Es war eine lange Nacht voller Freude und Ablenkung gewesen, doch trotz des Lärms und der Gesellschaft konnte ich den drängenden Durst nicht länger ignorieren. Die süße, verlockende Essenz, die mir an Sarahs Nähe nachhing, hatte mich die ganze Zeit über gequält. Es wurde immer klarer, dass ich lernen musste, mit meinem neuen Hunger umzugehen.
„Fjella, lass uns nach draußen gehen", sagte Jasper, als er bemerkte, wie ich mit meinen Gedanken kämpfte. „Es wird dir helfen, dich auf etwas anderes zu konzentrieren. Wir können gemeinsam das Jagen üben."
„Ich bin nicht sicher, ob ich bereit bin", antwortete ich und versuchte, meine Unsicherheit zu verbergen.
„Das ist in Ordnung. Wir müssen einfach einen Schritt nach dem anderen machen. Du bist nicht allein", sagte er sanft und bot mir seine Hand an. Ich nahm sie und folgte ihm in den dunklen Wald, wo die Geräusche der Nacht um uns herum pulsieren.
Als wir tiefer in den Wald gingen, ließ ich die Nachtluft in meine Lungen strömen. Der Wald war lebendig, und der Geruch von frischem Moos und Erde umhüllte uns. Aber in diesem Moment war es nicht nur die natürliche Umgebung, die meine Sinne überflutete - ich spürte auch die Präsenz von Tieren in der Nähe. Ihre natürlichen Düfte durchdrangen die Luft und steigerten meinen Hunger.
„Hier", sagte Jasper und deutete auf einen offenen Bereich, der von Bäumen umgeben war. „Wir können uns etwas weiter verstecken und dann die Jagd beginnen. Konzentriere dich auf die Tiere, die hier leben. Spüre sie."
Ich nickte, obwohl mein Herz schneller schlug. „Es fühlt sich so falsch an", murmelte ich, während ich die Gedanken mit mir herumtrug. „Menschenblut von lebenden Menschen zu trinken... das kann nicht die einzige Möglichkeit sein."
„Es gibt immer verschiedene Wege", erwiderte Jasper. „Aber manchmal müssen wir uns an die Natur halten und lernen, wie wir unsere Instinkte kontrollieren können."
In diesem Moment hörte ich das leise Geräusch von Hufen, das sich dem klaren Wasser eines nahegelegenen Baches näherte. Mein Blick war auf einen wunderschönen Rehbock gerichtet, der vorsichtig aus dem Dickicht trat. Seine braunen Augen blickten umher, unschuldig und unbedarft.
„Sieh, das ist deine Chance", flüsterte Jasper. „Nutze deine Instinkte. Du bist schneller und stärker als du denkst."
Ich fühlte, wie mein Herz raste und ein inneres Bedürfnis mich antrieb. Mit einem tiefen Atemzug trat ich vor, konzentrierte mich auf das Tier und begann, meine neu entdeckten Fähigkeiten zu nutzen. In einem einzigen, eleganten Sprung sprang ich vor, schnappte mir das Reh und ließ es keinen Moment zur Flucht.
Doch als ich über dem Tier kniete und dessen warmes Blut sah, überkam mich eine Welle der Schuld. Es war ein Gefühl, das sich wie ein schwerer Stein in meiner Brust anfühlte. „Es tut mir leid", flüsterte ich dem Reh zu, während ich begann, sein Blut zu trinken. „Ich weiß, dass es falsch ist, aber ich kann nicht anders..."
Jasper beobachtete mich, und ich sah das Verständnis in seinen Augen. „Du musst lernen, damit umzugehen. Es ist Teil des Prozesses", sagte er leise.
Nachdem ich fertig war, setzte ich mich neben das Reh und fühlte mich, als wäre ich von einem inneren Konflikt zerfressen. „Ich weiß, dass es nicht richtig ist, lebende Tiere zu töten. Wäre es nicht besser, totes Fleisch zu nehmen oder Blutbeutel von Blutspendern zu verwenden? Das könnte doch eine Lösung sein, oder?"
Jasper nickte nachdenklich. „Das ist eine valide Überlegung. Die Entscheidung, wie wir unser Leben führen, liegt bei uns. Aber du musst auch lernen, mit dem Jagdinstinkt umzugehen. Das ist der Preis, den wir zahlen, um die Freiheit und die Kraft zu haben, die wir besitzen."
Ich dachte darüber nach und spürte, dass er recht hatte. Der Drang zu jagen war eine Realität, die ich akzeptieren musste, aber ich wollte nicht in die gleiche Falle tappen, die viele andere Vampire getrieben hatte. „Vielleicht kann ich lernen, verantwortungsbewusster zu sein", murmelte ich.
„Das ist der Geist", sagte Jasper und klopfte mir sanft auf die Schulter. „Lass uns weiter üben. Es wird dir helfen, Kontrolle über deine Bedürfnisse zu gewinnen."
Zusammen gingen wir tiefer in den Wald, und ich wusste, dass ich mit der Zeit lernen würde, ein Gleichgewicht zu finden - zwischen dem, was ich war, und dem, was ich werden wollte.
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Bis(s) in die Ewigkeit
FanficFjella Holm gerät in den Bann des mysteriösen Vampirs Carlisle Cullen und entdeckt eine gefährliche, übernatürliche Welt. Ihre aufkeimende Liebe wird von düsteren Visionen und inneren Konflikten bedroht, während sie sich immer tiefer in das Geheimni...