61. Schmerzen

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Hustend wachte ich wieder auf. Hatte ich gerade Blut gehustet? Ich schmeckte es klar und deutlich. Hatte man mich geschlagen, als ich bewusstlos war?

Ich schaute mich um, eine Weile klebte mein Blick an der Tür, durch das Licht um sie herum, sah es aus wie der Eingang zum Himmel. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass ich bald erlöst werden würde?

Ich schüttelte den Kopf, wodurch mir direkt schwindelig wurde. Ich kroch zurück in meine Ecke, dort fühlte ich mich sicherer. Kaum war ich dort angekommen sackte ich wieder in mir zusammen. Was hatte man mir nur verabreicht?


Als ich das nächste Mal aufwachte stellte ich etwas sehr erschütterndes fest. Ist es so Vincent ergangen? Wurde er auch unter Drogen gesetzt und zusammengeschlagen?

Es war nicht unwahrscheinlich, mit dem kleinen Unterschied, dass sie vielleicht keinen direkten persönlichen Hass auf ihn hegten. Ich hoffte es würde ihm besser ergehen.

Ich lag auf dem Rücken und hatte meine Gliedmaßen von mir gestreckt. Am liebsten würde ich mich zusammenkauern, da der Boden so kalt war, allerdings fand ich keine Position, die das ohne Schmerzen zu ließ.

Ich hatte Hunger und mein Mund war trocken. Was wohl schlimmer war, meine körperlichen Schmerzen oder die emotionalen? Ich konnte es nicht sagen. Alles war einfach nur furchtbar. Waren wirklich zwei Tage schon vergangen? Oder meinte sie nur, dass wir uns in zwei Tagen wieder sehen würden? Vielleicht aber auch beides.

Ich würde es nicht mehr herausfinden. Wie es Ezra wohl ging? Ob er auch noch an mich dachte? Liebte er mich noch oder war der Schaden zu groß? Würde er mir verzeihen können, wenn er die Wahrheit wüsste? Würde er mir überhaupt Glauben schenken können? Oder war ich in seinem Kopf mittlerweile abgehakt?

Ich betete dafür, dass es nicht so war. Ich hatte doch für ihn auch eine Bedeutung oder etwa nicht? Sie würden ihn bestimmt irgendwann und irgendwie wiederholen. Aber nach mir würde keiner suchen. Es gab niemanden der mich vermissen würde oder dessen meine Existenz eine Bedeutung hätte.

Was war mit Daniel?... ich überlegte einen Moment. Wahrscheinlich würde er denken, dass er mich nicht mehr interessierte, jetzt wo ich nicht mehr mit ihm arbeitete. Ein schrecklicher Gedanke. Es würde niemand nach mir suchen.

Ich war ein verdammt naiver Idiot. Natürlich war es allein meine Schuld, dass ich hier gelandet war. Und es war auch verdammt nochmal meine Schuld, dass ich niemanden hatte, der mich vermissen würde.

Plötzlich ging die Tür auf. „Hier Wasser für dich." motzte mich jemand an und schmiss mir eine Plastikflasche auf die Brust. Danach schloss die Tür sich wieder.

War das normales Wasser? Sonst hatten sie mir die Betäubungsmittel immer in einem Glas verabreicht. Ich drehte vorsichtig die Flasche auf und tatsächlich war sie vorher ungeöffnet.

Im Endeffekt war es wahrscheinlich auch egal, ich musste was trinken, damit ich nicht bald verdursten würde. Das wussten sie sicherlich auch.

Ich richtete mich vorsichtig auf und nahm den ersten Schluck. Schmecken tat alles normal und die Flüssigkeit fühlte sich verdammt gut an. Es erinnerte mich an die ersten Schlücke nach meinem Koma, es war ein recht ähnliches Gefühl gewesen. Nur dass ich da nicht alleine war.

Wahrscheinlich lag ich hier noch die ein oder andere Stunde, die ich in meinen Gedanken versunken war. Es war nochmal jemand gekommen der mich auf die Toilette begleitet hatte und als ich in den Spiegel geguckt hatte, sah ich, wie getrocknetes Blut an meinem Kinn klebte. Ich hatte wohl wirklich Blut gehustet.

Aber es machte keinen Unterschied mehr. Die neuen Schmerzen ersetzten nur die alten. Es änderte nichts. Um ehrlich zu sein wünschte ich mir, dass sie mich wieder betäuben würden, dann würden wenigstens meine Gedankenkreise unterbrochen werden.

Aber so lag ich rum und versuchte unter den Schmerzen und der Kälte einzuschlafen. Es musste eine halbe Ewigkeit gedauert haben, bis mein Körper nachgegeben hatte.

„Wach auf!" schrie mich plötzlich jemand an und trat mir in den Bauch. Ich stöhnte auf und schaute in das Gesicht des schwarzhaarigen. In seiner Hand ein mir gut bekanntes Glas Wasser.

Ohne etwas zu sagen nahm ich es an und trank es leer. Ich konnte das alles im wachen Zustand nicht mehr ertragen. Der Mann nickte zufrieden, nahm das Glas und verschwand wieder.

Ich wusste nicht, was ich tun sollte, damit das alles aufhören würde. Ich wusste es wirklich nicht. Und wenn ich so etwas Ruhe bekommen würde, dann würde ich das in Kauf nehmen. Ich legte mich wieder hin.

„Bereit zu reden?" wurde ich vom selben Mann wieder geweckt. „Ich hab euch die Wahrheit doch schon gesagt. Ich hab damit nichts zutun gehabt, das war ein verdammt beschissener Zufall." stöhnte ich.

Der Mann packte mich an meinen Armen und schliff mich aus dem Zimmer, ich wollte schreien vor Schmerzen, da er seine Finger so sehr in meine Arme bohrte, aber ich war zu müde.

Ich wurde wieder auf den selben Stuhl in diesem kleinen Büro gesetzt und vor mir saß Evelin. „Du willst immer noch nicht reden?" fragte sie mich. „Ich hab euch alles gesagt was ich weiß. Ich liebe Ezra, ich würde ihm nie etwas Böses wollen." Ich flehte sie an, aber sie schüttelte nur mit dem Kopf.

„Du bist ganz schön hartnäckig, dass muss ich dir wohl lassen. Aber wenn du so auf deine Lüge pochst, dann beweis es mir. Überzeug mich, ich gebe dir die Chance." sie forderte mich auf. Aber ganz ehrlich, ich stand unter Drogen, ich war froh, dass ich sprechen konnte.

„Ihr wisst es doch selber, es sucht keiner nach mir. Wenn ich für den Geheimdienst noch arbeiten würde, würden sie mich dann einfach hierlassen? Und überhaupt hätte ich Ezra nicht geliebt, würde ich dann bei ihm wohnen? Hätten wir zusammen in einem Bett geschlafen? Hätte ich dann Sex mit ihm gehabt!?" Ich weinte und weinte.

Ich vermisste Ezra so sehr, die Drogen waren das einzige, was das Ganze mir nicht zu Kopf steigen ließ. Zumindest nicht so sehr, wie in diesem Moment.

„Du denkst doch nicht etwa, dass deine Geheule etwas ändern wird? Was fällt dir überhaupt ein so noch über Ezra zu reden, nachdem was du ihm alles angetan hast?" fragte sie mich erbost.

Sie hatten einen ihrer besten Männer verloren, ja. Aber ich hatte meinen Partner verloren, mein Fels in der Brandung. Mein Licht, meine große Liebe und die Hoffnung darauf, dass alles gut werden würde.

Aus dem Nix rammte einer der hinter mir stehenden Männer wieder eine Spritze in den Arm und ich musste vor Schmerzen aufschreien. Es tat so verdammt weh.

„Fragt Ezra doch. Befreit ihn, wo auch immer er ist und fragt ihn!" schrie ich, während ich nicht mehr aufhören konnte zu weinen. Kurz darauf kippte ich nach hinten weg.

Ein Leben ohne Gesetze (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt