Entfesselter Zorn

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Pov Rhun

Ich sah, wie Zeke losstürmte, sein ganzer Körper vor Zorn bebend. Seine Magie funkelte um ihn herum wie ein lodernder Sturm, bereit, Eos endgültig zu vernichten. Doch in meinem Inneren wusste ich, dass es zu spät war. Eos hatte ihn bereits geschlagen – nicht durch rohe Gewalt, sondern durch etwas viel Schlimmeres.

Eos war uns immer einen Schritt voraus gewesen. Es war nie sein Plan gewesen, mich zu töten, oder einen von uns Brüdern. Das wäre zu einfach gewesen, zu vorhersehbar. Eos war klüger als das. Nein, sein Ziel war etwas viel Tieferes, etwas, das wirklich wehtat.

Denn der Schmerz, den er ertragen musste, konnte nicht durch einen simplen Tod ausgeglichen werden. Es gibt einen Unterschied zwischen der Liebe, die wir Brüder zueinander spüren – stark, unzerstörbar, aber auch pragmatisch – und echter, aufrichtiger Liebe zu einem anderen Menschen. Einer Liebe, die dich verändert. Einer Liebe, die dich an etwas Größeres glauben lässt, nur um dich dann im tiefsten Dunkel zurückzulassen, wenn sie dir genommen wird.

Das war der Schmerz, den Eos uns zeigen wollte. Den Schmerz, den er damals durch uns ertragen musste.

Ich sah zu Cassy, die reglos auf dem Boden lag, und Zeke, der wie ein rasender Sturm auf Eos losging. 

Cassy war nicht nur ein Mensch, der zufällig in unser Leben getreten war. Sie war ein Licht in Zekes Dunkelheit gewesen, eine Brücke zwischen seiner distanzierten, kalten Fassade und dem kleinen Funken Wärme, den er so tief verborgen hatte, dass er selbst ihn kaum noch spürte.

Und jetzt war sie fort.

„Was hast du getan?" fragte Zeke mit einer gefährlichen Ruhe, die mir mehr Sorgen machte als jedes Geschrei.

Eos trat einen Schritt vor, seine Haltung entspannt, beinahe lässig, als wäre dies alles ein Spiel für ihn. „Ich habe dir gezeigt, wie es sich anfühlt, alles zu verlieren."

Zekes Magie begann um ihn herum zu flackern, ein feines Glühen, das immer heller wurde.

„Du glaubst, du verstehst, was ich fühle?" fragte Zeke, seine Stimme leise, aber scharf wie ein Messer.

„Oh, ich verstehe es besser, als du denkst", erwiderte Eos kühl. „Ich weiß, wie es ist, jemanden zu verlieren, der einem mehr bedeutet als alles andere. Es war dein Urteil, das mich dazu gezwungen hat, Zeke. Du hast mir damals alles genommen. Jetzt ist es an der Zeit, dass du es selbst erlebst."

Ich beobachtete Zeke genau. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, und ich konnte sehen, wie seine Magie sich immer mehr um ihn sammelte, bereit, entfesselt zu werden. Doch er atmete tief ein, ein Anzeichen dafür, dass er kämpfte – nicht gegen Eos, sondern gegen sich selbst.

„Es geht nicht um Cassy, nicht wahr?" sagte Zeke, seine Stimme immer noch ruhig. „Es ging nie um sie. Sie war nur ein Mittel zum Zweck. Was du wirklich willst, ist mich zerstören."

Eos lachte leise. „Vielleicht. Oder vielleicht will ich nur, dass du verstehst, was du mir angetan hast. Du hast mir mein Leben genommen, meine Liebe. Und wofür? Für eine Lüge, die du allen verkauft hast, um dein eigenes Gewissen zu beruhigen."

Ich spürte, wie mein Magen sich zusammenzog. Diese Worte waren wie eine Klinge, die in die Vergangenheit schnitt, in die Entscheidungen, die wir damals getroffen hatten. Entscheidungen, die ich nicht hinterfragt hatte, weil ich dachte, sie seien notwendig.

Zeke trat einen Schritt vor, sein Blick starr auf Eos gerichtet. „Ich bereue nichts von dem, was ich getan habe", sagte er, seine Stimme nun lauter. „Aber ich bereue, dass ich dich damals nicht gestoppt habe, als ich noch die Chance hatte."

Achtsam jammern mit dem Osterhasen | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt