Ankunft am Heiligen Abend

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Heiligabend gegen achtzehn Uhr klingelt es an der Haustüre. Ich öffne, vor mir steht ein Paar, die Frau sehr jung, frierend und hochschwanger, der Mann, etwas älter, trägt einen Vollbart mit ersten grauen Spitzen.

»Wir sitzen hier in der Stadt fest und finden kein Hotel mehr. Können Sie uns helfen?«, fragt sie. Ich biete an, sie mit dem Auto heimzufahren. Das geht nicht, sie wohnen Hunderte von Kilometern entfernt, sagen sie. Bahnhof? Die Lokführer streiken, kein Zug fährt mehr.

»Wie sind Sie denn hier gelandet?«, frage ich.

»Wir hatten einen Termin beim Finanzamt. Mein Verlobter besitzt eine Zimmerei, schon seit Generationen in der Familie, und wir wollen sie dieses Jahr, noch vor der Hochzeit, in eine GmbH umwandeln. Das Finanzamt hat uns zu den Unterschriften persönlich einbestellt. Dummerweise ist der Firmensitz immer noch hier und mein Verlobter und ich mussten in die Stadt seiner Vorväter zurückkehren. Als wir endlich fertig waren, kam die Nachricht vom spontanen Streik. Alle Hotels sind ausgebucht oder wegen Personalmangels geschlossen«, erklärt sie weiter.

»Dann kommen Sie erst mal rein«, antworte ich, »Sie können ja versuchen, Freunde oder Verwandte in der Nähe anzurufen.«

Meine Frau bittet sie an den Tisch, vollbesetzt mit den Familien unserer Kinder, und bietet ihnen Essen an, das sie gerne annehmen.

»Wir kennen niemand hier. Können wir vielleicht bei Ihnen über die Nacht bleiben?«, fragt die Fremde schüchtern. Wir haben absolut keinen Platz, alle Räume sind mit den Besuchern belegt. Aber da ist das Gartenhaus.

»Dieses Jahr habe ich einen alten Stall meiner Oma umgebaut. Da steht ein breites Bett. Ich habe Strom und Wasser rüber gelegt, Heizung gibt es und ein kleines Bad ist auch eingerichtet. Früher war es ein Stall für Hühner und Ziegen, jetzt ist es ein richtiges Gästehaus. Das könnte ich Ihnen anbieten. Das Motorrad meiner Oma steht noch dort, das schieben wir raus«, antworte ich.

Die beiden strahlen mich an. »Vielen tausend Dank für Ihre Gastfreundschaft. Wir heißen übrigens Maria und Josef«, erwidern sie. 

»Alles andere hätte mich auch gewundert«, gebe ich zurück. Sie essen mit uns, reden nicht viel und betrachten lächelnd die Enkel, die jauchzend Geschenke auspacken. Nach dem Familienmahl löschen wir das Licht und singen im Kerzenschein "Stille Nacht, Heilige Nacht". Draußen schweben riesige Schneeflocken langsam zu Boden.

»Schnee an Weihnachten. Das ist ein Wunder«, sage ich in die andächtige Stille hinein.

»Es wird ein weiteres geschehen, noch in dieser Nacht, ein unendlich größeres«, antwortet Maria leise. Die Kinder schlafen nach und nach, ermattet von Freude, auf dem Teppich ein. Der Hund schnarcht schon länger mit vollem Bauch vor sich hin. Die beiden stehen auf, bedanken sich mehrmals und bitten mich, ihnen ihre Unterkunft zu zeigen. Es fällt kein Schnee mehr, am klaren Himmel sehen wir einen außergewöhnlich hellen Stern, der direkt über der Hütte leuchtet. Ich deute stumm auf ihn.

»Eine scheinbare Vereinigung von Jupiter und Saturn, eine Konjunktion. Sie kommt selten vor, alle zwanzig Jahre im Durchschnitt. Etwa alle vierhundert Jahre geschieht dies dreimal in einem einzigen Jahr. Wir hatten eine dreifache Konjunktion um das Jahr eins herum«, erklärt Josef.

Ich betrachte fast ehrfürchtig den Stern. »Dieses Jahr übrigens auch«, sagt Maria. 

Josef und ich schieben das Motorrad aus dem Stall. Lachend zeige ich auf eine alte Futterkrippe für die Ziegen.

»Die Krippe wäre da, mit Heu und Windeln kann ich leider nicht dienen.«

»Windeln wird er nicht benötigen«, antwortet Maria schmunzelnd.

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