Mit wackeligen Knien stand ich vor
Lisas Wohungstür und zögerte einen Moment.
Der kalte Wind blies mir ins Gesicht und ließ mich frösteln. Ich überlegte, ob ich wirklich klingeln sollte. Die Gedanken wirbelten in meinem Kopf - Was würden sie fragen? Hätte ich einfach irgendwo anders hingehen sollen?Schließlich presste ich mit zitternden Fingern auf die Klingel. Der schrille Ton hallte durch den Flur und es dauerte nicht lange, bis die Tür vor mir aufgescgwungen wurde.
Lisa stand dort und als sie mich sah, entglitt ihr vor Schreck ihr Lächeln. Ihre Augen weiteten sich und der Ausdruck von Überraschung wich schnell einer tiefen Besorgnis und entsetzten.
,,Um Gottes Willen, Ella!", murmelte sie, während sie einen Schritt zurücktrat und mir den Weg ins Innere freigab.Ich trat über die Schwelle und der vertraute Geruch von Lisas und Hannahs Wohnung - eine Mischung aus Kaffee und dem Duft von Vanillekerzen - umhüllte mich. Doch die Wärme des Raumes konnte die Kälte in meinem Herzeb nicht vertreiben. Lisa musterte mich mit einem Blick, der nur so von Entsetzen geprägt war. Ihr Mund stand offen, als könnte sie die Worte nicht finden, die sie aussprechen wollte.
Hannah trat hinter Lisa hervor und als sie mich sah erstarrte sie ebenfalls. Ihr Gesicht spiegelte den gleichen Schock wieder, den ich in Lisas Augen gesehen hatte.
,,Was ist mit dir passiert, Ella?" Fragte sie mit einer Stimme, die vor Sorge fast zitterte. Ich wollte antwortete, doch die Worte blieben mir im Hals stecken. Stattdessen senkte ich den Blick und ließ die Stille zsichen und sprechen.
In diesem Moment fühlte ich mich verletzlich und verloren, als ob ich in einem Sturm gefangen wäre, ohne einen sicheren Hafen in Sicht.Ich stand wie versteinert in Lisas und Hannahs Wohnung, gefangen in einem Moment, der sich endlos anfühlte. Kein Wort kam über meine Lippen, und meine Beine schienen mir nicht mehr gehorchen zu wollen. Die Welt um mich herum verschwamm, als ich beobachtete, wie Hannah hastig ihr Handy zückte und Monas Nummer wählte.
„Mona, würdest du bitte herkommen? Nimm deinen Arztkoffer mit“, sagte sie mit einer Stimme, die versuchte, ruhig zu klingen, aber ich konnte die Anspannung darin hören. Am anderen Ende der Leitung hörte ich ein Fluchen, das wie ein Echo in meinem Kopf widerhallte. „Hast du auf die Uhr geschaut, verdammt?“, kam es scharf zurück. Hannah seufzte tief, als ob sie die Last der Situation auf ihren Schultern spürte. „Komm her, Mann“, drängte sie, und mit einem kurzen, entschlossenen Klick legte sie auf.
Sie wandte sich mir zu, und ich konnte die Besorgnis in ihren Augen sehen. Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie nicht fassen, was gerade geschehen war. In diesem Moment fühlte ich mich wie ein Schatten, der in einem Raum voller Licht stand – sichtbar, aber doch unerreichbar. Die Stille war erdrückend, und ich spürte, wie die Angst in mir aufstieg. Was würde Mona sagen? Würde sie mir helfen können?
Hannah trat einen Schritt näher, ihre Miene war ernst. „Ella, was ist passiert?“, fragte sie sanft, aber ich konnte nur den Kopf schütteln. Die Worte blieben mir im Hals stecken, gefangen zwischen dem Drang, mich zu öffnen, und der Furcht vor dem, was ich preisgeben müsste. In diesem Moment war ich nicht nur verloren, ich war auch allein – umgeben von Menschen, die sich sorgten, aber unfähig, meine innere Zerrissenheit zu begreifen.
..
„Was um alles in der Welt reitet dich dazu, mich so früh zu wecken? Ich hoffe wirklich es ist ein-“ Sie wollte ihren Satz weiterführen, doch als Mona mich sah, verstummte sie plötzlich. In dem Moment, in dem ihr Blick auf mir lag, schien alles andere zu verschwinden. Ihre Augen, die mir zuvor noch voller Ärger begegnet waren, veränderten sich innerhalb einer Sekunde. Ein flüchtiger Ausdruck, der sich fast in Staunen wandelte, huschte über ihr Gesicht. Doch dann, mit einem scharfen Blick und der gewohnt spöttischen Miene, beendete sie schließlich den Satz, den sie angefangen hatte: „Guter Grund“, sagte sie in einem Ton, der zugleich neugierig und etwas durchdringend war.
Es fühlte sich an, als ob ihre Augen mich regelrecht durchbohrten, als wollten sie jeden einzelnen Millimeter von mir scannen, als würden sie in jede Faser meines Körpers eindringen. Der Moment war fast zu intensiv, um ihn zu ertragen, und ich konnte nicht anders, als den Blick zu senken.
,,Bist du von einem Lkw überfahren worden oder was?“ Mona lachte laut, und ich konnte den ironischen Unterton in ihrer Stimme deutlich hören. Kaum war das Wort ausgesprochen, gab es ein leises, aber klares Klatschen, als Hannah ihr einen kleinen Schlag auf den Arm versetzte. Mona zuckte zusammen und warf ihrer besten Freundin einen bösen Blick zu.
„Mona!“, sagte sie streng, als wolle sie ein weiteres Zündeln verhindern. Mona zuckte nur mit den Schultern und setzte ihren Blick wieder auf mich. „ Was ist passiert? Ein Bär?“ Ihre Augenbrauen hoben sich, und für einen Moment schien sie es ernst zu meinen, bevor das Lächeln wieder auf ihren Lippen spielte.„Keine Ahnung“, mischte sich jetzt auch Lisa in das Gespräch ein. „Seit sie hier ist, hat sie kein Wort gesagt.“
Ich stand nur da und beobachtete die Szene. Es war, als würde ich von außen zuschauen, ein unsichtbarer Beobachter, der stumm die Bewegungen der anderen verfolgte. In mir brodelte es – dieser seltsame Abstand, das Gefühl, wie ein Geist unter ihnen zu stehen.
Als ich Mona erneut in die Augen sah, bemerkte ich sofort, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte. Der sarkastische Hauch, der eben noch in ihren Zügen gelegen hatte, verschwand plötzlich, als würde er von einem unsichtbaren Wind fortgeweht.
An seiner Stelle trat eine tiefe, fast ängstliche Sorge, die in ihren Augen flackerte. Sie zögerte nicht, sondern trat rasch auf mich zu und stellte ihren Koffer mit einer fließenden Bewegung vor mir ab. Ihre Schritte wirkten fast wie die eines Tiers, das sich vorsichtig nähert, um zu prüfen, ob der andere in Gefahr ist.Mit einer ruhigen, fast sanften Stimme, die sich von der schroffen Art der letzten Minuten deutlich unterschied, sagte sie: „Setz dich.“ Ihre Worte waren nicht nur ein Angebot, sie klangen wie eine Bitte, die aus einem unaufdringlichen Drang nach Fürsorge und Verständnis kam. „Du musst uns nicht erzählen, was passiert ist“, fuhr sie fort, während sie mich mit einem Blick maß, der alles andere als fordernd war. „Aber lass mich deine Wunden ansehen.“ Ob sie ahnte was passiert war? Meine Verletzungen glichen den ihren. Die Bilder die nicht mehr aus meinem Kopf verschwinden wollten. Ich hatte mir unzählige mal die Mappe mit der Aufschrift Fall 3 durchgelesen, ich kannte sie fast auswendig. Ich wollte verstehen warum Mona so was wie sie war und langsam glaubte ich dies zu verstehen. Das was Magan gemacht hat war schrecklich, ich hatte keine Kontrolle, so wie Mona damals keine hatte.
Die Sorge in ihrer Miene war jetzt nicht mehr zu übersehen, sie schien in diesem Moment ein Stück weit weicher geworden zu sein, als sie sich langsam hinunterbeugte, als wolle sie sicherstellen, dass sie mich nicht weiter verletzte – weder körperlich noch seelisch.
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Die Professorin- Grenze Der Macht
Short StoryDies ist die Fortsetzung von dem ersten Teil ,,Die Professorin - Das Machtspiel", es empfiehlt sich also diesen Teil zuerst zu lesen. Ich wagte es nicht, die Augen zu öffnen, aus Angst, den Moment zu zerstören. Ihre Berührungen waren vertraut, aber...