4

229 33 8
                                    

Mit Mühe drängte Charlie seine tierische Seite etwas in den Hintergrund, die mit aller Kraft versuchte, ihren Gefährten zu beschützen.  Doch er würde Harry ganz sicher eine größere Hilfe sein, wenn er bei klarem Menschenverstand war. So atmete Charlie einmal tief durch. Schloss für den Bruchteil von Sekunden seine Augen. Sammelte sich und versuchte, sich gleichzeitig so weit zu beruhigen, dass er methodisch vorgehen konnte.
Er hatte einen Gefährten!

„Was ist passiert? Ich – ich hab nichts gehört.“ Ron schluckte erneut, während er den durchdringenden Blick seines Bruders erwiderte.
„Stillezauber.“ Charlie atmete tief durch, unterdessen er nach einem der weichen Tücher griff, die Ron mitgebracht hatte. Es in das lauwarme Wasser tauchte und anschließend über den mit teils verkrusteten und leicht blutenden Striemen strich, die Harrys Rücken bedeckten.
Desto mehr Zeit er hatte, sie zu betrachten, desto wütender wurde er. In seinem Inneren brodelte es gefährlich. Doch er riss sich zusammen. Alles, was jetzt zählte, war Harry. Diejenigen, die seinem Gefährten das angetan hatten, und da hatte er schon eine gewisse Ahnung, wer das gewesen war, liefen ihm schon nicht weg.
Der Körper seines Kleinen war das reichste Schlachtfeld. Doch das würden sie schon wieder hinbekommen. „Gib mir bitte mal den Heiltrank, Ron.“ Charlie hielt seine Hand auf, nachdem er den Lappen zur Seite gelegt hatte, und nahm die kleine Phiole entgegen, die ihm sein Bruder sogleich reichte. Entkorkte sie, während er Harrys Kopf etwas anhob, so, dass er den Inhalt problemlos würde schlucken können, und hielt sie ihm an die Lippen. „Trink das, Harry, dann gehts dir gleich etwas besser.“ Charlies sanfte Stimme war leise, indessen der Jüngere den flüssigen und absolut widerlich schmeckenden Inhalt, ohne aufzubegehren, schluckte. Sogleich atmete Harry etwas befreiter auf und entspannte sich ein wenig, als die Wirkung des Heiltrankes nur Sekunden später einsetze. Müde schloss er seine Augen und ließ sich zurücksinken. Während Charlie erneut nach dem Lappen griff, ihn in das warme Wasser tauchte, anschließen mit einer Hand etwas ausdrückte und sein Tun wieder aufnahm. So vorsichtig wie möglich reinigte er die Wunden seines Gefährten, befreite den Körper so von Schmutz und löste das verkrustete Blut. Einige der tiefen Striemen waren schon entzündet, von denen sich auch welche über die Arme zogen. Doch zum Glück gingen die Schwellungen bereits etwas zurück. So kam Charlie auch nicht umhin zu bemerken, wie erschreckend dünn, richtiggehend abgemagert sein kleiner Gefährte war. Die Rippen stachen deutlich hervor, zudem konnte er unzählige, schlecht verheilte Brand- und Schnittwunden erkennen, die sich auf dem gesamten Körper Harrys wiederfanden und sich in einem helleren Ton von der leicht gebräunten Haut abhoben. Sie zeugten von jahrelanger Misshandlung. Die sicherlich auch dafür verantwortlich war, dass Harry für sein Alter zu klein war. Charlie hatte Mühe, das tiefe Knurren nicht über seine Lippen kommen zu lassen, und schluckte es stattdessen hinunter. Er wollte seinem Gefährten keine Angst machen, jetzt, wo sich dieser etwas beruhigt hatte. Doch das, was Charlie am meisten Sorgen bereitete, war das eng am Hals anliegende Halsband, welches unter dem alten abgetragenen Rollkragenpullover zuvor nicht zu sehen gewesen war, und welches keinen Verschluss hatte. Es war ein magisches Halsband, das nur von demjenigen abgenommen werden konnte, der es angelegt hatte, und den Träger an den Willen desjenigen band. Es war ein Sklavenband, und er hatte so eine Ahnung, wer dafür verantwortlich war.

Charlie strich gerade vorsichtig über den Übergang von Harrys Flügel und Schulterblatt und nahm jedes noch so kleine Detail in sich auf. Trotz der Körperlichen und sicherlich auch seelischen Verfassung seines Gefährten, war er wunderschön. Die größeren Schuppenplättchen, die einen Teil von Harrys Rücken und Oberarmknochen bedeckten – wie der Knochen des Flügels hieß, der direkt mit dem Rücken verbunden war – hatten eine wunderschöne grüne Farbe. Es war das gleiche smaragdgrün, wie die Augen sie hatten. Dieses grün wurde über den Unterarm hinweg immer heller, sowie die Schuppen immer kleiner, bis sie letztlich eine weiß-silberne Farbe hatten. Außerdem war die Flughaut zwischen den dünnen langen Knochen ebenfalls weiß und bildeten einen faszinierenden Kontrast zu seinen um einiges größeren schwarzen Flügeln. Zudem überzogen diese winzig kleinen hellen, im Licht schimmernden glatten Schuppen auch einen Großteil von Harrys restlichen Körper. Kaum sichtbar, im Gegensatz zu seinen Eigenen, ebenso wie die kleinen, leicht nach hinten gebogenen Hörner, die zwischen den dunklen verwuschelten Haaren kaum zu sehen waren. Es musste seinen Gefährten jedoch unglaublich geschmerzt haben, als seine Flügel aus seinem Rücken gebrochen waren, so wund wie die Haut war und rund um den Knochen zusätzlich zu den restlichen Verletzungen mit Blut bedeckt.
Charlies Brust zog sich noch ein wenig fester zusammen. Sein Gefährte musste noch nimmer Schmerzen haben und doch gab er kaum einen Laut von sich.

„Charlie?“

Charlie hob auf den fragenden Ton seines Bruders hin den Kopf und begegnete dessen Blick. Er wusste, was Ron wissen wollte, hatte er bisher schließlich nur einen Teil von dessen Frage beantwortet.  
Das verlief alles ganz anders als gedacht ... und dank des Sklavenbands musste er jetzt so schnell wie irgend möglich eine Lösung finden.
Ihnen blieb keine Zeit ... doch die brauchten sie ... nur ein wenig mehr zumindest.

„Harry und ich haben uns gebunden.“ Charlie hob erneut seinen Kopf und sah seinem Bruder in die Augen, die sich prompt etwas weiteten. „Das heißt ...“, hauchte Ron begeistert, „Harry musst nie wieder zu seinen Verwandten zurück und Dumbledore kann auch nichts dagegen machen? Mann darf Gefährten doch nicht trennen, soweit ich weiß.“

Harrys Herz zog sich erst schmerzhaft zusammen, dann fing es vor Angst an zu rasen. Charlie ließ sich viel zu viel Zeit mit der Antwort auf Rons Aussage. Außerdem hatte er nicht erfreut geklungen.
Er konnte nichts gegen das leichte Zittern seines Körpers machen, während er sein Gesicht drehte, um Charlie anzusehen. Er hatte Angst vor den nächsten Worten des Älteren. Wollte er ihn nicht? Fühlte es sich nur für ihn richtig an ... so, als gehöre er genau dorthin, wo er jetzt war, und dass, obwohl sie sich nicht einmal wirklich kannten. Doch das war ihm und seinem Wesen herzlich egal. Er wusste schon jetzt, dass es ihn innerlich zerreißen würde, wenn sie sich nun trennten. Oder lag es daran, dass sein bester Kumpel womöglich unrecht hatte?
Ihm wurde ganz flau im Magen. Panik drohte ihn zu überwältigen, was auch Charlie deutlich zu spüren schien.
Ohne ein weiteres Wort hob er ihn vorsichtig auf und zog ihn in eine sanfte, jedoch unnachgiebige Umarmung, während er sie beide in eine bequemere Sitzposition brachte. Harry kämpfte mit aller Macht gegen die Tränen. Er hatte sein Gesicht am Hals seines Gefährten vergraben und atmete den wundervollen Geruch tief ein. Genoss die Arme um seinen Körper, die ihm so viel Schutz vermittelten und die sanften Berührungen, derweil seine Flügel kraftlos nach unten hingen.

Charlies Stimme war monoton, als er Ron antwortete, beinahe frostig, obwohl er sie gedämpft hielt. „Wir sind jetzt zwar gebunden, aber wenn der Alte es darauf anlegt die Vollendung unserer Bindung zu verhindern, wird er das dank des Bands um Harrys Hals schaffen. Es fehlt der letzte Schritt. Erst dann nimmt Harry auch meinen Geruch an und um seine Flügel bildet sich je ein Ring in der Farbe meiner Flügel, die jedem aufzeigen, dass er gebunden ist. Ich hab heute quasi den ersten Schritt gemacht und ihn für mich beansprucht. Laut dem Gesetz der Drenai haben wir nun fünf Tage zeit, um die Bindung zu vollenden. Nach Ablauf dieser Tage löst sich dieser Anspruch und das Band, welches jetzt zwischen uns besteht, auf.“

„Was ist das für ein Ring?“ Ron schluckte schwer. „Ich hab mich das vorhin schon gefragt. Ich hab den zuvor noch nie gesehen.“ „Ein Sklavenband. Wenn Dumbledore ... ich denke, er ist dafür verantwortlich ... Harry?“ Der Grünäugigen schniefte leise an Charlies Hals und nickte sachte, ohne sich auch nur einen Zentimeter von dem Älteren zu lösen, zu erschüttert von dem, was er soeben erfahren hatte. Was Charlie dazu veranlasste seinen Griff, um den schmächtigen Körper noch etwas zu festigen. „Dachte ich es mir. Wenn Dumbledore Harry befiehlt, mit ihm zu kommen, kann er sich nicht dagegen wehren. Das Schlimme ist, dass ich keine andere Möglichkeit weiß, das Band zu lösen, als den Alten irgendwie dazu zu bringen, es ihm abzunehmen. Was dazu führen wird, dass der Rat von seiner Existenz Wind bekommt. Was wiederum dazu führt, dass Harry dazu gezwungen werden wird, mehr als einen Gefährten zu haben. Es gibt zu wenige Submissive Drenai. So wollen sie sicherstellen, dass mehrere Dominante die Möglichkeit auf Nachkommen haben. Es ist ein Gesetz meiner Rasse, das sicherstellt, dass wir nicht aussterben. Zwei Gefährten sind Pflicht, noch mehr erwünscht. Ich hab nur die Chance, Harry zu beschützen, wenn die Bindung vollendet ist. Dann ist es zum einen niemandem mehr gestattet, mich von Harry fernzuhalten, auch kein Ministerium oder ein Dumbledore, und ich kann mitentscheiden, wer in Harrys Nähe darf.“

Broken Wings (BxMxM) HarryPotter-FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt