Kapitel 98: Die Zweifel wachsen

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Die Tage nach ihrer Abreise schienen endlos. Jeder Atemzug fühlte sich schwer an, jede Sekunde zog sich wie eine Ewigkeit hin. Der Wald, der mich sonst mit seiner Ruhe umfing, wirkte bedrohlich und still. Selbst die Vögel schienen zu wissen, dass sich etwas Dunkles über uns zusammenbraute.

Carlisle und ich hatten uns auf der Lichtung versammelt, die für mich mittlerweile wie ein Zufluchtsort geworden war. Die frühen Sonnenstrahlen brachen durch die Bäume und spielten mit den Schatten, doch heute konnte ich ihre Schönheit nicht würdigen.

„Ich hasse dieses Warten,“ brach ich schließlich die Stille, meine Stimme scharf. Ich war aufgestanden und lief nervös auf und ab. „Wir sitzen hier, während sie... ich weiß nicht einmal, ob sie in Sicherheit sind!“

Carlisle beobachtete mich mit seinen ruhigen, goldenen Augen, die immer eine seltsame Mischung aus Verständnis und Geduld ausstrahlten. „Fjella,“ begann er leise, „wir tun, was wir können. Manchmal ist Geduld die schwerste, aber wichtigste Tugend.“

„Geduld?“ Ich blieb stehen und sah ihn an, mein Herz hämmerte vor Frustration. „Du redest, als wäre alles kontrollierbar, aber das ist es nicht! Was, wenn sie einen Fehler machen? Was, wenn sie...“

Meine Stimme brach ab, und ich schlang die Arme um meinen Körper, als könnte ich die Dunkelheit, die sich in mir ausbreitete, davon abhalten, mich vollständig zu verschlingen.

Carlisle trat auf mich zu und legte sanft eine Hand auf meine Schulter. „Deine Sorge zeigt, wie tief deine Liebe geht,“ sagte er sanft. „Aber du musst dieser Liebe vertrauen. Lena ist stark. Alice und Demetri ebenfalls. Sie wissen, was auf dem Spiel steht.“

Ich wollte ihm glauben, wirklich. Doch das nagende Gefühl der Angst ließ sich nicht so einfach verdrängen. „Und was ist mit uns?“ flüsterte ich schließlich. „Was ist, wenn sie zurückkommen und es zu spät ist?“

Er sah mich lange an, dann zog er mich in eine Umarmung. Die Wärme seiner Nähe war wie ein Anker, der mich davon abhielt, in meiner eigenen Verzweiflung zu ertrinken. „Wir werden bereit sein,“ versprach er. „Egal, was kommt.“

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Zurück im Haus herrschte angespannte Betriebsamkeit. Rosalie und Emmett verstärkten die äußeren Bereiche, Jasper trainierte mich weiterhin in der Verteidigung, und Alice... sie war fort, wie so viele andere. Das Haus fühlte sich leer an, fast zu groß für die wenigen, die geblieben waren.

Ich stand in der Küche, unfähig, still zu sitzen. Meine Hände beschäftigten sich mit allem, was ich finden konnte – ein Messer, das ich schärfte, Gläser, die ich aneinanderreihte, ohne wirklich zu wissen, warum. Es war sinnlos, doch die Bewegung hielt meine Gedanken in Schach.

Carlisle kam herein und lehnte sich wortlos an den Türrahmen. Ich spürte seinen Blick, hob den Kopf und sah ihn an.

„Du solltest versuchen, dich auszuruhen,“ sagte er sanft.

„Ich kann nicht,“ erwiderte ich und wandte mich wieder ab. „Sobald ich stillsitze, kommen die Gedanken. Die Angst. Ich... ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.“

Er trat näher und nahm mir das Messer aus der Hand, legte es vorsichtig beiseite. „Du bist nicht allein in diesem Gefühl, Fjella. Aber du musst dir erlauben, für einen Moment loszulassen. Es ist in Ordnung, sich überfordert zu fühlen.“

Ich schüttelte den Kopf, Tränen brannten in meinen Augen. „Ich will stark sein, aber ich habe das Gefühl, dass ich auseinanderbreche. Alles fühlt sich so falsch an, so... leer.“

Carlisle zog mich an sich und hielt mich fest. „Du bist stärker, als du denkst,“ flüsterte er. „Und ich bin hier, um dich daran zu erinnern, wenn du es vergisst.“

In diesem Moment brach der Damm, und ich ließ die Tränen zu, die ich so lange zurückgehalten hatte. Ich weinte in seinen Armen, während draußen die Nacht ihren Mantel über die Welt legte.

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Später, als ich alleine auf der Veranda saß, fühlte ich eine seltsame Ruhe. Der Wind flüsterte durch die Bäume, und irgendwo in der Ferne rief ein Vogel. Die Welt drehte sich weiter, trotz allem.

Carlisle gesellte sich zu mir, und wir saßen schweigend nebeneinander. Manchmal war kein Trost nötig – nur das Wissen, dass jemand bei einem war, reichte aus.

Bis(s) in die Ewigkeit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt