Ich ziehe stirnrunzelnd meinen Pinsel über die Leinwand und kreiere so eine neue, hellere Fläche auf dem bestehenden Dunkelblau. Bevor die Farbe trocknen kann, tauche ich den Pinsel in mein Wasserglas, tupfe ihn schnell an einem alten Lappen ab und verwische dann mit dem feuchten Pinsel die frische Farbe mit der dunkleren.
Während ich kritisch das bisherige Gemälde betrachte, drückt sich mein Kater an meine Beine. Als ich ihn ignoriere, miaut er protestierend. Leise seufzend lege ich meinen Pinsel zur Seite und gehe meine Hände waschen. Es hat sowieso keinen Zweck, weiterzumalen, wenn ich uninspiriert bin.
Sam folgt mir zu meinem Bett und als ich ihn endlich auf meinen Schoss hebe, schnurrt er zufrieden. Abwesend streichle ich ihn mit einer Hand und greife mit der anderen zu meinen Kopfhörern. Nachdem ich meine Lieblingsplaylist gestartet habe, lehne ich mich in mein Kissen. Die Klänge der Musik von The Cranberries klingen mir in den Ohren und beruhigen mich langsam.
Als ich irgendwann meinen Blick wieder von der Leere losreisse und aus meiner Gedankenblase auftauche, bemerke ich, dass Sam eingedöst ist. Jetzt kann ich mich nicht mehr bewegen, ohne ihn zu wecken. Noch immer streiche ich in regelmässigen Bewegungen über sein Fell, ohne es überhaupt bemerkt zu haben. Erst als ich eine Hand hebe, um mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen, spüre ich, wie verkrampft ich bin. Ich muss eine ganze Weile in Gedanken versunken gewesen sein.
Mein Blick wandert zu der Staffelei in meinem Zimmer. Verdammt, ich habe vergessen, die Leinwand runterzunehmen. Jetzt ist bestimmt die ganze Farbe verflossen. Ich mache ein grummelndes Geräusch. Obwohl ich nicht zufrieden mit dem Gemälde war, nervt es mich. Leinwände sind nicht billig und meine Idee war eigentlich gut, nur an der Umsetzung hat es gemangelt. Na ja, vielleicht lässt sich das Bild noch retten.
Morgen, denke ich. Besser gesagt, wenn ich das nächste Mal aufwache. Immerhin ist der neue Tag schon angebrochen. So oder so habe ich jetzt keine Energie mehr dafür. Zu zerstreut sind die Gedanken in meinem Kopf.
Es dauert noch eine ganze Weile, bis ich endlich einschlafe. Am Morgen habe ich Nackenschmerzen. Sam liegt nicht mehr auf meinem Schoss, aber der Platz ist noch immer warm.
- November 2024
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A Wound To Close [Textsammlung]
RandomEine Sammlung aus Möchtegern-Poesie, in Worte gefasstes Gedankenchaos und anderem Geschreibsel. Kurz gesagt alle möglichen unterschiedliche Texte, die ich geschrieben habe. » 𝘢𝘭𝘭 𝘰𝘧 𝘮𝘦, 𝘢 𝘸𝘰𝘶𝘯𝘥 𝘵𝘰 𝘤𝘭𝘰𝘴𝘦 𝘣𝘶𝘵 𝘐 𝘭𝘦𝘢𝘷𝘦 𝘵𝘩�...