Kapitel 1

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"Ich fühle mich wie eine Prinzessin!" rief ich freudig aus, als ich mich im Spiegel betrachtete. Die Antwort darauf folgte prompt: "Du bist ja auch eine." "Ach ja, upps." Ich schaute noch einmal überschwänglich in den Spiegel. Mein Kleid war wunderschön, und ich konnte noch gar nicht glauben, dass ich eine echte Prinzessin war. Bis vor kurzem habe ich noch unten im Dorf gelebt, genauer gesagt im Waisenhaus. Eines Tages kam dann der König in das Heim und verlangte, mit mir und meinem Zwillingsbruder Philipp zu sprechen. Als wir alleine waren, erklärte er uns, wir wären seine Kinder und dass er uns kurz nach unserer Geburt bei einer Nacht- und Nebelaktion in das Heim gebracht hatte, angeblich um uns Bescheidenheit zu lehren. Er nahm uns mit ins Schloss, das hoch über dem Dorf empor ragte. Hier fühlte ich mich direkt wie zu Hause. Mein ganzes Leben hatte ich kein eigenes Zimmer gehabt,  und jetzt hatte ich gleich drei davon: ein Schlafzimmer mit einem gigantischen Himmelbett, ein Ankleidezimmer mit hunderten von Kleidern und Schuhen und einem riesigen Spiegel, und ein etwas kleineres Zimmer mit einem Schreibtisch, an dem ich Hausaufgaben machen konnte. Philipp besaß die drei Zimmer nebenan. Immer, wenn wir Zeit hatten, probierte ich ein paar der Kleider aus meinem Ankleidezimmer an, während er überlegte, ob unser Vater uns etwas verheimlichte und uns stattdessen vor etwas Gefährlichem schützen wollte. Ich erklärte ihm zum ungefähr hundertsten Mal, dass der Kön... äh unser Vater mir genau beschrieben hatte, dass er uns nur eine normale Kindheit ermöglichen wollte, aber ich klang wohl nicht sehr überzeugt,  jedenfalls bemerkte Philipp meine Unsicherheit und wollte gerade zu seiner üblichen Rede von wegen, es wäre nicht normal, dass wir nachts, als uns niemand sehen konnte, ins Heim gebracht wurden, ansetzen, als unser Kindermädchen Julia (ja, wir hatten ein Kindermädchen. Mit 15.) ins Zimmer kam und uns zum Unterricht abholen wollte. "Vorher ziehst du dir aber besser normale Sachen an, Mia." Ich tat, wie mir geheißen, und stieß kurze Zeit später zu den anderen beiden, die schon vorgegangen sind. Sie unterhielten sich gerade über das Abendessen.

Als wir nach einer langweiligen Stunde über Hofetikette als Hausaufgabe aufbekamen, in der Bibliothek nach weiteren typischen Manieren und Sitten zu recherchieren, wurde Philipp ganz nervös. Als ich ihn vor dem kleinen Unterrichtsraum fragte, warum er plötzlich so aufgeregt wurde, sagte er: "Verstehst du denn nicht? Das ist unsere Chance, in der Bibliothek Nachforschungen betreiben zu können, ohne dass jemand misstrauisch wird!" Ich schaute ihn verständnislos an. "Warum wir nicht hier aufgewachsen sind, Mia..." "Na, vielleicht möchtest du das rausfinden, aber mir reicht die Erklärung, die wir schon bekommen haben. Ich werde nur in die Bibliothek gehen, um die Hausaufgaben zu machen." Dass ich es mir so schnell anders überlegen würde, hätte ich da noch nicht gedacht...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 02, 2016 ⏰

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