Kap. 4 - Training

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Mit der aufgehenden Sonne im Rücken öffne ich die Tür der kleinen Holzhütte. Im Licht sehe ich den Staub zu Boden tanzen.

„Du hast dich also entschieden." erklingt die ruhige Stimme Yivons. Ich nicke entschlossen. Ich bin bereit alles zu tun, um diese Welt zu retten. Ich setze mich zu Yivon an den Tisch und warte, bis er mit dem Frühstück fertig ist. Anschließend führt er mich auf eine kleine ruhige Lichtung im Wald. Yivon setzt sich auf den Boden. Ich folge seinem Beispiel und setze mich im Schneidersitz ihm gegenüber.

„Damit die Formel zum Einsetzen der Steine und danach zum Freisetzen der Formel wirkt, musst du eine neue Art der Magie erlernen. Und dafür bringe ich dir eine Art Grundformel bei, die bewirkt, dass sich lediglich eine schwarze Magiekugel in deinen Händen bildet. Doch viel wichtiger ist, dass du dadurch lernst unabhängig deiner Gefühle zu handeln. Wenn du die Grundformel sprichst, werden Bilder dich durchfluten. Es können Szenen der Vergangenheit oder auch nur Einbildungen sein. Diese Bilder und Szenen sollen dich ablenken und deine Gefühle hervorrufen, damit du die Formel nicht anwenden kannst. Egal was du siehst du darfst nicht darauf eingehen! Selbst wenn deine Freunde neben dir getötet werden, darfst du keine Regung zeigen!" Yivons Stimme wird immer eindringlicher und voller Nachdruck spricht er die letzten Worte aus. Ich beginne zu verstehen, halte seinem Blick jedoch stand.

„Bei dieser Formel bist du dem Wahnsinn gefährlich nahe." schließt er. Einige Augenblicke ist es Totenstill und wir schauen uns nur gegenseitig an.

„Wie lautet die Formel?" Obwohl ich Angst habe, bin ich fest entschlossen die Formel zu erwähnen.

„Arrek sterum ferrisch lokem." Ich wiederhole die Worte bis ich mir sicher bin, dass ich sie kann. Dann gehe ich zu einem Baum, lehne mich an den Stamm, schließe die Augen und beginne die Formel immer und immer wieder zu sprechen. Ein Singsang erfüllt die Lichtung. Vor meinen geschlossenen Augen erscheinen Bilder...

Ich befinde mich auf einem Schlachtfeld. Ich sehe meine Freunde. Die Szene kommt mir bekannt vor, doch ich kann mich nicht mehr erinnern was an diesem Ort geschah. Dann sehe ich ihn und die Erinnerung kehrt zurück. Wenige Meter vor mir auf einem kleinen Hügel steht Justin. Justin Law. Er wurde mit 13 die jüngste Death Scythe. Mein bester Freund und heimliche Liebe. Nun weiß ich, dass ich den Tag wiedererlebe, der mich am tiefsten getroffen hat. Er steht mit dem Rücken zu mir. Und obwohl ich weiß, dass es sinnlos ist schreie ich ihm zu, warum er denn nichts unternehme seine Kameraden zu retten. Daraufhin dreht Justin sich um. Als ich sein Gesicht sehe, weiten sich meine Augen. Unfähig mich zu bewegen, oder auch nur zu denken, starre ich nur in sein Gesicht. Er lächelt auf eine Art, wie ich es nie gesehen hatte. Aus seinen Augen spricht der Wahnsinn. Was war nur aus dem treuen Untergebenen Shinigamis geworden? Aus seiner unerbitterlichen Bewunderung und Anbetung des Todegottes? Mit einer irren Geschwindigkeit kommt Justin auf mich zu. Er will mich angreifen, doch ich kann mich nicht bewegen. Wie auch damals blockt Kilik den Angriff ab, während Kid mich wegschleift. Ich habe den Befehl zum Rückzug nicht gehört...

...Das Bild verändert sich. Ich hänge an einer Wand. Meine Hände stecken in Handschellen über meinen Kopf gestreckt. Spitze Kanten stechen mir in den Rücken. Ich bin in einer dunklen Zelle. Ich spüre die Anwesenheit weiterer Personen. Langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit. An den anderen Wänden hängen Maka, Soul, Kid, Liz und Patty.

„Ah unser Dornröschen ist aufgewacht. Dann könne wir das Verhör ja beginnen." Ich kann den Sprecher nicht erkenne. Seine Stimme kenne ich ebenfalls nicht.
„Was für ein Verhör?"
„Die Fragen stelle ich Kleine und für alles was du sagst und mir nicht gefällt werden deine kleinen Freunde hier büsen. Also wo ist er?"

„Wen meinst du?"

„Schade falsche Antwort." Ich höre einen Knall und dann einen Schrei von Maka.

„Lass sie!" Ich höre Soul an den Ketten zerren.

„Antworte Mädchen!" sagt die Stimme ungeduldig.

„Ich weiß nicht wen du meinst!" schreie ich über Makas Schreie hinweg, der von einem weiteren Knall ausgelöst wird.

„Wir wissen nichts!" schaltet sich Kid ein. Zur Strafe wird auch er geschlagen. Immer wieder schreien wir, dass wir nicht wissen, wen er meint doch der Peiniger hört nicht auf. Nach und nach werden alle meine Freunde gepeinigt. Nur ich werde verschont. Tränen laufen mir über die Wangen und in meinen Ohren klingen nur die Schreie der anderen wieder. Dann schwinden meine Sinne und alles wird schwarz. Es kommt mir vor als hätte ich eine Ewigkeit geschlafen als ich einen leisen Singsang vernehme. Es dauert lange bis ich begreife, dass es meine Stimme ist, die immer noch die Formal spricht. Dann höre ich noch jemanden meinen Namen rufen.

„Fyneia. Wach auf. Fyneia...

Langsam öffne ich die Augen. Der Singsang hat aufgehört. Ich spüre kalten Schweiß auf meiner Haut. Salzige Tränen rinnen stumm meine Wangen hinunter. Dem Stand der Sonne zu Urteile ist es jetzt Mittag, was bedeuten würde, dass ich etwa 3 Stunden in den Bildern gefangen war. Mein Atem geht schnell. Zu schnell für meinen Geschmack und ich atme mehrmals tief durch.

„Ich frage lieber nicht was du gesehen hast." Erleichtert setzt sich Yivon wieder vor mich. Da ich nichts sage, ergreift er wieder das Wort.

„Noch kannst du aufhören. Ich weiß wie belastend diese Formel ist und..."
„Nein!" unterbreche ich ihn.

„Ich werde diese Formel erlernen. Es war das erste Mal. Jetzt weiß ich, was auf mich zu kommt." Entschlossen schaue ich ihn an. Yivon seufzt sagt aber nichts dazu.

Beim zweiten Mal erlebe ich noch einmal, wie Justin entstellt wird. Es geschieht wieder auf einem Schlachtfeld. Ein Feuerangriff trifft Justin direkt. Ich denke erst, er wäre tot, doch dann tritt er wieder aus den Flammen heraus. Seine linke Gesichtshälfte ist vollkommen abgebrannt, so dass sie wie ein Totenschädel aussieht. Doch das seltsamste ist, dass sein Gesicht und seine linke Schulter immer noch brennen. Den ganzen Tag schlage ich mich durch solche Bilder. Sie scheinen so wirklich. Aber ich gebe nicht auf und versuche es immer wieder. Als es schon fast dunkel ist, gehe ich mit Yivon in dessen Hütte, wo ich etwas esse und die Nacht verbringe. Gleich nach dem Frühstück beginne ich mit dem Training. An diesem Tag kommen mir die Bilder nicht mehr so grausam vor, wie am Vortag und ich schaffe es einen schwarzen Schimmer in meinen Händen zu bilden. Mit neuem Mut mache ich weiter. Meine Seele an einem Abgrund. Verdammt nah dran hinunterzufallen...


Die Acht - Soul Eater FF (abgebrochen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt