Achtsam jammern mit dem Osterhasen | Eine Julien Bam FF

Traumhafte Realität

Die Korridore des Hotels lagen still und verlassen, nur meine Schritte hallten leise wider. Klaus und Rhun waren nirgends zu sehen, und auch die nervtötende Drachendame hielt sich vorerst aus meiner Nähe. Endlich Ruhe.

Rhun hatte nie verstanden, wie einfach er zu durchschauen war. Seine Art, Dinge „sicher" zu verstecken, war so vorhersehbar, dass ich kaum überlegen musste, wo er alles aufbewahrt hatte, was er mir irgendwann abgenommen hatte. Der Raum, in dem er seine Tränke und Zutaten hortete, lag am Ende eines kaum genutzten Ganges.

Die Tür quietschte leise, als ich sie öffnete, und schon schlug mir ein vertrauter Geruch entgegen – abgestandenes Kräuterzeug, vergorene Flüssigkeiten und das leise, säuerliche Aroma von Staub. Der Raum war ein Chaos. Überall stapelten sich Zettel, Flaschen, und verstaubte Zutatenreste. Irgendwo zwischen all dem befand sich mein Ziel.

Ich schnaufte. „Typisch Rhun. Vielleicht sollte er weniger Zettel beschreiben und mehr aufräumen."

Mit einem Ruck fegte ich alles von dem großen Tisch in der Mitte des Raumes. Flaschen krachten zu Boden, Glas splitterte, und ich trat unbeirrt auf die Scherben, während ich mich weiter umsah. Eine kleine Maus blinzelte mich verschlafen aus einem Regal an und verschwand quietschend in irgendeinem Loch.

„Irgendwo muss es sein," murmelte ich und begann, die Regale zu durchsuchen. Das meiste davon war ohnehin mein Kram – Zutaten, die ich gesammelt, Rezepte, die ich zusammengestellt hatte. Rhun hatte mir alles abgenommen, als er glaubte, der Wahnsinn hätte endgültig von mir Besitz ergriffen. Lächerlich. Ich hatte die Sachen nie wirklich vermisst, schließlich hatte ich dadurch endlich Platz gehabt, um mir einen Billardtisch zuzulegen.

Doch jetzt brauchte ich sie wieder. Ich wollte träumen.

Endlich fiel mir das Buch in die Hände. Ein altes Ding, der Einband abgegriffen, die Seiten vergilbt. Ich schleuderte es auf den Tisch und schlug es auf, bis ich bei dem Kapitel angekommen war, das ich suchte

Ich blätterte durch die staubigen Seiten des Buches, während die Umgebung um mich herum in ein Meer aus Chaos versank. Rhun hatte wirklich ein Talent dafür, alles zu verstecken – und noch mehr, dafür, nichts aufzuräumen. Zwischen den Notizen und Scherben auf dem Boden hätte wahrscheinlich selbst eine Ratte keinen Überblick behalten. Apropos Ratte – ich schielte zu der schlafenden Maus im Regal. „Wenigstens schläfst du gut, du Mistvieh."

Das Buch knarrte in meinen Händen, als ich weiterblätterte.
„Liebestränke, Heiltränke, Sinnlosetränke ..." Ich verdrehte die Augen, bevor ich endlich fand, was ich suchte. „Da! Schlaftränke!"

Mit einem Ruck zog ich das Buch zu mir heran und las.

„Baldrianwurzel", stand da. Beruhigt die Nerven und fördert sanften Schlaf.
„Baldrian ... riecht wie ein toter Dachs, aber meinetwegen." Ich sah mich um und entdeckte eine kleine, eingestaubte Schachtel voller getrockneter Wurzeln. Die Dinger stanken tatsächlich wie die Hölle. Ich schob sie zur Seite.

„Hopfenblüten" – fördert Entspannung, wird bei Schlaflosigkeit eingesetzt.
„Hopfen? Also das Zeug aus Bier?" Ich schnaubte. „Kein Wunder, dass Rhun immer behauptet, er trinke nur wegen der 'heilenden Wirkung'." Ich griff nach einem kleinen Säckchen mit verblassendem Etikett. „Hopfen – check."

„Lavendelblüten" – beruhigt den Geist, lindert Ängste.
„Lavendel ... riecht zwar besser, aber hilft wohl nur, wenn man nicht gerade verrückt ist. Ich wette, das Zeug ist zu schwach für mich." Trotzdem schüttelte ich einen ordentlichen Haufen der lila Blüten auf den Tisch.

„Kamille" – eine der bekanntesten Pflanzen für Schlaf und Entspannung.
„Kamille. Natürlich. Dieser Oma-Tee für schlaflose Babys." Ich zog eine lose Teedose hervor und riss sie auf. Die Blüten rieselten heraus. „Na gut, du kommst auch mit rein."