Pov Fips
Ich saß wieder an Rhuns Schreibtisch. Der Tisch war viel zu groß für mich, doch das störte mich nicht – inzwischen fühlte er sich fast wie meiner an. Azhar sammelte die getrockneten Seiten, die ich beschrieben hatte, und stapelte sie ordentlich. Er war gewissenhaft wie immer.
Meine Füße lagen lässig auf der Tischkante, und in meinen Händen hielt ich Cassys Notizbuch. Die alte, abgegriffene Hülle fühlte sich vertraut an, obwohl ich sie erst vor Kurzem zum ersten Mal berührt hatte. Ich blätterte gedankenverloren darin herum, die Seiten raschelten leise.
„Wir sollten eine Pause machen", gähnte Azhar, bevor er sich kurzerhand auf meinen Schoß setzte.
Ich grinste, als ich auf eine bestimmte Seite stieß. „Ich weiß noch genau wie sie damals vor mir stand das erste Mal, bereit mich mit dem Staubwedel zu erschlagen" erzählte ich lachend.
Azhar kicherte. „Das klingt wirklich chaotisch." Er beugte sich vor, um die Stelle mitzulesen. „Was steht da noch?"
„Nur, wie wir uns in der Bibliothek begegnet sind", murmelte ich und schmunzelte. Es war eine meiner Lieblingsstellen. Ich konnte es immer noch vor mir sehen: wie sie plötzlich vor mir stand, wütend, mit diesem albernen Staubwedel in der Hand.
„Hm?" Azhar legte den Kopf schief und zeigte auf einen Absatz. „Was ist mit diesem alten Buch, von dem sie hier schreibt?"
Ich runzelte die Stirn und las die Stelle erneut. "Dieses eine Buch, das mir schon am Morgen durch den Kopf gegangen war", stand da in Cassys geschwungenen Buchstaben.
„Keine Ahnung", sagte ich und zuckte die Schultern. „Da waren doch so viele alte Bücher in der Bibliothek. Was soll daran besonders sein?"
Azhar ließ nicht locker. „Und wenn es das Buch ist, durch das du damals in die Bücherei gestürzt bist?" Seine Stimme war voller Neugier.
Ich hielt inne, während die Erinnerung mich wie ein kalter Windstoß traf.
Damals, an diesem dämlichen Strand, war ich durch eines der alten Bücher in diese ganze verrückten Raum voller Buchstaben gestürzt. Doch das war ewig her, und ich hatte nie darüber nachgedacht, welches Buch es tatsächlich gewesen sein könnte. Cassy hatte es nie erwähnt – bis jetzt.
„Meinst du wirklich?" fragte ich zögernd.
Azhar nickte eifrig. „Vielleicht wusste sie, was es war. Vielleicht hat sie es gefunden und deswegen darüber geschrieben."
Ich klappte das Notizbuch vorsichtig zu und starrte auf die alte, abgegriffene Oberfläche. Wenn Azhar recht hatte, könnte dieses Buch mehr Antworten liefern, als ich erwartet hatte.
„Wir sollten es suchen", sagte er leise, fast verschwörerisch.
Ich nickte langsam. „Ja, das sollten wir. Aber ..."
„Aber was?" fragte Azhar, seine Augen funkelten vor Erwartung.
„Was, wenn wir nicht mögen, was wir finden?"
Azhar legte seinen kleinen Kopf gegen meine Brust und murmelte: „Das Risiko musst du eingehen, Fips. Du bist doch der mutigste von uns."
Seine Worte brachten mich zum Lächeln, aber innerlich spürte ich eine leise Unruhe. Was war das für ein Buch, das Cassy so wichtig war, dass sie es in ihrem Tagebuch erwähnte?
Ich wusste, dass ich die Antwort darauf finden musste – egal, wie sehr es mich beunruhigte.
„Aber wo sollten wir suchen?" fragte ich und kratzte mich nachdenklich am Kopf. Der Raum, in dem wir uns befanden, wimmelte nur so von Büchern. Es war unmöglich, auf Anhieb das richtige zu finden. „Wie sollen wir da die richtige Buchstaben-WG finden?"
Azhar kicherte über meine Formulierung, ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen. „Das weiß ich auch nicht. Hat sie es näher beschrieben?" fragte er und ließ seine Finger flink über die Zeilen in Cassys Notizbuch fliegen.
„Hier steht nur, dass es ein dunkles, brüchiges Cover hatte", murmelte ich, während ich selbst in den alten Einträgen blätterte.
„Aber warte mal, Fips, lies mal diese Stelle!" Azhar zeigte mit seinem kleinen Finger auf eine Passage, die ich zuvor übersehen hatte.
„Und während ich das alte Buch vorsichtig aus dem Karton nahm und es mir ansah, konnte ich nicht ahnen, dass ich gerade dabei war, die Grenze zwischen Realität und etwas weit Größerem zu übertreten," las ich laut vor.
Azhar sah mich mit leuchtenden Augen an. „Das klingt doch sehr danach, dass sie diesem Buch zutraut, dass es dich zu ihr gebracht hat!" sagte er mit Nachdruck.
Ich seufzte, schloss das Notizbuch und schwang meine Beine vom Tisch. „Also gut, dann suchen wir es. Aber ... sollten wir den anderen Bescheid sagen, bevor wir verschwinden?"
Azhar sprang von meinem Schoß und schüttelte den Kopf. „Wir werden doch nicht lange weg sein," sagte er optimistisch.
Ich hob eine Augenbraue. „Wir holen also die Buchstaben-WG und kommen direkt wieder her?"
Azhar nickte entschlossen. „Ganz genau. Der Plan gefällt mir!"
Ich grinste schwach und rieb mir den Nacken. Es fühlte sich nicht nach einer einfachen Aufgabe an, aber ich konnte mich Azhar gegenüber nicht querstellen.
„Na schön", murmelte ich und schnappte mir mein Cape von der Stuhllehne. „Aber wenn wir länger brauchen, und Rhun uns nicht finden kann, dann bist du derjenige, der ihm die Sache erklärt."
Azhar zuckte lässig mit den Schultern. „Deal."
Wir traten zusammen aus dem Arbeitszimmer, das Notizbuch fest in meiner Hand. Der Raum lag still und geheimnisvoll hinter uns, doch in mir wuchs eine seltsame Vorfreude.
„Wo fangen wir an?" fragte Azhar leise, als wir den Flur entlanggingen.
„Am Anfang", antwortete ich. „Immer am Anfang."
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Heute mal nur ein kleines Kapitel, da ich echt müde bin.
Aber hey, 172 Follower hier! Ich komm da gar nicht drauf klar <3
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Achtsam jammern mit dem Osterhasen | Eine Julien Bam FF
FanfictionKeine Panik, Leute - das hier wird kein Buch über Achtsamkeit. Ich weiß, der Titel klingt, als ob gleich Meditations-Tipps und Rezepte für Smoothies folgen würden. Keine Sorge, hab selbst keine Ahnung von dem Zeug. Aber irgendeinen Titel musste das...