Kapitel 8: Zurückgekehrtes Trio

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Es war vielleicht Mittag am nächsten Tag. Ich stand im Flur und zog mir die Jacke über: „Und du gehst jetzt zu deinem Frauennachmittag?" „Genau!", Mitsuri grinste mich frech an und reckte einen erhobenen Daumen in die Höhe. „Na dann... Ich will nicht alleine hierbleiben, also laufe ich schnell rüber zu Giyu. Mit etwas Glück ist Sanemi da." Vor der Tür gab sie mir zum Abschied einen Kuss: „Pass gut auf dich auf. In dem Fall sehen wir uns heute Abend." Ich drückte sie kurz an mich und verschwand auf den kleinen Feldweg, welcher unser Haus von der Hauptstraße trennte. Schließlich folgte ich dem Bach weiter, bis ich Giyus Haus erreichte. Vielleicht war ja niemand daheim... Kampfgeräusche aus dem Garten bewiesen mir das Gegenteil. Trainierte Giyu etwa? Als ich um die nächste Ecke bog, erkannte ich meinen Freund auf dem Boden. Er rieb sich seinen verbliebenen Ellbogen mit schmerzverzerrtem Gesicht. Ich schlenderte in seine Richtung: „Was ist denn hier passiert!?" Meine Stimme klang amüsiert. Giyu drehte seinen Kopf langsam in meine Richtung, stand auf, putzte sich den Staub ab: „Ich habe versucht, zu trainieren. Mit einem Arm geht das nicht mehr so gut." „Kann ich mir vorstellen. Eigentlich bin ich hier, weil es Neuigkeiten gibt", ich zeigte zu der Terrasse hinüber, um ihm zu zeigen, dass ich mich setzen wollte. Er nickte und kurze Zeit später saßen wir nebeneinander auf der Terrasse, blickten in den Himmel. „Also?", Giyus Stimme klang erwartungsvoll. Ich holte Luft und grinste ihn breit an: „Mitsuri und ich sind verlobt." Der Ausdruck in seinem Gesicht wechselte von Überraschung zu Glück und schließlich zu einem siegessicheren Lächeln. Schließlich hob er an: „Das freut mich wirklich für euch. Ihr zwei passt wirklich gut zusammen. Zeig mal den Ring!" Ich streckte meine rechte Hand vor. Der Ring glitzerte silbern in der Sonne, eine kleine schwarze Schlange mit grünen Augen wand sich um ihn herum. „Gut gearbeitet...", Giyu begutachtete ihn sorgfältig von allen Seiten. Ich lächelte: „Nicht wahr?" Dann setzte sich Giyu gerader hin: „Sanemi wollte eigentlich auch kommen. Er sollte schon längst da sein." Ich legte ihm eine Hand auf den Rücken: „Dann taucht er sicher bald auf." Genau in diesem Moment hörte ich eine Stimme: „Da komme ich genau im rechten Zeitpunkt, oder? Was gibt's?" Wenn man vom Teufel sprach! „Schön, dich zu sehen", Giyu klopfte mit der Handfläche neben sich und machte unserem Freund Platz, sich zu setzen. Sanemis fragender Blick glitt von Giyu zu mir: „Neuigkeiten?" Ich wiederholte meine Worte von vorher: „Mitsuri und ich sind verlobt..." Giyu schnitt mir das Wort ab und hielt Sanemi die Hand hin: „Das bedeutet, du hast die Wette verloren! Wo ist mein Geld?" „Ich bringe es dir das nächste Mal mit", grummelte Sanemi. Dann blickte er schon etwas freundlicher zu mir: „Schön zu hören. Freut mich." Dann wurde seine Miene nachdenklicher: „Das bedeutet, dass wir einen Junggesellen - Abschied brauchen..." Meine Stimme klang schrill: „Das ist doch nicht nötig! Ich meine, so etwas brauche ich doch nicht!" Giyus legte eine Hand auf meine Schulter, seine Stimme klang hämisch: „Da wirst du wohl nicht drumherum kommen, mein Lieber!" „Aber doch nicht jetzt, oder?", nun hörte ich mich genervt an. Sanemi grinste: „Nö, aber wir holen dich morgen um spätestens halb acht ab! Du solltest jetzt lieber Nachhause gehen und packen!" Mist! Ich startete meinen letzten Rettungsversuch: „Aber das zu organisieren ist doch echt komplex. Ich will euch das nicht zumuten!" Sanemi strubelte mir durchs Haar: „Du heiratest doch nur einmal! Das müssen wir feiern! Und so jemand nettes wie Mitsuri kriegst du nicht mehr so schnell!" Ich seufzte: „Dann werd ich wohl mal packen gehen." „Guter Mann", rief Sanemi mir hinterher und zeigte mir einen erhobenen Daumen. Auch das noch!

Als ich Zuhause ankam, erwartete mich schon Mitsuri. Ich runzelte kurz die Stirn: „Du bist auch schon wieder da?" Sie schmunzelte: „Na ja, ich wurde für morgen auf eine Mädelstour eingeladen. Sie wollen mit mir unsere Verlobung feiern..." „Du also auch...", murmelte ich und setzte mich neben sie auf die Couch. Mitsuri musterte mich mitfühlend: „Ich weiß, dass sowas nicht dein Stil ist, aber bitte versuch wenigstens ein wenig Spaß zu haben. Für mich, okay?" „Ich werds versuchen", grummelte ich sarkastisch und schloss kurz seufzend die Augen. Mitsuri schenkte mir einen gespielt mitleidigen Blick. Schließlich drückte sie sich enger an mich: „Ohh, komm her mein Miesepeter." Ich wollte ihr nicht wiedersprechen. Erstens, weil sie schon Recht hatte. Zweitens, weil ich nun echt nicht die Kraft dazu besaß. „Sollen wir hochgehen und packen?", fragte Mitsuri nach einer Weile und stand leichtfüßig auf. Ich öffnete träge ein Auge, wägte meine Worte sorgfältig ab: „Von mir aus." Sie streckte mir lediglich die Zunge raus: „Schluss mit dem Trübsal! Ich helf dir auch beim packen, wenn dir das hilft." Ich stapfte neben ihr die Treppe hoch, zog meine leichtere Tasche aus dem Schrank, stellte sie aufs Bett. Schließlich setzte ich mich daneben und beobachtete Mitsuri interessiert, wie sie anfing, ihre Tasche zu packen. Als sie endlich damit fertig war, widmete sie sich wieder mir: „Hast du noch nicht mal angefangen?" Ich nickte nur, noch immer ein wenig eingeschnappt. „Dann muss ich dir mal unter die Arme greifen! Fang!", rief sie. Ich drehte den Kopf in ihre Richtung und eine meiner frischen Unterhosen landete in meinem Gesicht. Ich musste prusten: „Was sollte das denn gerade?" Diesmal klang Mitsuri beleidigt: „Nach was sieht es denn aus? Ich helfe dir beim packen." Ich stand auf, lief zu ihr hinüber, gab ihr einen Kuss auf die Wange: „Ich glaube, ich sollte es besser selber machen. Spart Zeit und Nerven." Sie grinste mich triumphierend an: „Ich hab doch gesagt, dass meine Packtaktik funktioniert." „Klar, du warst wirklich eine super Hilfe", entgegnete ich mit einem Anflug von Sarkasmus. Sie sah mich abwartend an: „Paaaacken... Jeeeeetzt..." Mit diesen Worten schob Mitsuri mich weiter zum Schrank, machte kehrt, setzte sich an meiner Stelle auf das Bett. Ich begann, Wechselkleidung zu packen, während sie mich prüfend musterte: „Brauchst du nicht vielleicht noch deinen Haori?" Damit landete das gute Stück von hinten auf meinem Kopf, zerzauste meine Haare. Ich schmunzelte: „Danke, Mama." „Wie redest du denn bitte mit deiner zukünftigen Frau?", kam es gespielt empört aus Richtung des Bettes. Meine Erwiderung blieb aus, stattdessen drehte ich mich nach hinten, warf ihr eine Socke ins Gesicht. Mitsuri stieß einen ungläubigen Laut aus und ich wendete mich wieder selbstzufrieden meinen Sachen zu. Mitsuri ließ mich nicht lange in dem Glauben, ich könnte in Ruhe zu Ende packen. Ein Daunenkissen knallte mir gegen den Hinterkopf. „Das gibt Krieg", ich richtete meine blitzenden Augen auf Mitsuri, brüllte wie ein Löwe und stürzte mich auf sie. Mitsuri kreischte auf und wandt sich in meinem Griff, welcher sie fest umklammerte: „Lass ab von mir, oh schreckliches Biest." Schließlich verknoteten wir uns, kugelten ein wenig auf dem Bett herum, bevor ich das Gleichgewicht verlor und plötzlich keine flauschige Decke mehr unter mir spürte. Nach kurzem Zappeln in der Luft schlug mein Rücken schmerzhaft auf dem Holzboden auf. Mitsuri landete ungeschickt auf meinem Bauch. Ich rang kurz um Atem, setzte mich anschließend auf. Sie tat es mir gleich, sodass wir nun gegenüber voneinander saßen. Unsere Blicke trafen sich. Schließlich prustete ich los. Auch Mitsuri fing an zu lachen. Während des Gelächters ließ ich meinen Blick über sie gleiten: ihre Haare standen in alle Richtungen ab, einzelne Strähnen hingen in ihr Gesicht. Dieser Anblick brachte mich noch mehr zum lachen: „Du siehst aus wie ein nasser Hund!" Sie zog einen Schmollmund bevor sie wieder prustete: „Du doch auch!" Es brauchte etwas Zeit, bevor ich mich erhob und Mitsuri meine Hand anbot, um sich hochzuziehen. Sie nickte dankbar. Schließlich widmete ich mich wieder grinsend meinem Gepäck.

„AUFWACHEN SCHLAFMÜTZE!!!", dieser Schrei ließ mich am nächsten Morgen hochschrecken. Von Mitsuri war er nicht gekommen, sie rieb sich neben mir verschlafen die Augen: „Wo brennt's denn?" Ihr gereizter Tonfall verriet mir, dass es noch sehr früh am Morgen sein musste. Sanemi hatte sich neben meinem Bett positioniert, warf mir einen lachenden Blick zu: „Heute ist Junggesellenabschied. Schon vergessen?" Ich war plötzlich hellwach. Mein suchender Blick glitt zu der Uhr: erst halb 7. Abgemacht war doch erst um halb 8! Was machte Sanemi schon hier? Ich warf einen mitleidigen Blick zu meiner Verlobten, welche den Anschein machte, sie wollte Sanemi am liebsten erwürgen. Mitsuri war wirklich kein Morgenmensch. Ich richtete mich gerader auf, gähnte einmal herzhaft: „Was machst du denn schon hier? Wo ist Giyu? Und am allerwichtigsten: Wie bist du hier rein gekommen?" Sanemi reizte Mitsuris Geduld noch mehr aus, als er sich auf die Bettkante setzte: „Giyu ist unten, er hatte zu viel Mitleid..." „Kann ich verstehen... Ein lieber Mensch", grummelte Mitsuri neben mir, erdolchte Sanemi mit Blicken. Sanemis Miene zeigte keinen Ausruck von Mitleid oder Reue: „Zu den anderen Fragen: Wir fanden es witzig, dich schon früher zu holen. Ich bin durch ein offenes Fenster geklettert. Kinderspiel..." Er strapazierte weiter Mitsuris Geduld, indem er sich ein paar mal auf dem Bett abfederte. Sie zog neben mir scharf die Luft ein. Ich versuchte schnell, die Situation zu entspannen: „Ich ziehe mich schnell an. Wartest du unten? Es dauert auch nicht lange..." Sanemi lehnte sich zurück, sodass er nun quer über dem Bett und auf Mitsuris Füßen lag: „Ich bleibe einfach hier und unterhalte mich noch etwas mit meiner bezaubernden Gesellschaft hier." Ich sah förmlich, wie der Faden in Mitsuris Augen riss. „Schwing sofort deinen Arsch aus diesem Bett oder ich schwöre dir, du wirst den morgigen Tag nicht erleben!", fauchte sie ihm ins Gesicht. Ich unterdrückte ein Lachen: „Tu lieber, was sie sagt. Mitsuri ist es ernst, wenn es um ihren Schlaf geht." Sanemi gluckste: „Das würde ich zu gerne sehen. Eine Mitsuri in Rage hat noch nie jemand erlebt." „Du gleich schon! Verschwinde!", kam es geschrien von ihr. Sanemi besann sich und verließ den Raum. Mitsuri zog sich grummelnd die Decke über den Kopf: „Zum Glück holt man mich erst am Nachmittag ab. Meine Begleitung hat wenigstens ein Herz." Ich gab ihr einen Kuss und stand auf: „Du musst nicht aufstehen, um mich zu verabschieden." „Will ich aber ", sie schwang sich seufzend aus dem Bett. Schließlich trottete sie nach mir Stiege hinunter, begleitete mich zur Tür. „Pass auf dich auf... Ich erwarte dich morgen am Nachmittag zurück. Nicht später." Sie nahm mich noch einmal fest in den Arm, drückte mir einen Kuss auf den Mund und öffnete schließlich die Tür. Helle Sonnenstrahlen fielen mir ins Gesicht, blendeten mich. Ich drehte mich noch einmal um: „Pass du auch gut auf dich auf." Sie kam noch einmal auf mich zu: „Ich muss dich noch mal drücken." Igentwo hinter mir gab Sanemi Kotzgeräusche von sich. Mitsuri flüsterte mir ins Ohr: „Schaff ihn bitte endlich von unserem Grundstück runter oder ich muss ihn mit einem Besen jagen." „Mach ich", hauchte ich grinsend zurück, reckte ein grüßende Hand in die Luft und schlenderte durch unseren Vorgarten meinen Freunden entgegen. Giyu gab mir einen freundschaftlichen Handschlag: „Dann kann es jetzt losgehen?" Ich nickte: „Ja, das kann es."

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