Kapitel 9 - Kälte überall...

106 10 1
                                    

Manchmal kann es um dich herum 40°C heiß sein und doch frierst du, weil niemand dein Herz erwärmt...

Annabell's POV
Endlich kam ich zu Hause an. Zitternd versuchte ich mühevoll meinen Reißverschluss der Jacke zu öffnen und hing sie auf. "Mum?", rief ich. Keine Antwort... Wo kann sie nur sein? "Mum?", rief ich etwas lauter. "Spätzchen, was machst du denn schon hier?", fragte Mum überrascht, als sie mit einem Kaffee in der Hand aus der Küche kam. "Ich habe es versucht, aber ich bin noch nicht bereit.", schluchzte ich und begann zu weinen. "Spatz, aber du kannst doch nicht die ganze Zeit fehlen. Ich mache doch auch meine Arbeit.", sagte sie etwas vorwurfsvoll. "Ja, du verschanzt dich in deinem Büro und flüchtest in deine Arbeit.", sagte ich wütend und stieg dabei aus meinen Sneakern. "Was?", fragte sie wütend. "Du bist seit Oma und Opa weg sind nicht einmal aus deinem Büro gekommen. Das ist jetzt das erste mal wieder, dass ich dich zu Gesicht bekomme.", sagte ich gereizt. Ich verstand nicht, warum ich plötzlich so wütend war. Es war einfach alles zu viel. Sie schnaubte. "Entschuldige Mum, ich wollte dich nicht anschreien. Es ist einfach alles zu viel.", murmelte ich, bevor sie mich anschreien konnte. Mum ist zwar die Beste, aber streiten sollte man mit ihr nie. Sie hasst es und findet es respektlos von mir. Sie funkelte mich böse an. "Glaube mal nicht, dass es sich damit hat. Gehe in dein Zimmer und denk über dein respektloses Verhalten nach.", meinte sie ernst und zeigte mit ihrem Zeigefinger auf die Treppe. Ich bin kein Kleinkind... Wütend stapfte ich die Treppe hoch und vergrub mich in meinem Bett. Warum ist das Leben so unfair? Der Tag kann echt nicht beschissener werden... Erst diese scheiß Blicke von allen und dann Samantha's toller Auftritt in der kurzen Pause... Was fällt ihr eigentlich ein? Kann sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Wie konnte ich nur Jahre lang blind mit ihr befreundet sein? Ich bin so ein Idiot... Ich zog die Decke über meinen Kopf und begann zu weinen. Plötzlich klopfte es an der Tür. "Ich bin nicht da.", sagte ich schnell und unterdrückte ein Schluchzen. Ich hörte das leise Knarren meiner Tür und dann die Schritte einer Person, die auf mein Bett zu lief. Ich will jetzt nicht reden... "Spatz, es tut mir leid. Ich habe überreagiert.", sagte Mum und setzte sich auf mein Bett. "Ich habe dir einen Kakao gemacht und dir paar Kekse mit hoch genommen.", sagte sie liebevoll und zog mir die Decke vom Gesicht. "Ach Spatz, vergeude nicht deine ganzen Tränen.", murmelte sie und drückte mich an ihre Brust. Nach dieser kurzen Umarmung ließ sie mich in meinem Zimmer zurück und wieder war ich allein. Ich setzte mich auf und lief zu meiner Fensterbank. Sie war breit genug, dass man auf ihr sitzen konnte. Also kuschelte ich mich dort mit meiner Decke, dem Kakao und den Keksen ein. Abwesend schaute ich hinaus in die graue Welt. "Was ist da draußen denn spannendes?" Harry's Stimme kam mir in den Sinn. Harry... Der Junge, in den ich hinein gelaufen bin... Er war wirklich total nett und dieses komische Gefühl, von dem er sprach. Dieses Gefühl mich schon ewig zu kennen und anders herum das Gefühl ihn ewig zu kennen... Irgendwie war das komisch zwischen uns. Ich habe ihn innerhalb von wenigen Minuten so lieb gewonnen, obwohl ich ihn gar nicht kenne. Doch trotzdem sagt mein Gefühl das Gegenteil. Vertieft in meinen Gedanken schlürfte ich meinen Kakao, als plötzlich mein Handy vibrierte. Wer kann jetzt was von mir wollen... Ich streckte mich, um an meinen Schreibtisch heran zu kommen und griff nach meinem Handy. Schnell entsperrte ich es und las die Nachricht:
Geht es dir besser? , Harry
Ich lächelte. Macht er sich Sorgen? Schnell antwortete ich ehrlich:
Nicht wirklich...
Ich weiß nicht warum, aber bei ihm wollte ich das erste Mal seit einer Woche ehrlich auf die Frage antworten. Ich trank einen Schluck von meinem Kakao und schaute auf mein Handy. Es vibrierte.
Kann ich irgendetwas tun, damit es dir besser geht?
Ich lächelte. Er ist süß...
Ich weiß nicht...
Kennst du das Gefühl, dass dir kalt ist, obwohl es warm ist, dass es sogar 40°C sein könnte und du trotzdem frierst?
Ich hoffe, er versteht, was ich meine. Denn genau das empfinde ich überall um mich herum, KÄLTE... Ich zog die Decke etwas höher und wartete neugierig auf seine Antwort. Mein Handy leuchtete auf.
Nur zu gut :(
Andere Frage, wollen wir heute Mathe lernen, um dich etwas abzulenken? :)
Hmm... Ich habe nicht wirklich Lust, aber anderseits kann ich Ablenkung gerade ganz gut gebrauchen. Ich kann ja auch nicht den ganzen Tag auf der Fensterbank sitzen und vor mich hin vegetieren... Ich schmunzelte bei dem Gedanken hier zu vergammeln und begann zu tippen.
Ja gern. :)
Wo denn?
Keine zwei Sekunden später leuchtete mein Handy auf.
Eindeutig bei dir.
Etwas irritiert schrieb ich zurück.
Ok :D
Ich wohne Blütenweg 10. Ist nicht schwer zu finden.
Warum sollen wir uns unbedingt bei mir treffen? Vielleicht hat er Stress mit seinen Eltern... oder... Es war doch sein erster Schultag heute... Wahrscheinlich sind sie hergezogen und sie müssen noch alles einräumen und einrichten.
Mein Handy leuchtete auf.
Danke :)
Ich bin um drei Uhr bei dir. Freue mich
Ich lächelte. Er ist der Einzige, der mich seit letzter Woche zum Lächeln bringt...
Ok
Ich mich auch :)
Ich legte mein Handy weg und trank meinen Kakao auf.

Do you rescue me? (Harry ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt