Pov Mona
Ich wollte ihre Lippe betrachten – die Risse, die die zarte Haut aufgespalten hatten, die Spuren, die der Schmerz hinterlassen hatte. Ich hatte eine seltsame Mischung aus Mitgefühl und Neugier in mir, als ich meine Hand ausstreckte, um ihren Kiefer zu berühren. Doch kaum näherte ich mich, zuckte sie abrupt zurück, als ob die Nähe der Hand wie ein schmerzhafter Strom durch ihren Körper lief.
„Nicht anfassen“, murmelte sie fast unhörbar, ihre Stimme klang rau und brüchig, als ob jedes Wort ein bisschen zu viel von ihr verlangte. Ihr Blick war hart, aber auch flüchtig, als ob sie versuchte, eine Mauer aufzubauen, die ich nicht durchbrechen durfte.
Ein Gefühl der Verlegenheit stieg in mir auf. Was hatte ich mir dabei gedacht? Wie konnte ich mich nur so unbedacht verhalten? Ich hatte die Grenze überschritten, ohne nachzudenken, ohne ihren Raum zu respektieren. Ich müsste doch am besten wissen wie sie sich fühlte. Ein stechen zog sich durch meinen Körper, bei der Erinnerung an die Vergangenheit. Ihre blauen Flecken, die die ich sehen konnte und die die ich vermutete deuten auf genau das hin, was mir passiert war.„Es tut mir leid“, flüsterte ich, mehr zu mir selbst als zu ihr, während ich meine Hand wieder zurückzog. Doch sie reagierte nicht, ihre Augen fixierten nur den Boden, als ob sie die Welt um uns herum ausblenden wollte. Die Stille zwischen uns wurde beinahe erdrückend.
,,Ich muss es mir ansehen, Ella. Ich werde dir nicht wehtun.“ Die Worte kamen zögerlich über meine Lippen, als ich versuchte, ihre Angst zu zerstreuen. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Hannah und Lisa sich auf das Sofa setzten, das Ella gegenüberstand, ihre Blicke zwischen mir und Ella hin und her wanderten. Ihre Präsenz fühlte sich unangemessen an, als ob sie die Ruhe stören könnte, die ich versuchte, Ella zu geben.
„Ich verspreche dir, Ella, dass ich dir nichts tun werde, ich tue dir nicht weh“, fuhr ich fort, meine Stimme sanft, aber bestimmt, als ich in ihre Augen blickte. Sie reagierte nicht sofort, blieb wie erstarrt, als ob jede Bewegung sie in die falsche Richtung führen könnte.
Es war der Moment, der den Atem anhalten ließ – dieser Moment, in dem ich auf ihre Reaktion wartete. Die Zeit schien sich zu dehnen, und die Stille zwischen uns war beinahe greifbar. Die beiden auf dem Sofa sagten nichts, sie wirkten selbst in dieser angespannten Situation wie stumme Zeugen.
Plötzlich, nach einer scheinbar unendlich langen Pause, hob Ella ihren Blick. Sie schien mich zu mustern, als ob sie meine Worte prüfte, als ob sie herausfinden wollte, ob ich es wirklich ernst meinte. Dann, langsam, fast unmerklich, nickte sie. Ihr Gesichtsausdruck war schwer zu deuten – eine Mischung aus Misstrauen und Angst.,,Gut“, murmelte ich und machte einen Schritt näher. Ich konnte die Erleichterung, die durch die Spannung in ihr schlich, fast spüren. Doch auch wenn sie mir ein Stück Vertrauen schenkte, war mir klar, dass sie Angst hatte.
Mein blick glitt über ihre zierliche Gestalt. Um ihren Hals waren deutlich Handabdrücke zu sehen, sie wurde gewürkt. Ihre Hände mussten unsanft festgehalten worden sein, denn dort kamen auch sichtbare blauen flecken hervor. Ihre lippe war etwas aufgeplatzt und ihre linke wange war gerotete und fast schon blau. Ich wollte mir gar nicht ausmahlen wie ihr Körper unter ihrer Kleidung aussieht.
„Zieh deinen Pullover aus, dann kann ich dir die Salbe auftragen. Das wird die Schmerzen lindern.“ Ihre Augen weiteten sich, und für einen Moment schien sie unsicher, bevor sie langsam nickte und sich zu ausziehen begann.
„Um Gottes willen…“ flüsterte ich entsetzt, als mein Blick auf Ellas Körper fiel. Ein kaltes Schaudern durchfuhr mich, und ich spürte, wie sich mein Magen zusammenzog. Auch Lisa und Hannah schienen von der Anblick ebenso erschüttert. Sie hielten den Atem an, ihre Gesichter versteinert, als sie die Luft scharf einsogen.
„Ich… ich wollte das nicht… das Magan…“ Ihre Stimme brach, und der Schmerz in ihren Worten war unüberhörbar. Sie kämpfte gegen die aufkommenden Tränen an, ihre Schultern zitterten, als sie sich an uns wandte. Es war, als ob die Worte sie beinahe erdrückten. „Warum, um alles in der Welt, hat Magan ihr das angetan?“ Die Frage hallte in meinem Kopf nach, während ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.
....
„Ich möchte duschen“, flüsterte Ella, ihre Stimme durchbrach die Stille des Raumes. Lisa, nickte wortlos und ging langsam in Richtung Badezimmer. Ihre Schritte hallten leise, als sie an mir vorbeiging.
Doch plötzlich hielt mich etwas zurück, ein Gefühl, das mich überraschte. Ich spürte Ellas Hand auf meiner – sie hatte sie zart, aber bestimmt auf meine gelegt. „Kannst du mitkommen? Bitte?“ Ihre Worte klangen leise und fast zerbrechlich, ein unsichtbares Band, das sie zu mir zog. In diesem Augenblick konnte ich nicht anders, als zu nicken.
Ich wusste nicht genau, warum sie es wollte, aber der Wunsch, ihr zu helfen oder sie nicht allein zu lassen, war stärker als jede Frage. Sie wollte, dass ich bei ihr war, während sie duschte – ich konnte es nicht in Worte fassen, aber irgendwie war es, als brauchte sie mich, und in diesem Moment wollte ich das auch für sie tun. Es zeigte stärke, dass sie sich nachdem was passiert war nicht komplett zurückzog - so wie ich es damals getan hatte. Ich schottete mich von der kompletten Welt ab, erst nach einigen Wochen gewährte ich Hannah wieder zugang zu mir und meinem Leben. Sie war für mich da und hat mir geholfen.
Mit einem fast mechanischen Impuls folgte ich ihr ins Badezimmer.
Nachdem Lisa Handtücher gebracht hatte verschwand sie wieder. Ella zog sich langsam die restlichen Kleidungsstücke aus. Wäre die situation nicht so fürchterlich, hätte ich den Anblick definitiv mehr als nur genossen. Jedoch biss ich mir auf die Zunge - die Gedanken waren unpassend.
Ich stellte die Dusche an, Ella ging an mir vorbei und stellte sich unter das Wasser. Ihre Augen waren geschlossen und so stand sie regungslos da.
Das Licht war gedämpft, die Luft von einem feuchten Dampf durchzogen. Ella stand einfach da, als sie plötzlich zusammenbrach. Ihre Knie gaben nach, und sie sank gegen die kalten Fliesen. Ihr Körper fiel lautlos zu Boden.Ohne zu zögern öffnete ich die Duschkabine, trat hinein und kniete mich neben sie. Die Kühle der Fliesen schien den Moment noch intensiver zu machen, aber ich achtete nicht darauf. Ich legte meinen Arm um sie und zog sie sanft in meine Umarmung. Der Kontakt zu ihrer Haut, warm und weich, berührte mich tief.
Der Wasserstrahl traf uns beide, aber ich fühlte nichts anderes als den Drang, sie festzuhalten, ihr beizustehen. In wenigen Sekunden war meine Kleidung vollkommen durchnässt, doch das spielte keine Rolle. Nichts war mehr wichtig als dieser Moment, in dem wir, nur durch einen unsichtbaren Faden verbunden, zusammen im Wasser standen.
Ella seufzte leise, aber ihr Körper entspannte sich in meinen Armen. Ich hielt sie fest, als wollte ich verhindern, dass sie weglief oder sich verloren fühlte. In diesem Augenblick gab es nur uns beide, und die Welt außerhalb des Badezimmers schien weit weg.
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Die Professorin- Grenze Der Macht
Short StoryDies ist die Fortsetzung von dem ersten Teil ,,Die Professorin - Das Machtspiel", es empfiehlt sich also diesen Teil zuerst zu lesen. Ich wagte es nicht, die Augen zu öffnen, aus Angst, den Moment zu zerstören. Ihre Berührungen waren vertraut, aber...