„Aaaaaaaaaaaaaaah."
So klang es schon eine ganze Weile, monoton, gelangweilt und vor allem lang.
„Aaaaaaaaaaah." Seine Stimme hallte hin und her in dem komplett grauen rechteckigen Raum. Durch die Fensterseite, welche an einer der kleineren Wandseiten lag, kam etwas graues Nachmittagslicht. Draußen war es bewölkt, wie immer.
„Aaaaaaaaaaaaaaaaaaah." Der junge Mann mit den schwarzen, kinnlangen Haaren, von dem diese Geräusche kamen, lag auf dem einzigen Bett inmitten des sterilen Raumes. „Aaaaaaaaaaaaaah." Er klang noch gelangweilter als vorher. Seine Beine waren lässig halb überkreuzt. Abgesehen vom Bett befand sich nur ein kleiner runder Tisch mit zwei Stühlen im Raum. Auf diesen saßen nun schon seit einer Weile zwei Gestalten. Ein Mann, kerzengerade mit geschlossenen Augen, und eine junge Frau, mit gefärbten roten Haaren. Sie saß seitlich, mit dem rechten Arm auf den Tisch gestützt und die Hüfte vorgeschoben, auf ihrem Stuhl. Mit ihren Fingern tippte sie immer wieder nervös auf den Tisch.
„Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah."
Das war es. Sie sprang mit lautem Krach von ihrem Stuhl auf. „Jetzt reicht es mir aber, Marco! Hör sofort auf mit diesem widerlichen Stöhnen oder ich verschwinde!" Mit ausgestrecktem Arm zeigte sie auf Marco, der sich auf dem Bett noch immer nicht bewegt hatte. Der Mann am Tisch hatte inzwischen die Augen geöffnet und beobachtete die beiden mit ausdruckslosem Interesse. Langsam dreht Marco ihr das Gesicht zu. Er starrte sie, nun etwas weniger gelangweilt, an. Haare hingen ihm über die linke Seite, während er seinen Mund langsam öffnete: „Aaa..."
Ihr langes rotes Haar wirrte nach hinten, während sie ausholte und ihre Faust mit blinder Wut nach vorne schlug.
Sofort stand der Mann vom Tisch neben ihr und hielt ihren Arm fest. Sein kurzgeschorenes Haar und seine immer noch ausdruckslose Miene ließen ihn fast wie eine Statue wirken, die schon seit Ewigkeiten unbewegt dastehen würde. „Es wäre besser, wenn wir uns nicht streiten würden, Soline. Es könnte jeden Moment sein, dass Jora wiederkommt und wir anfangen können." Sie starrte erst ihn böse an und dann wieder auf Marcos inzwischen leicht lächelndes Gesicht, vor dem immer noch weniger Zentimeter entfernt Solines Faust schwebte. „Pah, das wird dir noch Leid tuen." Schließlich wandte sie sich beleidigt, arrogant ab und ließ sich wieder seitlich auf ihren Stuhl plumpsen.
Sam, denn so hieß der kurzgeschorene Mann, richtete seinen schwarzen Kapuzenpullover und blieb im Raum stehen. „Ihr wisst beide ganz genau was auf dem Spiel steht, deshalb würde ich euch beide bitten, bis zum Ende friedlichen zu bleiben. Wenn Jora wirklich ein schwarzes Armband bekommt und alles nach Plan verläuft, gehören wir schon bald zu den Verwaltern dieser Stadt."
Denvidus war eine Stadt geprägt von Wolkenkratzern, genau wieder der, in dem sie sich gerade aufhielten. Bewohnte kleinere Gebäude gab es nur in geringem Maße, da es dort nur begrenzt Strom und Wasser gibt. Niemand kümmerte sich um deren Versorgung, weshalb der Großteil der Bewohner fast ihr ganzes Leben in den Wolkenkratzern verbrachte. Obwohl alle recht ähnlich waren, gab es einen, der ganz besonders hervorstach, der Nagel. Ganz in schwarze und weiße Quadrate gehüllt hatte er seinen Namen durch seine Form bekommen, da er im obersten Stockwerk über die Seiten hinausging und wie ein quadratischer Nagel aussah, der in den Boden gerammt wurde. Und genau dieser war ihr Ziel.
„Meint ihr" meinte Marco auf einmal nachdenklich „, dass Jora überhaupt zurückkommen wird? Er ist jetzt schon 3 Stunden zu spät dran." Soline beugte sich vor und ihre langen Haare fielen ihr nach vorn: „Jora ist nicht so ein Vollidiot wie du. Er wird es ganz sicher schaffen." Sam saß wieder kerzengerade auf seinem Stuhl: „Es besteht immer die Möglichkeit, dass etwas schief geht. Falls ihm etwas passiert ist, müssen wir ihn vielleicht zurücklassen."
Soline sprang auf und schlug mit beiden Händen auf den Tisch. „Wir können Jora doch auf keinen Fall zurücklassen." Ihr finsterer Blick starrte ihn durchbohrend an, obwohl an seiner steinernen Miene alles abprallte. „Also ist es geklärt!" sprang Marco mit plötzlichem Tatendrang auf. „Wir suchen und retten Marco vor den stinkenden Staubleuten!" Er zog seinen hauchdünnen Ledermantel schwungvoll an und ging zur grauen, komplett glatten Tür. Wütend stapfte Soline hinterher, während er schon fast draußen war: „Ich komme aber nur wegen Jora mit und nicht wegen dir!". Nachdem sie die Tür zugeknallt hatte, hallten ihre Stimme noch einige Zeit nach. Sam schloss die Augen und zählte mit meditierendem Atem langsam bis 10. Dann stand auch er auf und folgte ihnen.
Ob das Licht ohne die Leute im Raum, durch die Fenster nun heller oder dunkler wirkte, hätte niemand sagen können.
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Komplex x Beste
FantasyViele Leute kämpfen... Viele Leute greifen aus... Wird es einen Gewinner geben? Denvidus ist eine Stadt voll ungleicher Gleichheit. Inmitten der Wolkenkratzer gibt es Leute, die besser sein wollen, als alle Anderen und stechen damit direkt...