Kapitel 8.2 - Hey Mum

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Sobald Magan die Wohnungstür hinter sich zuzog und zur Arbeit ging, atmete ich tief durch. Ein Gefühl der Erleichterung überkam mich. Es war, als ob der Raum auf einmal weiter und stiller wurde, und ich konnte endlich meine Gedanken sortieren. Ich ließ mich auf unser Sofa fallen, streckte mich aus und griff nach meinem Handy. Kaum hatte ich die Nummer meiner Mutter gewählt, piepte es in der Leitung - ein-, zwei-, dreimal.

„Liebling", erklang schließlich ihre vertraute Stimme, warm und beruhigend, als würde sie mich aus der Ferne umarmen.

„Hey Mum", antwortete ich leise und spürte, wie sich eine wohlige Ruhe in mir ausbreitete. Es tat gut, sie zu hören, die vertraute Stimme, die mich durch so viele Höhen und Tiefen begleitet hatte.

„Wie geht es dir, mein Schatz? Alles gut bei dir? Wie läuft es bei dir und Magan?" Die Fragen sprudelten aus ihr heraus, wie immer voller Fürsorge und Neugierde. Ich konnte nicht anders, als leicht zu schmunzeln - typisch Mum.

„Uns geht es gut, wirklich. Alles in Ordnung", log ich sanft, bemüht, den Schein zu wahren. Mein Ton klang vielleicht überzeugend, aber eine unterschwellige Schwere legte sich dennoch auf meine Worte.

„Und bei dir? Wie läuft es bei dir zu Hause?", fragte ich schnell, um das Thema abzulenken.

„Ach, alles wie immer", antwortete sie mit einem kleinen Seufzer. „Ohne dich ist es hier ziemlich still und leer, weißt du? Das Haus fühlt sich anders an aber Bello hält mich auf Trab. Er möchte immer leckerlis habeb, er wird noch dick."

Ich spürte, wie mir ein Anflug von schlechtem Gewissen das Herz zusammenzog, und schloss kurz die Augen, während ich tief durchatmete. Meine Mutter war ein Mensch, der Menschen um sich brauchte.

„Hast du sie eigentlich schon wiedergesehen?" Ihre Stimme klang plötzlich etwas aufmerksamer, als würde sie versuchen, meine Reaktion zu erspüren.

Ich runzelte verwirrt die Stirn und blinzelte in die Leere vor mir. „Wen soll ich denn wiedergesehen haben?", fragte ich nach und konnte mir keinen Reim darauf machen.

„Mona", antwortete sie beiläufig, als wäre es das Natürlichste der Welt. Doch mir blieb die Stimme im Hals stecken. Ich sagte nichts, konnte nichts sagen.

„Ich nehme das als ein ‚ja'", setzte sie mit leiser, fast neugieriger Stimme hinzu, als hätte sie eine alte Vermutung bestätigt. Mein Herz schlug schneller, und die Ruhe, die eben noch in meinem Inneren geherrscht hatte, verwandelte sich in ein leises, unangenehmes Ziehen.

„Ja, wir - wir haben uns wiedergesehen. Aber nur kurz", brachte ich schließlich hervor und versuchte, die Nervosität in meiner Stimme zu verbergen. Ein kurzer Moment des Schweigens entstand, in dem ich hoffte, dass sie nicht weiter nachfragen würde. Doch meine Mum war zu aufmerksamen, um die leisen Untertöne in meiner Stimme zu überhören.

Ich hatte ihr damals von Mona erzählt, das stimmte - aber nur das Nötigste. Sie wusste, dass ich jemanden getroffen hatte, jemanden, der mich tief berührte, auf eine Weise, die schwer zu erklären war. Doch das war auch schon alles. Sie wusste nichts über die verborgenen Fäden, die Mona geschickt zog, wie ein Spinnennetz, das mich mehr und mehr in seinen Bann zog.

Ich hatte verschwiegen, wie Mona oft ein Spiel mit mir spielte, ein Spiel aus Nähe und Distanz, das mich gleichermaßen faszinierte und verunsicherte. Die zehn Jahre Altersunterschied zwischen uns hatte ich meiner Mutter auch nicht erzählt. Die Worte blieben mir immer im Hals stecken, wenn ich daran dachte, wie sie wohl reagieren würde. Meine Mutter konnte gelegentlich etwas konservativ sein, vor allem, wenn es um mein Liebesleben ging - und der Gedanke, ihr zu offenbaren, dass Mona zehn Jahre älter war, löste in mir ein unangenehmes Kribbeln aus. Sie hatte nichts dagegen das ich mich zu Frauen hingezogen fühlte, das ich Frauen liebte, sie hatte eher was gegen meine Familienplanung.

Aber das war nicht einmal das größte Geheimnis. Was ich ihr vor allem verschwiegen hatte, war, dass Mona meine Professorin war. Dass ich mich mit ihr in Seminaren und Vorlesungen konfrontiert sah, ständig um Professionalität bemüht, während der Blickwechsel zwischen uns manchmal mehr sagte, als Worte es könnten. Wie sollte ich meiner Mutter erklären, dass ich mich in eine Frau verliebt hatte, die meine Professorin war?

Die Professorin- Grenze Der MachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt