alone

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Hazel

"Er hat dir Kleidergröße 36 aufgeschrieben? Ich denke wir bestellen dir auch 34. Dann kannst du aussuchen. Die Kleidung ist für Herren, sie wird dir also ohnehin schon viel zu groß sein."

"Das hat er mich gar nicht gesagt.", erkläre ich ihr. 

"Natürlich nicht.", lächelt sie allwissend und fügt noch etwas auf dem Zettel hinzu.
"Ich gehe davon aus, dass er dir schon mehr als zweimal klar gemacht hat, wer von euch das sagen hat? Lass dich nicht einschüchtern, er ist wie er ist, aber eigentlich ist er ein herzensguter Mensch. Er hat viel erlebt und viel mitgemacht, das ist nicht immer einfach. Er wäre nicht dort, wo er jetzt ist, wenn er nicht so diszipliniert wäre, wie er ist. Er ist einer von den guten und du kannst viel von ihm lernen."

Ich kann gar nicht glauben, was sie mir erzählt. Er soll ein herzensguter Mensch sein? Er soll schmunzeln können?

"Also, deine Sachen kommen übermorgen hier an. Auf deinem Stundenplan steht, dass du morgen schon Schwimmunterricht hast. Ich sage Josh Bescheid, dass er mit dir im Lager nach einem passenden Badeanzug schauen soll. Wenn keiner da ist, dann setzt du den Schwimmunterricht aus und holst ihn nach. Das ist kein Problem.", erklärt sie mir liebevoll.

"Danke. Ich hoffe, dass er das auch so sieht."

"Stell dich auf eine Diskussion ein. Aber du wirst sie gewinnen. Er wird dich nicht nackt schwimmen lassen.", witzelt sie. 

"Ich bin in einer Männerbranche aufgewachsen, aber ich habe das Gefühl, dass mir das hier nichts bringt.", zucke ich mit den Schultern. 

Sie winkt ab.
"Den Kerlen hier geht es um ihr Ego. Daran darfst du dich nicht aufhängen. Lass sie machen, füttere ihr Ego und dann ist gut."

Ich nicke.

"Hast du noch Fragen? Ich denke, dass Josh dir alles erklärt hat?"

"Ja, er hat sich, zumindest was das angeht, den Mund fusselig geredet.", lache ich leicht.

"Natürlich, das hat er auswendig gelernt. Wie vom Band."

Ich fühle mich tatsächlich schlecht, dass ich so über ihn rede. Ich kenne ihn nicht und auch wenn er kalt ist, hat er das nicht verdient oder?

"Da isser ja.", ruft Kyra durch die Tür. 

Sir Wilson bleibt in der Tür stehen.
"Kannst du nicht mit ihr gehen und die Sachen im Lager suchen? Ich bin kein Babysitter."

Habe ich gerade gesagt, dass er mir Leid tut?

"Josh ich kenne mich im Lager nicht aus. Sie ist deine Auszubildende, also kümmere dich um sie.", schüttelt Kyra den Kopf.

"Ich hab keine Zeit, Gott, ich hab was zu tun. Ich habe gar keine Zeit jemanden auszubilden, erst recht keinen hoffnungslosen Fall.", nuschelt er während ich in einem Raum mit ihm bin.

"Ich hab nicht drum gebeten, dass Sie mein Ausbilder sind!", werde ich wütend. 

"Ich dachte, Sie lernen so schnell? Erinnern Sie sich nicht, was ich Ihnen zum Thema Klappe halten gesagt habe?", faucht er mich an und knallt die Tür hinter sich zu. 

Stumm bleibe ich im Stuhl sitzen.

"Josh.", ermahnt Kyra ihn. 

"Gib mir mal den Zettel.", ignoriert er ihre Worte und hält seine Hand auf. Kyra reicht ihm den Zettel, den er angestrengt durchließt. 

"Wir haben keinen Badeanzug in dieser Größe."

"Geh doch wenigstens mit ihr schauen."

"Brauch ich nicht. Ich kenne mein Lager."

"Hazel, Warrant Officer Wilson wird dich jetzt mit ins Lager nehmen und dir passende Sportsachen raussuchen. Und vielleicht findet sich noch ein Badeanzug.", widerspricht sie ihm und steht dann auf, um mir die Hand zum Abschied zu reichen. 

"Danke.", erhebe ich mich und schüttel ihre Hand. 

Sir Wilson steht unbeeindruckt vor der geschlossenen Tür und sieht uns fast schon genervt an. Es passt ihm nicht, dass er jetzt mit mir ins Lager muss. Ich wurde ihm aufgedrängt und das lässt er mich spüren. Vermutlich würde er am liebsten hinter seinem PC verschwinden und Arbeit erledigen, die in seinem Aufgabenbereich liegt. 

Weil er mich vorhin angeschissen hat, dass ich vor ihm laufen wollte, bleibe ich stehen. Abwartend sieht er mich an. 

"Soll ich dir die Tür aufhalten?"

"Ich dachte, dass sie einen höheren Rang haben?", erinnere ich ihn und übergehe, dass er mich geduzt hat. 

Genervt befeuchtet er seine Lippen und greift dann nach der Tür, durch die er aber trotzdem als erstes durchgeht. Während ich das Büro verlasse, höre ich Kyra leise lachen. Wahrscheinlich kennt sie ihn schon lange genug, dass sie sein Verhalten gut einschätzen kann. 

Auf dem Flur drückt er mir den Zettel in die Hand, dann dreht er sich um und geht.
"Was machen Sie?"

"Ich gehe arbeiten.", ruft er. 

"Aber-"

"Ich bin kein Babysitter, ich bin Warrant Officer und ich suche sicherlich nicht im Lager nach Ihren Klamotten, Miller.", erwidert er, während er durch den Flur marschiert und kurz seine Hand hebt, bevor er rechts abbiegt. 

Alleine stehe ich in dem Flur und schaue den leeren Gang entlang. Es ist still, lediglich seine Schritte klingen noch nach. 

Das Leuchten Der WüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt