Kapitel 22

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Ich lasse die Haustüre hinter mir zu fallen. An der Türschwelle zur Küche bleibe ich stehen und schaue zum Tisch. Am Tisch sitzen zwei Polizisten und Mom. Sie sieht aus, als hätte sie stundenlang geweint.
„Mom.. Was ist passiert?", frage ich leise.
Keiner der drei Antwort. Dieser Blick, der Polizisten. Dieser Mitleidsblick. Ich kann es kaum ertragen.
„Was ist passiert?" Dieses Mal zittert meine Stimme.
Mom steht auf und kommt auf mich zu. Sie zieht mich in eine Umarmung. Wie gelähmt stehe ich da. Es erinnert mich, an den Moment, in dem sie uns gesagt hatte, das Dad gestorben ist.
„Lexa...", beginnt sie zu sagen. Und fängt wieder an zu weinen. Was zur Hölle ist passiert. Eine Vorahnung überkommt mich. Bestätigt wird sie als Mom sagt: „Sie ist verschwunden."
Verschwunden??? Wohin? Aus der Schule? Auf dem Nach Hause weg? Oder versteckt sie sich nur? Sie ist verschwunden? Kann es sein.. Nein. Das kann nicht. Oder? War sie es heute Nacht? Ist sie weggelaufen?
„Wie lange?", frage ich. Obwohl ich die Antwort schon weiß.
„Wir gehen davon aus, dass sie heute Nacht verschwunden ist.", sagt einer der beiden Männer.
Der Streit! Verdammt! Meine letzte Erinnerung ist der Streit mir ihr.
„Es ist noch nicht 24 Stunden her. Also gehen wir davon aus, sie finden zu können. Wir haben mehrere Suchtrupps los geschickt.", sagt der andere Mann, „Wir werden ihre Tochter finden, Miss Turner."
Sie wollte es mir beweisen. Ist sie deshalb gegangen?
„Es ist meine Schuld.", murmle ich vor mich hin.
Ich hatte sie verrückt genannt. Und ich war es , der gesagt hat, das es die Frau in weiß nicht gibt. Sie wollte es mir beweisen und ist deshalb abgehauen!
Mein Atem überschlägt sich. Ich bin schuld, dass sie weggelaufen ist! Mein Kopf dreht sich.
„Oh mein Gott. Es ist.. mein Schuld!"
Was hab ich nur getan! Wie konnte ich so blind sein! Wasser sammelt sich in meinen Augen und verschwimmt meine Sicht. Verdammt! Ich hab es so weit kommen lassen.
„Es ist nicht deine Schuld, Kylie."
Mom versucht mich zu beruhigen, doch bevor sie mich berühren kann, renne ich die Treppen nach oben. Meine Türe lasse ich hinter mir zu schlagen. Ich lehne mich gegen die Türe und gleite langsam an ihr zu Boden. Alles schmerzt. Mein ganzer Körper schmerzt. Was ist wenn sie tot ist? Das muss ein Traum sein.
„Wach auf, Kylie", flüstere ich vor mich her. Tränen rollen mir weiter über meine Backe.
„Bitte. Wach auf" Doch jetzt, in diesem Moment, wird mir klar, was das alles bedeutet: Wenn sie wirklich tot ist, weil sie gegangen ist, um es mir zu beweisen, dann... dann kann ich das mir niemals verzeihen. Niemals. Ich hatte sie angestiftet. Die ganze Zeit war ich so gefangen in meinem eigenen Schmerz, in diesem endlosen Strudel von Chaos in meinem Leben, dass ich keinen Gedanken an das verschwendet habe, was sie durchmacht. Es war, als würde die Welt um mich herum verschwinden, und ich konnte nur noch meinen eigenen Kampf sehen. Ich hätte ihr eine bessere Schwester sein sollen. Diese Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag – die Vorstellung, dass ich durch meine eigene Blindheit ihren Verlust verschuldet habe, zerreißt mich. Und das werde ich mir niemals verzeihen können. Es ist alles meine Schuld.

Heartbeat - The other sideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt