Immer noch Josis Sicht
Einem Zitteraal gleichend begebe ich mich zurück zu Alex und dieser Schnepfe. Obwohl ich absolut keine Lust habe, mich weiterhin diesen absurden Vorwürfen auszuliefern, kann ich meinen Mann jetzt nicht einfach im Stich lassen. Als ich den Raum betrete, sitzt Herr Hetkamp mittlerweile auf einem der Stühle und lauscht den Worten von Frau Straubing: "... und natürlich werden sie ihre Frau in Schutz nehmen wollen, das ist verständlich. Aber lassen Sie sich bitte gesagt sein, dass ohne Therapie niemals eine Besserung eintreten wird. Eher wird alles schlimmer. Ihre Kollegen werden ihrer Version Folge leisten, das ist mir bewusst und darum kann ich diese Aussagen auch nicht berücksichtigen!"
Mein Hintern platziert sich auf den Stuhl neben Alex. Ich traue mich gar nicht, ihn anzuschauen, denn durch mich stecken wir schon wieder in der nächsten Kacke. Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Meine Angst vor den Maßnahmen, die die Frau ergreifen will oder die Angst, dass Alex dieses ständige Zinnober mit mir zu viel wird. Am liebsten würde ich jetzt direkt auf den Tisch kotzen, da die Gummibärchen und meine Magensäure einen Vulkan imitieren wollen und ich mich immens beherrschen muss, den Ausbruch unter Kontrolle zu halten.Zu meiner Erleichterung greift Alex nach meiner Hand, zieht sie zu sich und legt sie auf seinem Oberschenkel ab. Nachdem seine warmen Finger meine Kalten umschlossen haben, atmet er einmal tief durch und äußert sich vermutlich das erste Mal: "Frau Straubing, ihr Engagement in allen Ehren, aber bei uns ist das völlig unangebracht. Glauben Sie mir, wenn ich sage, dass ich kein Fall von häuslicher Gewalt bin. Die Aussage meiner Frau, dass ich gegen meine geöffnete Spindtüre gelaufen bin, entspricht der Wahrheit. Die Gründe für meine Unachtsamkeit sind einfach zu erklären: Eine Nachtschicht, kein Koffein, die Nachricht, dass es meiner Frau nicht gut geht und von einem inkompetenten Arzt, der falsche Diagnosen stellt, behandelt wird. Wissen Sie, ich kenne Dr. Marten gut und er hat sich schon einmal unprofessionell meiner Frau gegenüber verhalten. Bei Bedarf bestelle ich gerne Herrn Dr. Gröhlich ein. Das ist der Gynäkologe, der im Anschluss eine professionelle Untersuchung durchgeführt hat und normalerweise der betreuende Arzt meiner Frau ist. Dieser kann sie gerne darüber informieren, wie gewissenhaft meine Frau in Hinsicht der Gesundheit der Babys umgeht. Ich sehe es außerdem als Frechheit an, dass sie nur durch einen läppischen Anruf von gewissen Tatsachen überzeugt sind und sich nicht zuerst selbst ein neutrales Bild verschaffen. Vielleicht sollte ihr Chef über diese Tatsachen auch ein paar Informationen erhalten!" Gegen Ende wird Alex immer lauter und ich sehe ihm an, dass es ihn enorm viel Mühe kostet, die Frau nicht einfach anzuschreien.
Das Monster furcht die Stirn und lehnt sich mit dem Oberkörper über den halben Tisch. Man könnte fast schon meinen, dass sie mir vermitteln möchte, dass ich für sie momentan Luft bin. "Ich wurde auch über ihr aggressives Verhalten informiert, Herr Hetkamp. Bei ihnen denke ich allerdings eher, dass sie so ihren seelischen Schmerz verarbeiten und die angestaute Wut gegenüber ihrer Frau loswerden. Hier wäre auch eine Therapie angebracht!"
Alex krallt sich unabsichtlich fest in meine Hand. Ich kann ihm ansehen, dass er stinksauer ist und auch starke Schmerzen haben muss. Er versucht sich gegenüber dieser Frau zu zügeln, denn sie dreht und wendet ja eh jedes Wort zu ihren Gunsten und den Gefallen, ihr noch mehr Zündstoff zu liefern, wird er ihr nicht zugestehen. Ich bin froh, dass wenigstens er sich einigermaßen beherrschen kann. Ich hingegen würde mich liebend gerne auf den Boden werfen und heulen, was das Zeug hält oder der Tussi den Schädel einschlagen und sie irgendwo verscharren. Da Option eins einem Schuldeingeständnis gleicht und ich bestimmt keines ihrer Worte bestätigen werde, würde nur noch Option zwei zur Verfügung stehen. Aber den beiden Jungs möchte ich auf keinen Fall zumuten, dass sie ihre Mama erst in der Pubertät kennenlernen, da sie wegen Mordes hinter Gittern sitzt.
Bevor noch ein weiteres Wort gesprochen werden kann, klingelt es an der Haustüre. Alex lässt sofort meine Hand los, damit ich mich als Türöffner nützlich machen kann. Beim Aufstehen spuckt der Vulkan schon etwas Lava, was ich postwendend wieder zurück schicke und dadurch eine fette Gänsehaut auf meinem Körper begrüßen darf. Auf dem Weg in den Flur wische ich mir ein paar Mal mit den Hoodieärmeln über mein Gesicht, da die Tränenproduktion wieder damit beginnt, meine Augen zum überlaufen zu bringen.
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Einzelkämpfer Teil 3
FanficNach dem Umzug auf den Bauernhof stehen viele neue Aufgaben an, die bewältigt werden wollen. Nicht nur bei den Hetkamps, die sich auf die Ankuft der zwei neuen Familienmitglieder vorbereiten, sondern auch bei Phil und Susi, die ihre Hochzeitsplanung...