Cassys Rudel

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Danke Cassy, reicht dann auch erstmal. Das hier ist immer noch mein Buch *räusper*
Pov Fips

Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass Menschen so anstrengend sein konnten. Zugegeben, ich hatte schon ein bisschen geschwindelt, als ich ihr erzählte, dass Menschen mir meistens halfen. In Wahrheit … kannte ich nicht einen einzigen. Meine Brüder hatten mich gewarnt, mich von ihnen fernzuhalten, und das hatte ich auch immer gemacht – na ja, bis auf das eine Mal, als diese maskierten Typen mich erwischt und auf die Insel gebracht hatten. Und jetzt eben Cassy.

Aber … irgendwie war es auch spannend. Ich hätte nie gedacht, dass Menschen so sehr an ihrem kleinen Rudel hingen. Ich meine, es war nicht gerade so, als ob wir Hasen zu Einzelgängern erzogen wurden, aber Cassy schien ihre „Mitbewohner“ fast heilig zu sein. Dabei hätte sie doch die einmalige Chance, mit mir, dem weltberühmten Osterhasen, auf eine Zeitreise zu gehen! Stattdessen saß sie da und sorgte sich darum, dass ihre Mitbewohner irgendwas vermissen könnten.

„Deine Mitbewohner sind doch auch nur Menschen,“ sagte ich zu ihr und merkte, dass ich dabei ein wenig genervt klang. „Vertrauen die dir wirklich so wenig, dass sie dich keine Woche allein lassen?“

Cassy schnaubte und verschränkte die Arme, als hätte ich ihr irgendwas total Unsinniges erzählt. „Nein, aber … die würden sich Sorgen machen, wenn ich einfach spurlos verschwinde. Man kann nicht einfach aus einer WG ausbrechen wie du aus deinem Bau.“

Tja, offenbar hatten wir hier ein kleines Missverständnis, und ich gebe zu, ich wusste nicht ganz, wie ich es lösen sollte. Aber eines war mir klar: Ich war fest entschlossen, Cassy zu überzeugen, dass diese Reise das Abenteuer ihres Lebens sein würde.

„Also, um das klarzustellen – ich lebe natürlich nicht in irgendeinem Bau, sondern in einem Haus. Aber das ist jetzt nebensächlich.“ Ich wackelte mit den Ohren und verschränkte die Arme. „Dann gehen wir eben zu deinem Rudel und du sagst kurz Tschüß, damit wir endlich los können. So langsam sollten wir uns echt beeilen.“

Cassy sah mich an, als könnte sie immer noch nicht glauben, dass ich es ernst meinte. „Du lässt wirklich nicht locker, oder?“

Ich grinste breit. „Keine Sekunde.“

Sie seufzte, schüttelte leicht den Kopf und murmelte etwas wie „Ich hoffe, ich bereue das nicht“ – aber das hörte ich einfach mal nicht. Stattdessen sah ich ihr erwartungsvoll zu, wie sie ihre Jacke holte und schließlich die Tür aufschloss. Ich spürte eine kribbelnde Vorfreude, als sie mir die Tür aufhielt und wir endlich ins Freie traten.

Die Nachtluft war kühl und klar, und ich atmete tief durch. Nach all der Zeit auf der Insel fühlte es sich an wie der Anfang von etwas Großem. Ich sah zu Cassy, die sich ihre Jacke fester um die Schultern zog und noch einen letzten prüfenden Blick zurück auf die Bibliothek warf.

„Auf zu meinem Bruder!“ sagte ich und schlug ihr begeistert auf die Schulter – wobei sie nur die Augen rollte.

„Wir müssen hier entlang,“ sagte Cassy und zeigte auf die andere Straßenseite. „Aber … wie soll ich dich bloß vorstellen?“

„Ach, es reicht völlig, wenn du sagst, ich bin Fips,“ antwortete ich gelassen und zuckte mit den Schultern. „Weltberühmter und gut aussehender Osterhase klingt immer so überheblich.“

Cassy warf mir einen Blick zu, als wollte sie etwas erwidern, hielt dann aber inne und schüttelte nur schmunzelnd den Kopf.

„Und … du arbeitest freiwillig mitten in all diesen Buchstaben?“ fragte ich schließlich und schaute zurück zur Bibliothek, die wir eben verlassen hatten. Der Gedanke allein ließ mich schon gähnen.

„Du meinst Bücher,“ korrigierte sie mich mit einem Lächeln. „Ja, das tue ich. Bücher entführen dich in die unterschiedlichsten Welten.“

„Ach ja?“ Ich schnaubte und verschränkte die Arme. „Das tue ich auch, und bei mir wehrst du dich die ganze Zeit dagegen.“

Cassy schüttelte nur den Kopf und lächelte. „Weißt du, Fips, Bücher haben eine besondere Art, dir neue Welten zu zeigen, ohne dass du dich direkt in Gefahr begibst.“

„Tzzz, was für eine lahme Reise,“ murmelte ich, aber ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Wir blieben vor einem großen, alten Haus stehen. Cassy zog einen Schlüssel aus der Jackentasche und öffnete die Tür. „Überlass mir bitte einfach das Reden,“ raunte sie, bevor wir eintraten.

„Sag nicht, wir müssen da hoch?“ Ich starrte mit Schrecken auf die endlose Treppe.

„Nur in den zweiten Stock,“ grinste sie und begann, die Stufen hinaufzusteigen. Stöhnend folgte ich ihr, bis wir schließlich vor einer Wohnungstür anhielten. Wieder holte sie den Schlüssel hervor und schloss auf.

Drinnen erwartete uns eine gemütlich-chaotische Wohnung, und als wir das Wohnzimmer betraten, bemerkte ich mehrere neugierige Augenpaare, die mich musterten. Die Leute saßen auf dem Sofa und schauten uns gespannt an.

„Ähm, also … das ist Fips,“ begann Cassy und sprach mit leicht gesenkter Stimme, als ob sie unsicher wäre, was sie als nächstes sagen sollte. „Er ist … ein Austauschstudent aus … äh … sagen wir Skandinavien! Ja, genau, ein sehr weit entfernter Bekannter von mir. Ich … ich begleite ihn für ein paar Tage, um ihm die Gegend zu zeigen.“

Einige der Mitbewohner schauten skeptisch, andere schienen sich nur ein Lächeln zu verkneifen. Offenbar funktionierte die Ausrede zumindest halbwegs.

Ich nickte nur freundlich in die Runde und sagte: „Freut mich, euch zu treffen!“

Schnell zog Cassy mich aus dem Wohnzimmer und führte mich in ein kleines Zimmer. „Was brauche ich denn alles?“ fragte sie und sah sich im Zimmer um.

„Wofür?“ Ich runzelte die Stirn.

„Na, für deinen mysteriösen Ausflug! Ich will ja vorbereitet sein.“ Sie schüttelte den Kopf, als ob das doch offensichtlich wäre.

Ich grinste breit. „Na, was du brauchst, ist einfach: dich – und mich! Und ich hab mich ja schon dabei!“

Achtsam jammern mit dem Osterhasen | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt