Kapitel 6 - Die Toilettenkabine

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Und da stand sie. Mona.

Ein Schauder durchlief meinen Körper, als ich realisierte, was passierte. Sie drängte mich in die Kabine, kaum einen Schritt von mir entfernt und bevor ich auch nur einen Laut von mir geben konnte, schloss sie die Tür hinter sich. In einer schnellen Bewegung drückte sie mich an die kalte Wand der Kabine. Ein dumpfes Klopfen ertönte, als mein Rücken auf die Fliesen aufschlug und der enge Raum schien plötzlich noch kleiner, noch erdrückender.

Sofort war ich wieder dort. Es war wie ein Schock, der mich in die Vergangenheit zurückwarf. Dieselbe Kabine, diese Gefühle. Mona, ihre Hand an meinem Hals, ihr heißer Atem, der nach Alkohol stank und diese Augen - dunkel, beinahe schwarz. Das warme Braun, das ich so schön fand, war verschwunden, als hätte die Dunkelheit darin jede Farbe verschluckt.
Sie blickte mir in die Augen, wie damals.

„Hallo Ella. Hast du mich vermisst?" Ihre Stimme war ein gehauchtes Flüstern, das durch den engen Raum hallte und doch klang es so scharf. Ihre Lippen verzogen sich zu einem unheilvollen Lächeln, das nicht bis zu ihren Augen reichte. Sie roch stark nach billigem Wodka und irgendetwas Süßlichem, das mir sofort in die Nase stieg und mir Übelkeit bereitete.

Mein Herzschlag beschleunigte sich augenblicklich, die vertraute Angst, die ich so lange verdrängt hatte, brach wie eine Welle über mich herein. Meine Haut prickelte, die feinen Härchen an meinen Armen stellten sich auf und ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinunter. Es war, als hätte die Zeit sich zurückgedreht, als wäre ich wieder in diesem Moment von damals, gefangen in meinem eigenen Albtraum. Jeder Muskel in meinem Körper war angespannt, mein Atem flach und unregelmäßig. Ich wollte schreien, aber kein Laut kam aus meiner Kehle. Denn ich genoss die Angst.

Mona kam näher, wenn dies überhaupt noch möglich war, ihre Hand immer noch um meinen Hals und ich spürte, wie ihr Griff leichter wurde. „Keine Angst Ella", flüsterte sie, ihre Lippen so nah an meinem Ohr, dass ich das Zittern ihrer Stimme spürte und doch war es keine Nervosität, sondern ein bösartiges Vergnügen, das durchklang.
Mona's Finger strichen sanft über meinen Hals, ihre Berührung war überraschend zart und zugleich erschreckend, wie ein kalter Hauch in der Dunkelheit. Sie ließ ihre Hand über die empfindliche Haut gleiten und ich konnte die leichten, aber unverkennbaren Spuren ihrer Berührung spüren. Ihre Finger berührten genau die Stelle, an der ich den Knutschfleck von Magan vermutete - der dunkle, rote Fleck, den ich kaum verbergen konnte.
Die Berührung war wie ein schleichender Schock, der sich durch meinen Körper zog. Es war, als würde Mona bewusst diesen Bereich auswählen, um ihre Macht zu demonstriere.
Ihre Fingernägel kratzten leicht über die Haut und ich konnte die Kälte und Feuchtigkeit ihrer Berührung spüren, vermischt mit dem brennenden Gefühl des Alkohols, der von uns beiden ausging.

„Sieh dir das an", murmelte sie, ihre Stimme triefte vor Spott. ,,Sie hat deine Haut markiert, als ob du ihr Eigentum wärst." Ihre Worte schnitt wie ein Messer durch die Luft und ich konnte die Verachtung in ihrer Stimme spüren.

Der Kommentar ließ ein wütendes Flackern in mir aufsteigen, aber die Angst war stärker, lähmte meine Reaktionen. Ich wollte mich zurückziehen, den Abstand zwischen uns vergrößern, ihr die Stirn bieten, aber Monas Griff war fest und die Wand hinter mir ließ keinen Raum zur Flucht. Ich würde lügen wenn ich sagen würde das mir ihre Nähe nicht etwas gefehlt hatte. Ihr Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und ich konnte den Geruch von Zigarettenrauch und Alkohol in ihrer Atemluft nur zu gut riechen.

„Ich hab dich vermisst, Ella," sagte Mona, ihre Stimme so sanft und warm, dass sie fast einen Hauch von Zärtlichkeit hatte. Es war dieser Tonfall, der mich für einen Augenblick aus meiner Starre riss - ein Bruchteil einer Sekunde, in dem ich mich fragte, ob das hier wirklich passierte oder ob die Erinnerung an sie, an uns, mich in einem Albtraum festhielt.

Die Professorin- Grenze Der MachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt