59. Empathie

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Ich hielt mir den Kopf, wo war ich? Mein Gesicht pochte vor Schmerzen, ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.

Ich schaute mich langsam um, ein dunkler Raum, und nur wenige Meter vor mir eine große schwere Tür, von der Seite schien Licht durch die Halterung. Verdammt Ezra, was ist nur passiert? Ich wollte doch nur bei dir sein.

Ich wusste dass ich zu naiv war, trotzdem habe ich nicht aufgehört. Ich wusste, dass ich mich in Gefahr bringen würde, trotzdem war es, es mir wehrt, um bei dir bleiben zu können.

Aber jetzt? Wir waren getrennt und seine Organisation dachte ich hätte ihn verraten. Ob mir irgendwer glauben würde. Ich zweifelte es stark an.

Ich setzte mich auf und lehnte mich gegen die Wand hinter mir, ich war immer noch benebelt und durch mein schmerzenden Kopf war ich sehr langsam.

Ich schaute nach rechts und links, nach oben, nach unten, vor mir, hinter mir. Nichts. Ich fand keine Antwort auf dieses Disaster.

Das Chloroform hatte ich an seinem süßen Geruch erkannt, woraufhin sich schließen ließ, dass ich noch nicht lange hier war. Was als Nächstes wohl passieren würde?


Eine gefühlte Ewigkeit saß ich jetzt hier schon und betete dafür, dass alles nur ein Traum gewesen war. Die Sorgen um Ezra ließen mir keine Ruhe, nichts dagegen tun zu können machte es um etliche Male schlimmer.

Plötzlich hörte ich, wie jemand die Tür aufschloss. Herein kam Evelin, sie schenkte mir einen emphatischen Blick. „Tut mir leid, dass meine Männer dich so zugerichtet haben, hier ist etwas zutrinken für dich. Ich hole dir neue Klamotten und dann reden wir zwei, ja?" sagte sie und ich nahm dankend an.

Zum Glück, ich hatte schon Angst, ich würde hier Tage verbringen müssen. Evelin sah mir zu, wie ich das Glas austrank und nahm es dann wieder mit. Hoffentlich konnten wir jetzt alles klären, einen Plan machen, um Ezra zu retten und ich könnte den ganzen Scheiß hinter mir lassen.

Kurz darauf überkam mich allerdings eine große Übelkeit, meine Sicht wurde schwammig, und ich konnte kaum noch einen Gedanken fassen. Kurz darauf kippte ich zur Seite weg.


Als ich ein weiteres Mal zu mir kam, musste ich feststellen, dass sich an meiner Situation nichts geändert hatte, außer dass ich jetzt noch benommener war als vorher.

Diese Schlampe hatte mir Betäubungsmittel verabreicht und ich war auch noch so dumm ihrer Gutmütigkeit Glaube zu schenken. Jetzt konnte ich mir sicher sein, dass keiner mir glauben würde.

Plötzlich überkam mich wieder diese Übelkeit und nur einen Moment später musste ich mich übergeben. Ich hatte allerdings nicht die Kraft, mich von meinem Erbrochenen zu entfernen, weshalb ich meinen Oberkörper einfach in die andere Richtung fallen ließ.

Eine Weile lag ich dort nun, versuchte mir vorzustellen, wie ich Evelin die Wahrheit beibringen könnte. Ich war mir aber nicht mal sicher, ob ich das überhaupt schaffen könnte.

Es klang auch einfach zu absurd, dass ich meine Arbeit bei der Polizei aufgegeben hatte, nur um mit einem Kriminellen durch zu brennen. Das konnte in den Augen anderer einfach keinen Sinn machen.

Viel einleuchtender schien es für sie, dass ich das Ganze nur vor getäuscht hatte, um Ezra hinter Gitter zu bringen. Ich konnte es nachvollziehen, trotzdem tat es weh, wenn die Welt so von einem dachte.

Irgendwann öffnete sich wieder die Tür. Mittlerweile hatte ich mein Zeitgefühl komplett verloren. Ich wusste nicht, wie lange ich schon hier war, wie spät es war und wie lange ich bewusstlos gewesen war.

Diesmal trat aber nicht Evelin ein, sondern einer der Männer, mit welchen ich heute zu dieser Übergabe gegangen war. Er hatte schwarze, kurze Haare, war groß und breit gebaut.

Sein aggressiver Blick ließ es mir kalt den Rücken runter laufen. Ich konnte mir schon denken, was jetzt passieren würde und genau das geschah auch.

Er packte mich grob an meinem Kragen und schlug mir mit der geschlossenen Faust mehrmals ins Gesicht. „Wie konntest du Ezra nur so hintergehen? Wir alle haben ihn lange nicht mehr so glücklich gesehen, aber die scheiß Bullerei hat von sowas natürlich keine Ahnung. Sobald einer nicht nach euren Regeln spielt, hat das Wort Empathie keine Bedeutung mehr für euch Schweine!" brüllte er mich an, und wieder einmal schlug er mich.

„Nein, bitte du musst mir glauben, ich habe damit nichts zu tun. Ich schwöre es dir! Ich schwöre auf mein Leben, dass das das letzte war, was ich wollte!" flehte ich ihn an. Bitte glaub mir doch.

„Im Lügen seid ihr verdammt gut. Allerdings solltest du nicht so mit deinem Leben spielen." lachte der Mann ironisch und schmiss mich zurück gegen die Wand.

Durch den festen Aufprall zwischen der Wand und meinem Hinterkopf verlor ich fast noch mal das Bewusstsein. Aber ich versuchte standhaft zu bleiben, für Ezra. Ich wollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass ich in diesem Moment nichts für ihn tun könnte.

Eine ganze Weile lag ich an der kalten Wand. Ich hatte solche Schmerzen, dass ich mich kaum bewegen, noch klar denken konnte.

So hatten sie es natürlich leicht mich festzuhalten, wenn ich weder körperlich noch geistig in der Lage war mich zu wehren.

Meine Gedanken waren nur noch bei Ezra, die letzten zwei Tage waren so unglaublich schön gewesen mit ihm und jetzt dachte er ich hatte ihn verraten. Ich wollte schreien und weinen, ich war so verzweifelt.

Gott, es war eine so dumme Idee auf mein Herz zu hören. Ich war so ein verdammter Idiot. Klammerte mich ans erste Glück, was ich finden konnte und war ohne Anhaltspunkte der festen Überzeugung, dass alles gut gehen würde...

Ich hatte es verdient so zugerichtet zu werden. Schließlich war ich an dieser Situation schuld. Ich war einfach ein verdammt naives Arschloch.

Vielleicht hatte der Geheimdienst mich beobachtet und ich hatte es nicht einmal bemerkt. Endlich wusste ich, was es hieß blind vor Liebe zu sein. So viel Selbsthass hatte ich schon lange nicht mehr gespürt, aber jetzt kam alles wieder hoch.

Mir liefen Tränen über die Wangen, aber ich hatte nicht einmal die Kraft richtig zu weinen. Meine Liebe war einfach nicht genug gewesen, warum immer ich das jemals gedacht hatte.

Verdammt Ezra, es tut mir so unglaublich leid. Aber es war zu spät. Könnte ich ihm nur wenigstens sagen, dass ich ihn nicht verraten hatte, dann könnte ich in Frieden sterben. Aber er durfte nicht bis zum Ende seiner Tage denken, dass ich ihn verraten hatte. Es durfte einfach nicht sein.

Ein Leben ohne Gesetze (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt