste die Meerelfe von vorhin sein, denn sie hatte das gleiche geschuppte Kleid an und die gleichen fliessenden azurblauen Haare. Allgemein war jede der Aufgerufenen nicht nur sehr verschieden, aber auch sehr schön, vor allem Xin, mit ihrem bleichen Gesicht, dem kurzen hellgrün-weissen Kleid und dem schwanenartigen Gang. «Und jetzt fasst euch bitte an den Händen und lasst erst los, wenn ich es sage.» Die Mädchen taten, was man ihnen befohlen hatte, während die Frau im violetten Gewand einen Kreis aus dem Sand um sie zog. Kaum war dieser geschlossen, loderte ein blaues Feuer um die Mädchen auf und goldene Strahlen schossen aus jeder Seite, wo sie ihre Hände trafen, welche plötzlich mit Armbändern geschmückt waren. Dieses war bei Mina geschuppt, bei Xin aus Blättern, bei Ann aus einem Mineral, das ich nicht kannte und bei Serafina aus Sonnenstrahlen gewebt. Einen Augenblick später war das Feuer wieder weg und der Sand am Boden verschwunden. «Zimmer Seerose!» rief die Frau und Applaus brach in der Halle aus. Wie von selbst gingen die vier zu einem das freie Tischen. «Marc vom Sumpfwald, Oskar von Wolkenland...» Ich sah auf, Oskar war der Erste, der aus dem gleichen Land war wie ich. Minuten später ertönte: «Lorena von den Sonnenflächen.» Ein weiteres Mal ging ein Raunen durch die Menge. Lorena ging selbstbewusst auf die Bühne und warf einen angewiderten Blick auf Sedina, welche neben ihrem roséfarben Samtkleid wie ein Türvorleger aussah. Als sich dann auch Rahel eine weitere Sonnenflächenelfe, Gloria, eine der Dunkelwaldelfen und Josefina, Feuerelfe dazugesellten, gaben sie sich die Hände und der Zauber begann von Neuem. Als sie dann von der Bühne kamen, und an mir vorbeiliefen, flüsterte Lorena: «Als Tochter des Fürsten der Sonnenflächen finde ich das es verboten werden sollte, am Anreisetag Schuluniform und eine fake Tiara zu tragen.» Mit einem kritischen Blick auf mich, nickten ihre Zimmergenossinen zustimmend und seufzten, als sie einen Blick auf ihre Gewänder warfen. «Nellie, von den Kristallhöhlen, Nora, vom Sumpfwald, Faye, von den Kristallhöhlen und Prinzessin Rose Victoria von Wolkenland. Alle Köpfe drehten sich nach mir um, als ich die Bühne betrat und Nellie und Nora die Hände gab. Als um uns das blaue Feuer hochstieg, waren alle Augen im ganzen Raum auf uns gerichtet, sogar Sedina fixierte uns mit ihren leuchtendgrünen Augen. Als die Strahlen meine Hände berührten, fühlte ich ein angenehmes Kribbeln in meinem Körper und eine sanfte Stimme ertönte in meinem Kopf. «Dies sind Nellie, Nora und Faye. Von heute an werden sie mit dir wohnen und zum Unterricht gehen. Beachte das ihr nun durch einen Zauber verbunden seid, was heisst, dass keine ausgeschlossen oder nicht fair behandelt werden darf. Mein Name ist Madam Histiotus und ich bin eine Gestaltwandlerin, genau genommen also keine Elfe. Jeder Regelverstoss wird mir gemeldet, und ich bin immer da, wenn meine Schüler mich brauchen, so scheue nicht mich im Büro hinter dem Wasserfall zu besuchen. Ich wünsche dir einen lehrreichen Aufenthalt in Wasserstein.» Ich sah mich um, auch Nora, Nellie und Faye schienen etwas verwirrt, als wir die Bühne verliessen und zu unserem Tisch, der schon mit unserem Zimmernamen (Orchideenhöhle) gekennzeichnet war. Als auch die letzte Gemeinschaft die Bühne verlassen hatte, rannte auch Sedina durch eine versteckte Katzenklappe in der Wand. «Gut, da jetzt alle neuen Schüler eingeteilt wurden, würde noch einige Worte an euch richten, bis ihr den Rest vom Tag frei habt. Erstens, ist für alle unter der vierten Stufe verboten ohne eine Lehrperson den Wald zu betreten. Ausserdem sind die Mädchen und Jungenzimmer in zwei verschiedenen Gebäuden untergebracht, für die das nicht wissen. Zweitens müsst ihr euch jeden Morgen um halb acht hier einfinden, um Frühstück zu essen, um viertel nach acht beginnt der Unterricht. Die Stundenpläne werden morgen ausgeteilt. Mittagspause dauert eine Stunde. Gut, ich denke das wars. Ich wäre froh, wenn die älteren Schüler den Erstklässlern helfen würden, in ihre Schlafsäle zu kommen. Danke.» Applaus brannte auf als Madam Histiotus ihre Rede beendete und bevor sie durch den Vorhang an der rechten Seite der Bühne ging, sich in eine Fledermaus verwandelte und in die Höhe schoss. Hunderte von Stühlen würden zur Seite gerückt, und wir folgten den älteren Mädchen aus der Halle raus. «Und du bist echt die Wolkenprinzessin?» fragte Nora aufgeregt und deutete auf meine Tiara. Ich lächelte nur, drehte mich zu meinen neuen Freundinnen um. «Wollen wir?» Sie nickten und wir liefen los. Nach einer halben Ewigkeit hatten wir den Westflügel erreicht und suchten unser Zimmer. «Sucht ihr auch euer Zimmer?» Xin, Serafina, Mina und Ann standen neben uns. Wir sahen uns um, mein Blick fiel auf Xins Armband. «Wart mal. Darf ich?» Sie nickte verwirrt und ich sprach klar und deutlich: «Zimmer Seerose.» Am Ende des quetschte sich plötzlich eine Tür aus dem Nichts zwischen die Wand und eine andere Tür. «Cool!» Mit schnellen Schritten ging Serafina auf die Tür zu, und öffnete sie. «Wow.» Sie trat ein, und Xin, Mina und Ann folgten ihr. «Zimmer Orchideenhöhle.» sprach Faye in ihr babyblau und rosa glänzendes Armband. Neben Zimmer Seerose erschien noch eine Tür die mit «Zimmer Orchideenhöhle» beschriftet war. Faye öffnete die Tür und liess uns ein. Wir standen in einem holzgetäfelten Raum mit zwei Hochbetten, vier Schränken und zwei Dachfenstern. Zwischen den Betten stand ein kleiner Couchtisch auf einem flauschigen, weissen Teppich. Neben einem der Betten standen meine durchsichtigen Koffer. Auch wenn sie wie Glas aussahen, sah man nicht durch sie. Ich kletterte auf den oberen Stock des linken Bettes, wo ich zum Fenster raussehen konnte. Nora belegte gleich das Bett unter meinem, Nellie und Faye, die anderen Beiden. An der Decke war eine kleine Lampe angebracht und darunter ein Brett. Wir packten unsere Sachen aus und versorgten sie im Schrank, in welchem auch schon unsere Uniform für den Winter war. Ich nahm mein Zeichnungsbuch aus meiner Tasche und folgte den Anderen aus dem Zimmer. Auf einer saftig grünen Wiese, auf der sich schon viele andere aufhielten, setzten wir uns. «Also, sagt schon, was machen eure Eltern?» fragte ich neugierig. «Also, meine Eltern arbeiten am Hof des Kristallkönigs.» antwortete Nellie und Faye erzählte, dass ihre Eltern berühmte Eiskristallzüchter seien. «Das sind die Kristalle aus Eis, die nicht schmelzen, oder?» wollte Nora wissen. Nellie und Faye bejahten, und erzählten mit glänzenden Augen von den Kristallhöhlen, während ich das Schloss skizierte. Plötzlich stellte sich ein Schatten vor mich. «So, so Prinzesschen Rosie also.» Ich sah auf, und Lorena und ihre Mädels standen vor uns. «Freut mich.» antwortete ich und lächelte sie an, ohne auf ihren Spott einzugehen. «Grins mich so nicht schleimig an.» zischte Lorena. «Was willst du, Lorena?» Faye war aufgestanden und trat neben mich. Lorena sah sie nur angewidert an und murmelte: «Als ob ich dir was zu sagen hätte.» Faye brauste auf und ich hielt sie an ihrem Blazer zurück, dass sie sich nicht auf Lorena stürzte. «Oh, schaut mal! Da ist wohl jemand empfindlich!» Sie lachte hämisch, bevor ihr Gesicht wieder eiskalt wurde. «Also, Prinzesschen. Ich würde dir raten, wenn du ein bisschen Respekt von deinem Volk willst, dich anders anzuziehen.» Sie deutete auf meine Schuluniform. «Wir werden sehen. Vielen Dank für deinen Rat. Du darfst dich jetzt zurückziehen.» Sie starrte mich empört an, hielt meinem Blick erstaunlich lange an, bevor sie sich mit ihren Freundinnen zurückzog und dabei laut über mich fluchte. «Warum hast du ihr nicht ordentlich die Meinung gesagt? Es sah so was von doof aus!» brauste Faye erneut auf. «Eine Prinzessin streitet sich nicht öffentlich mit Gleichrangigen.» «Und ich dachte du seist nicht so eine.» schnaubte Faye und wollte gerade gehen, als sie mein Grinsen bemerkte. «Ich meins ernst.» Faye sah mich an. Um sechs gingen wir zusammen zum Abendessen. Die Halle die (wie Nellie herausgefunden hatte) Steinhalle hiess, sah ohne die Bühne ganz anders aus. Ausserdem standen jetzt Kobolde an den Eingängen und tadelten jeden der zu spät kam. Wir holten uns Wolkenbrei mit Blitzstreuseln und setzen und an unseren Tisch. «Der ist echt gut. Bei uns gabs sowas nie.» Schwärmte Nora. «Kein Wunder. Deine Eltern wollten offensichtlich nicht, dass du wie die Prinzessin aussiehst.» Lorena stand hinter ihr. «Blöd nur, dass der Prinzessin so ein billiges Gericht nicht vorgesetzt wird. Was gabs bei euch? Zwei Birkenblätter und drei Schluck Flügelgelee?» Ich deutete auf Lorenas Flügel, die wie getönte, pastellblaue Glasscheiben aussahen, anstatt durchsichtigblau zu glänzen. «Bei uns im Schloss gabs immer nur...» «Das, wo du wohnst, soll ein Schloss sein?» Sie holte aus, um etwas zu erwidern, doch ein Hochgebirgself drängte sie beiseite und sagte: «Prinzessin Rose? Es freut mich sehr Sie kennenzulernen.» «Lass das Sie mal, ja? Ich bin Rose.» Ich streckte meine Hand aus und er schüttelte sie glücklich, dann zog er sich zurück. Als er ausser Hörweite war, sagte ich zu Lorena: «Das Schloss, indem du wohnst und seine Bewohner müssen ziemlich langweilig sein, sowie der dich weggedrängt hat.» Ohne ein weiteres Wort schüttelte sie ihre Haare aus und ging zu ihrem Tisch zurück.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 19 ⏰

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