Die Osterinseln

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Pov Cassy

Ich hatte tatsächlich noch einmal die Augen geschlossen und ein wenig Schlaf gefunden, trotz des seltsamen Zwischenfalls mit Rhun und Zeke in meinem Zimmer. Was genau die beiden dort gesucht hatten, blieb ein Rätsel, und ich war mir nicht sicher, ob ich es überhaupt wissen wollte. Die Fragen nagten an mir, doch der Morgen versprach ein wenig Normalität – zumindest soweit das in diesem Haus möglich war.

Langsam schlich ich die große Treppe hinunter und folgte dem Echo meines eigenen Atems. Die Hallen waren immer still, fast feierlich, doch als ich näher an den Innenhof kam, hörte ich ein vertrautes Platschen. Azhar war im Brunnen und plantschte ausgelassen. 

„Cassy, du bist wach!“ rief er fröhlich, als er mich entdeckte. Ohne zu zögern, flog er mit schimmernden Schuppenflügeln aus dem Wasser und schmiegte sich an mich, obwohl er noch triefend nass war.

„Und du bist ziemlich nass!“ lachte ich, während das kalte Wasser auf meine Kleidung tropfte. Instinktiv hob ich die Arme, um mich vor dem kleinen Drachen zu schützen. 

Azhar ließ sofort von mir ab und begann sich wild zu schütteln. Die Tropfen flogen in alle Richtungen, und ich musste mir schnell die Hände vor das Gesicht halten. „Azhar, du machst alles nass!“ protestierte ich lachend.

„Das trocknet doch wieder“, verteidigte er sich grinsend und zuckte unschuldig mit den Flügeln. Seine orangefarbenen Augen funkelten vor Freude. „Fabio hat dir etwas zu essen besorgt, komm schon!“ 

Ich folgte dem kleinen Drachen durch das verwinkelte Haus. Azhar schien den Weg besser zu kennen als ich, obwohl ich mir langsam eine gewisse Orientierung zugelegt hatte. Er führte mich zu einer Art Küche – ein heller Raum, der mit dem Duft von frischem Brot und heißem Kakao gefüllt war. 

Dort war Fabio. Er hatte einen dampfenden Becher auf den Tisch gestellt, als wir eintraten. „Guten Morgen“, begrüßte er mich mit einem Lächeln. „Gut geschlafen?“ 

Ich setzte mich und nickte. „Es tat echt gut, mal ein wenig Ruhe zu haben“, gestand ich ehrlich. 

Fabio hob eine Augenbraue und ließ sich auf der anderen Seite des Tisches nieder. „Das glaube ich sofort. Es ist... speziell mit Zekes Brüdern.“ 

„Und mit Zeke nicht?“ fragte ich scherzend. 

Fabio grinste und flüsterte: „Über den kann ich nichts Schlechtes sagen. Er steht immer noch über mir.“ Er zwinkerte mir zu, und ich musste lachen.

Azhar hatte sich unterdessen auf den Tisch gesetzt – was niemand mehr zu stören schien – und begann aus einem kleineren Becher zu trinken. Es sah beinahe so aus, als hätte er den Kakao für mich getestet. Zufrieden verkündete er: „Du hast ihn perfekt getroffen!“ 

Ich beugte mich neugierig über den dampfenden Becher, den Fabio für mich hingestellt hatte, und der warme Duft von Schokolade stieg mir in die Nase. Es war ein einfacher Moment, und doch fühlte ich mich plötzlich entspannt. 

„Azhar, du und Kakao – das ist eine wahre Liebesgeschichte“, scherzte ich und nahm vorsichtig einen Schluck. Der Kakao war genau richtig – süß, warm und tröstlich. 

„Kakao und Weintrauben“, korrigierte Azhar mit erhobenem Finger. „Die zwei Dinge, die ich liebe!“ 

Ich schüttelte den Kopf, während er sich wieder seinem eigenen Becher widmete, schlürfend und vollkommen zufrieden. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass all die merkwürdigen Dinge, die mich hierher geführt hatten, für einen Moment weit weg waren.

Das Gebäck schmeckte so himmlisch wie es roch – leicht süß, buttrig, und genau das Richtige, um den Morgen angenehmer zu machen. Während ich es genüsslich kaute, lehnte sich Fabio zurück und musterte mich mit einem verschmitzten Lächeln. 

Achtsam jammern mit dem Osterhasen | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt