Fips wollte unbedingt noch ein weiteres Pov in seinem Buch und da ich Teil dieser Geschichte bin kommt hier nun meine.
Es war ein ganz normaler Tag. Der Himmel war grau, aber nicht zu düster. Irgendwie genau das richtige Wetter, um sich in der WG zu verkriechen und die ersten Tassen Kaffee des Tages in aller Ruhe zu trinken. Ich saß also am Küchentisch, während meine Mitbewohner sich in ihre eigenen Welten verflüchtigten. Lena hatte den nächsten Yoga-Kurs geplant, Max hatte mal wieder einen neuen „genialen“ Plan, wie er durch sein Studium schlendern konnte, ohne wirklich etwas zu tun, und Daniel… nun ja, der war in seiner „Ich habe das Universum verstanden“ Phase, also auch kein wirkliches Gesprächspartner-Material für den Morgen.
Ich selbst hatte heute erst nachmittags Schicht in der Bibliothek, was nicht ideal war, aber immerhin bedeutete es, dass ich den Vormittag halbwegs frei hatte. Leider war dieser „freie Vormittag“ oft nicht das, was man sich so vorstellt. Klar, ich konnte mir ein paar Stunden gönnen, aber das bedeutete auch, dass ich die restlichen 2 Stunden des Tages mit Putzarbeiten in der Bibliothek verbringen würde.
Versteht mich nicht falsch, ich liebte meine Arbeit in der alten, staubigen Bibliothek. Der Geruch der alten Bücher, das Knarren der Regale und die ruhige Atmosphäre, die sich immer dann einstellte, wenn man durch die Gänge ging – all das hatte etwas Beruhigendes, fast Magisches. Aber der Teil mit dem Putzen… Nun ja, der war halt nicht so aufregend. Es ist nicht so, dass der Staub in den Ecken der alten Bibliothek besonders charmant war.
Da ich aber noch einige Stunden bis zum Mittag hatte, beschloss ich, die Zeit sinnvoll zu nutzen. Ich schnappte mir meine Tasche und machte mich auf den Weg zum Supermarkt. Einmal durch den kleinen Park, vorbei an den verwilderten Blumenbeeten, die Max immer noch als „Naturparadies“ bezeichnete, und schon war ich da.
Der Supermarkt war – wie immer – ein Ort, an dem ich sowohl aufgeregt als auch gelangweilt sein konnte. Aufregend, weil ich nie wusste, was ich plötzlich alles in den Einkaufswagen packen würde, und langweilig, weil es immer irgendwie dasselbe war: Obst, Gemüse, Joghurt, Brot. Aber es gab auch immer diese kleinen Entdeckungen. Heute fand ich sogar einen neuen Tee, den ich unbedingt ausprobieren wollte.
Doch als ich an der Kasse stand und gerade dabei war, mein Kleingeld zu zählen, ging mir ein Gedanke durch den Kopf, der mich für den Rest des Tages nicht mehr loslassen sollte. Ich hatte nämlich in der Bibliothek ein neues Buch gefunden, das irgendwie aus dem Rahmen fiel. Ein altes, mit einer eigenartigen, fast schon morbiden Ausstrahlung. Vielleicht war es die aufgerissene Ledervorrichtung, die Ecken der Seiten, die sich leicht ablösten, oder der Geruch des Papiers, das Jahrhunderte alt schien – aber irgendetwas hatte mich dazu gebracht, das Buch für später aufzuheben.
Wieder zu Hause angekommen, stellte ich meine Einkäufe in die Küche und ging noch einmal nachdenken. Warum hatte ich das Buch überhaupt aufgegriffen? Es war kein gewöhnlicher Fund. Ich fühlte mich plötzlich fast verpflichtet, es zu lesen, als ob es auf mich gewartet hatte. Wie viele alte Schätze hatte ich schon in den Regalen der Bibliothek gesehen und nie näher betrachtet? Es war, als hätte dieses Buch mich gerufen. Aber warum?
Vielleicht war es nichts weiter als eine neugierige Laune, die ich bald wieder vergessen würde, dachte ich. Aber irgendwas hatte dieses Buch, und ich konnte es kaum abwarten, später in der Bibliothek mehr darüber herauszufinden.
Und dabei wusste ich noch nicht, dass es genau dieser Moment war, der alles verändern würde. Denn in der Bibliothek wartete nicht nur Staub und Arbeit auf mich. Nein, etwas viel Seltsameres – und unheimlicheres – war da, und es hatte mit diesem alten Buch zu tun. Ein Buch, das nicht nur Papier und Tinte war, sondern ein Tor in eine andere Welt…
Mit einem Cappuccino im To-Go-Becher schlenderte ich die letzten Meter zur Bibliothek und genoss diesen kleinen Moment, der mir immer wie ein Übergang in eine andere Welt vorkam. Einmal durch die große, hölzerne Eingangstür und schon war ich umgeben von Stille und dem vertrauten Geruch alter Bücher und polierter Holzregale. Ich zupfte meinen Rock zurecht und machte mich an die Arbeit, die ich fast schon wie ein Ritual durchführte: die Rückgabe der Bücher, die sich während der Woche angesammelt hatten.
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Achtsam jammern mit dem Osterhasen | Eine Julien Bam FF
FanfictionKeine Panik, Leute - das hier wird kein Buch über Achtsamkeit. Ich weiß, der Titel klingt, als ob gleich Meditations-Tipps und Rezepte für Smoothies folgen würden. Keine Sorge, hab selbst keine Ahnung von dem Zeug. Aber irgendeinen Titel musste das...