Kapitel 15: Wir werden dich retten, mein Freund!

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„Hast du schon das Neueste gehört?", fragte Mitsuri an diesem Nachmittag, als sie von ihrem Mädelstreff zurückkam. Ich blickte von meinem Buch auf und musterte sie: „Schätze nicht..." Meine Verlobte war vielleicht gerade im dritten Monat und draußen kündigte sich der Frühling schön lautstark an. Sie ließ sich neben mich fallen, linste kurz in meine Lektüre hinein und drückte mir schließlich einen Kuss auf die Wange. „Nezuko erwartet auch ein Kind. Sie meint, dass es um Januar soweit sein soll." Dann fügte sie mit strahlenden Augen hinzu: „Ich glaube, dass sich unsere Kinder sicher gut miteinander verstehen werden. Meinst du nicht auch?" „Sicher. Wieso denn auch nicht?", ich drückte sie kurz. Dann zählte ich in Gedanken die Monate. Bei uns würde es im Oktober soweit sein. Also lagen wirklich noch sechs lange Monate und ein sehr heißer Sommer vor uns. Die Zeit konnte wirklich im Schneckentempo vergehen... „Hat Nezuko irgentwelche Wünsche, was es werden soll?", ich blickte aus dem Fenster in den Garten, in welchem langsam die Blumen begannen, zu wachsen. Mitsuri folgte lächelnd meinem Blick: „Ich glaube, dass sie lieber ein Mädchen hätten. Zumindest hat sie da verstärkt was angedeutet." Ein Mädchen also... Das passte zu ihr und Zenitsu. Mitsuris Blick suchte schließlich interessiert meinen: „Und du? Hast du einen bestimmten Wunsch?" Sie drückte sich näher zu mir und legte ihren Kopf auf meiner Schulter ab. Ich überlegte. Natürlich wäre eine Tochter garnicht so schlecht. Man könnte sicher viel mit ihr unternehmen und wenn sie Mitsuris gutes Aussehen vererbt bekam... Aber einen Sohn fände ich nun auch nicht abstoßend. Wahrscheinlich würde es viel Spaß machen, mit ihm durch den Garten zu jagen oder anders Zeug zu machen. Ich neigte meinen Kopf nach hinten gegen die Rückenlehne: „Ich glaube, dass es mir egal ist. Solange es gesund ist." Ihre Zustimmung ließ ich in Mitsuris Augen ablesen. Dann schien ihr wieder etwas einzufallen, denn ihr Kopf schoss wieder kerzengerade in die Höhe: „Ich habe übrigens gestern etwas entdeckt." Mit diesen Worten sprang sie auf und lief zu unserer Abstellkammer hinüber. Mitsuri nahm etwas heraus und schloss sie wieder. Erst, als sie mir das Ding knapp unter die Nase hielt, erkannte ich es. Es war eine Kamera. Ein neueres Modell. Wann zum Teufel hatten wir bitte eine Kamera bekommen? Sie präsentierte mir das Ding stolz von allen Seiten: „Ich habe es gestern beim einkaufen gesehen. Wir können damit ein paar Fotos machen und sie in einem Buch festhalten. Als Erinnerung." Ich nickte gespannt und begutachtete es genauer. „Na dann! Machen wir ein Probefoto. Im Garten?" Sie nickte: „Dann haben wir noch ein Foto gemacht, bevor man mir richtig ansieht, dass ich schwanger bin." Ich folgte ihr stirnrunzelnd in den Garten. Mitsuri stellte die Kamera auf die Terrasse und drehte sie so, dass sie auf den freien Garten zeigte. „Du kannst dich schonmal davor stellen! Ich mache den Auslöser an!" Also stellte ich mich so hin, dass mich die Kamera gut aufzeichnen konnte. Mitsuri betätigte den Auslöser und hastete zu mir: „Und welche Pose machen wir?" „Vielleicht hättest du das fragen sollen, bevor du auf den Auslöser drückst!", meine Stimme klang verwirrt und gehetzt gleichzeitig. Mitsuri wusste wohl zu improvisieren, denn sie machte locker mit ihren zwei Händen Peace-Zeichen und streckte frech grinsend die Zunge raus in die Kamera. Ich hatte da schon mehr Probleme. Schließlich schlang ich den einen Arm um Mitsuris Taille und hob den ebenfalls für ein Peace – Zeichen. Die Kamera blitzte und ich löste mich wieder aus meiner Pose. Der Gesichtsausdruck von Mitsu erhellte sich, als sie vor mir die Kamera erreichte und das Foto aus ihr herauszog. Ich stieß zu ihr und sie zeigte es mir breit lächelnd. Das Bild sah echt gut aus. Wir sahen echt glücklich aus. Wir waren glücklich. Mitsuri zog es mir wieder aus der Hand: „Ich glaube, dass dieses Foto viel zu schade dafür ist, in einem Buch zu verstauben. Wir könnten es aufhängen." Damit rannte sie schon wieder ins Haus, zog einen Bilderrahmen und Nägel aus unserer Abstellkammer und machte sich ans Werk. Wenig später hing im Gang, über der Stiege unser goldgerahmtes Bild. Ich betrachtete es und fragte mich, ob wohl noch weitere folgen würden.

Nach unserem Mittagessen legte sich Mitsuri ein wenig auf die Terrasse, um mir beim Training zuzusehen. Ich hatte mich dazu entschieden, wieder ein paar Übungsschläge zu machen, um nicht aus der Form zu geraten. Und so zog ich das Katana seit langer Zeit wieder einmal aus seiner Scheide. Natürlich hatte ich auch nach Muzans Untergang weitertraininert, doch seit Mitsuri schwanger war, war dieses Aktivität zunehmend in den Hintergrund gerückt. Die Klinge fühlte sich mehr schlecht als recht ungewohnt in meiner Hand an. Es fühlte sich schwerer an, lag nicht mehr richtig in der Hand. Also fing ich zögerlich mit den Schlägen gegen eine unserer Trainingspuppen an. Immer mehr gewöhnte sich mein Körper an das Schwingen der Klinge, wie meine Hand sich wieder an den Griff anpasste. Ich hielt inne. Könnte ich vielleicht... versuchen, eine Atemtechnik einzusetzen? Ich holte tief Luft und brachte das Katana wieder in Position. Ein und ausatmen... In meinen Gedanken ging ich das Mantra durch, mich weiter zu konzentrieren. Entspanne deine Lunge... Halte nur dein Ziel im Blick! Schlangenatmung... Ich tat den ersten Schritt und stemmte meinen linken Fuß in den Boden. Erste Form... Meine Augen schlossen sich und ich versuchte, meine Umgebung bewusst wahrzunehmen. Wo war die Puppe? Wo war unser Haus? Ich spürte sie. Windender Schlangenhieb! Ich holte kontrolliert aus und sah die Puppe vor meinem inneren Auge schon bersten. Doch... Unglaublicher Schmerz explodierte in meiner Brust. Ich fiel wie ein nasser Sack auf die Knie, krümmte mich. Shit! Ich bekam keine Luft mehr! Atmen! Atmen. Atmen... Die Umgebung verschwamm vor meinen Augen. Ich stemmte meine Hände verzweifelt auf den Boden, um mich wieder zu erden. Es klappte nicht! Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter. Jemand trat vor mich und kniete sich mir gegenüber hin. „Iguro... Atmen... Ganz ruhig...", Mitsuri packte meine Schultern fest, damit ich sie ansah und lächelte beruhigend. Sie fixierte mich mit ihren freundlichen grünen Augen: „Wir atmen jetzt zusammen, okay? Pass dich meiner Atmung an. Auf mein Zeichen... Los!" Ich fing an, mich an ihr Tempo anzupassen. Und es funktionierte. Die Schmerzen in meiner Lunge ließen nach und ich spürte frische Luft in meinen Körper strömen. Mitsuri unterbrach ihre Atmung kurz: „Gut so. Weiter atmen." Ihre Hände lösten sich langsam von meinen Schultern und ich atmete allein weiter. Meine Augen öffneten sich langsam. „So... Jetzt habe ich dich gerettet und es wird Zeit für die Predigt", Mitsuris Augen funkelten auf. Auf einmal lag Strenge darin: „Eine Atmentechnik nach so wenig Training in letzter Zeit einzusetzen... Sitze ich vor einem fünfzehnjährigen? Deine Rede, dass man nur so viel machen sollte, wie es für einen möglich ist. Halte dich an deine eigenen Ratschläge, Iguro Obanai!" Ich zog kleinlaut den Kopf ein. Sie hatte ja recht, so was von recht. Dann lächelte ich sie schuldbewusst an: „Es tut mir leid, Mitsu. Verzeih mir." Ihr Mund öffnete sich schon, als wolle sie mir widersprechen, doch sie kam nicht dazu. Eine Krähe kreiste schnarrend über uns und kam stetig weiter runter. Schließlich landete sie auf meinem rechten Arm und streckte eines ihrer Beine vor. Ein kleiner Zettel war umständlich daran befestigt. Mitsuri zog ihn herunter und entrollte ihn mühelos. Dann ließ sie aber doch mich lesen, da die Nachricht wahrscheinlich für mich bestimmt war. Ich überflog die wenigen Zeilen:

Sanemi hatte einen Unfall. Komm bitte, so schnell du kannst. Wir warten an der Wegkreuzung vorne an der Straße vor seinem Haus.

- Giyu

Einen Unfall? Ich rammte das Katana in die Scheide zurück und hielt es Mitsuri hin: „Sanemi hatte einen Unfall. Ich muss sofort dorthin. Bringst du es zurück an seinen Platz?" Ihre Augen verdunkelten sich. „Ich komme mit. Du gehst nicht allein unseren Freund retten!"

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