Kapitel 16 - Magan

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Magan stellte ihre Reisetasche mit einem dumpfen Geräusch neben sich ab. Ihr Blick ruhte fest auf mir, während sie tief ein- und ausatmete, als ob sie die Worte sammelte, die sie gleich aussprechen würde. Einen Augenblick schien es, als ob sie in Gedanken weit weg war. Dann hob sie den Kopf, und ihre Augen funkelten ernst.

„Ich muss dir etwas sagen," begann sie schließlich mit leiser Stimme, und ich spürte, wie mein Herz schneller zu schlagen begann. Etwas in ihrem Tonfall verriet, dass dies kein gewöhnliches Gespräch werden würde. Sie zog die Schultern straff, als ob sie sich gegen einen inneren Sturm wappnete, dann ließ sie die Worte fallen wie Steine: „Ich habe dich betrogen."

Für einen Moment stockte mein Atem. Die Worte hallten in mir wider, ließen mich benommen zurück - und doch spürte ich tief in mir eine seltsame Erleichterung, fast wie Freude. Sie hatte mich betrogen, so wie ich sie. Vielleicht war dies die Chance, die wir beide suchten, der unausgesprochene Schlussstrich, der längst überfällig war?

„Okay," antwortete ich nur knapp. Das Wort kam schneller, als ich es hätte zurückhalten können, kühl und fast gleichgültig. Magan zog verwundert die Augenbrauen zusammen, ihre Miene spiegelte Ungläubigkeit. „Okay?" wiederholte sie und machte einen Schritt auf mich zu, ihre Augen forschend auf mein Gesicht gerichtet.

„Mehr sagst du dazu nicht?" Ihre Stimme klang unsicher, beinahe wie ein leises Flehen nach einer Reaktion, die ich ihr nicht geben konnte - oder nicht geben wollte. Ich spürte ein Zittern in meinem Inneren, als meine Gedanken rastlos zu kreisen begannen. Sollte ich ehrlich sein? Ihr die Wahrheit über das sagen, was auch sie getan hatte? Ihre Offenheit hatte mich getroffen, wie ein Schlag, den ich nicht kommen sah.

Ich atmete tief ein, versuchte, die richtigen Worte zu finden. „Ich... ich habe dich auch betrogen, Magan," flüsterte ich schließlich so leise, dass ich hoffte, sie würde es nicht hören. Doch als ich ihren Blick sah, schwand meine Hoffnung. Ihre Augen verengten sich, und ich sah, wie sich ihre Hände zu Fäusten ballten. Der Ausdruck in ihrem Gesicht wechselte von Schmerz zu Wut, ein Feuer, das unaufhaltsam zu lodern begann.
„Mit wem?" Ihre Stimme war kalt, ein geflüstertes Messer, das sich unbarmherzig in mein Inneres bohrte. Ich zuckte unwillkürlich zusammen, fühlte, wie der Raum plötzlich viel kleiner und die Luft dicker wurde. Der Boden unter mir schien zu schwanken, und ich spürte, wie mein Herz in meiner Brust zu rasen begann. Ohne es zu wollen, senkte ich den Blick. Ich konnte ihr nicht mehr in die Augen sehen, wagte es nicht. Die Scham nagte an mir, brannte wie eine offene Wunde. Oder war es Angst? Ein beklemmendes, kaltes Gefühl kroch in mir hoch, und ich fühlte mich wie ein Tier, das in die Ecke gedrängt wurde.

„Mit wem!" Sie schrie es diesmal, so laut, dass ich erschrocken einen Schritt zurücktaumelte und dabei heftig gegen die Wand stieß. Das Geräusch hallte in der bedrückenden Stille nach, und ich spürte den kalten Stein in meinem Rücken. Für einen Augenblick wusste ich nicht, ob ich weglaufen oder mich noch kleiner machen sollte.

Doch sie kam näher, langsam und unerbittlich, ihre Schritte schwer und voller Zorn. Ihr Blick ließ mich nicht los, sie fixierte mich mit einer Intensität, die mich zittern ließ. Die Dunkelheit in ihren Augen war erschreckend, ein Sturm, den ich selbst entfacht hatte und der mich nun zu verschlingen drohte. Mit einem letzten Schritt stand sie dicht vor mir, so nah, dass ich ihren Atem auf meiner Haut spürte. Er war heiß und unruhig, ein weiterer Ausdruck der Wut, die sie kaum zurückhalten konnte.

„Ich frage dich ein letztes Mal, Ella," zischte sie, ihre Stimme nur noch ein Hauch, aber voller scharfer Kanten. Ihre Augen bohrten sich in meine, zwangen mich dazu, den Kopf zu heben und ihrem Blick zu begegnen, auch wenn ich am liebsten die Augen geschlossen hätte. Da stand sie nun, mit all ihrer Verletzung und Wut, und wartete auf die Antwort, die ich ihr nur widerwillig geben wollte.

Die Professorin- Grenze Der MachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt