Redfir Hills | One Shots at the lake [GER]

The Night before Halloweek

>> SPOILER: Redfir Hills Halloweek 2024 << 

„Ihr habt nichts gefunden, oder?"

Sergej kannte die Antwort auf seine eigene Frage natürlich bereits, aber er wusste nicht, wie er die unangenehme Stille zwischen ihnen sonst hätte durchbrechen sollen. Er hatte bereits am frühen Abend, als Pete gerade zur Tür der Wohnung über dem Evergreen Café hereingekommen war, gespürt, dass sein Freund und Emilia bei ihrer Suchaktion wohl keinen Erfolg gehabt hatten. Wenn er ehrlich war, hatte er nichts anderes erwartet, auch wenn er das Pete wirklich nicht auf die Nase binden musste.

„Nein." Pete klang verärgert und zupfte sein Kopfkissen zurecht, doch Sergej wusste, dass sein Zorn nicht ihm galt. Pete war erschöpft und gestresst und er brauchte kein Experte zu sein um zu verstehen, wie sehr die Situation mit dem verschollenen Mädchen an ihm zehren musste. Besonders jetzt, wo er durch die Halloweek wohl eine ganze Woche praktisch an das Café gefesselt sein würde und seine Sorge mit der Fassade eines stets gut gelaunten Cafébesitzers überspielen musste. Die Suche nach Zoe würde jetzt erst einmal warten müssen.

„Versuch dich auszuruhen. Die Halloweek geht morgen früh los." Pete stöhnte und zog die Zudecke etwas enger um sich. Er warf einen Blick aus dem Fenster - dichter Nebel hatte das Städtchen bereits am frühen Nachmittag eingehüllt und war beinahe ein Garant dafür, dass die Eröffnungszeremonie der diesjährigen Halloweek ganz besonders schaurig werden würde. Jetzt, bei Nacht, wirkte es aber geradezu bedrohlich und kalt. Cooper, der sich zwischen den beiden Männern hinter einem der Kopfkissen eingerollt hatte, seufzte tief als Sergej ihm den Kopf kraulte. Er scrollte sich mehr oder weniger interessiert durch die social media Kanäle. Es war der ursprüngliche Wahnsinn vor der Halloweek: für ganz Redfir Hills schien es gerade kein anderes Thema zu geben und so gut wie jeder gab sich allen Anschein nach größte Mühe auf die letzten Meter noch zu dekorieren, zu kochen oder sich anderweitig für das Event einzusetzen. „Vielleicht ist sie ja wirklich einfach nur abgehauen.", sagte er beiläufig. Er wusste, dass Pete ihm zuhörte. „Möglich.", antwortete er knapp und seinem Partner entging nicht, wie er für einen Moment nervös mit den Füßen zu scharren schien. „Ist scheiße, wenn man auf der Seite steht, was?", murrte Sergej. Er wusste über Petes Vergangenheit und dass auch er einst von zu Hause weggelaufen war. Sergej beobachtete, wie Pete sich zu ihm umdrehte und wie seine Stirn in tiefen Falten lag. Von dem Ärger war in seinem Gesichtsausdruck nichts mehr zu erkennen. „Total. Mann, Serge. Ist ne gefährliche Welt da draußen. Und wenn sie nicht weggelaufen ist..." Er schluckte und Sergej nickte. „Ich weiß. Der Wald um uns herum ist nicht zu unterschätzen. Genauso wenig wie der See. Und wenn einen nicht irgendein Vieh erwischt, dann verläuft man sich schnell. Wir kratzen nachts schon an den Minusgraden." Ihm fiel erst viel zu spät auf, dass sich Petes Miene nur noch weiter verdunkelt hatte und er hob eine Hand. „Sorry." „Schon gut. Weiß ich ja selber."

Sergej seufzte und steckte sein Handy an das Ladekabel auf dem Nachtkästchen, bevor er das Licht löschte und Pete schützend einen Arm umlegte. „Keiner versteht diese Kids so gut wie du, Pete.", sagte er leise. „Anscheinend nicht gut genug.", murrte Pete geschlagen. Die heutige Suchaktion war hart gewesen und ihm taten sämtliche Knochen weh. Wie es Emilia gehen musste, wollte er sich gar nicht ausmalen. Umso frustrierender war es, dass sie wieder keinen Erfolg gehabt hatten. „Ihr habt getan was ihr konntet.", antwortete Sergej als ob er seine Gedanken gelesen hätte. Der kräftige Mann hatte sich heute im Alleingang um die restlichen Vorbereitungen gekümmert - es war zwar erst seine zweite Halloweek, doch es hattenichts zu verhandeln gegeben. Pete war es wichtig gewesen sich nochmals an der Suche nach Zoe zu beteiligen und auch wenn Sergej nicht wirklich einverstanden war, dass er ohne ihn losgezogen war, so hatte er ihm selbstverständlich den Rücken freigehalten. Pete war zu frustriert um ihm zu danken, aber das war auch gar nicht nötig, zumindest wenn man Sergej fragte. „Keine Sorge, immerhin haben wir keine Leiche gefunden, was?" Sergej biss sich auf die Lippe und zog seinen Partner etwas näher an sich. Pete bezog sich da auf ein Gespräch, dass sie während ihrer eigenen Suchaktion nach Zoe geführt hatten und das beinahe in einem Streit geendet hatte. Und trotzdem - Sergej wusste, dass er recht hatte. Es war eine reale Möglichkeit. Eine Möglichkeit, die er Pete eigentlich gerne würde ersparen wollen. „Sorry. Ich hätte das gar nicht in den Raum werfen dürfen." Ob es ihm wirklich leid tat, wusste er nicht, aber vielleicht ging er zu unsensibel mit dem Thema um. Pete war kein Soldat. „Schon gut. Irgendwie stimmt's ja." „Sag das nicht." Er küsste Pete auf die Stirn und spürte wie sich sein Freund endlich entspannte. „In ein paar Tagen ist der Spuk vorbei und wir können weitersuchen. Die Sommersaison ist vorbei und das Tropical Hills können wir auch später noch aufräumen. Da eilt nichts." Auch wenn er eine Reaktion erwartet hatte, war er nicht überrascht. Pete war eingeschlafen.