Helene Fischer - Das wahre Ich

Totale Kontrolle

Die Frau von Peter brachte uns kleine Schnittchen und etwas zu trinken. Wir plauderten alle, bis ich mich kurz hinter das Haus in den Schatten setzte, um alleine zu sein. Ich war ziemlich müde und brauchte kurz Zeit für mich, doch plötzlich wurde ich, wie von Magie, durch den Hintereingang in das Haus gezogen. Meine Füße gingen wie Roboterteile auf die Tür vom Keller zu, meine Hände erhoben sich automatisch und drückten die Klinke herunter, um die Tür zu öffnen. Ich stieg die Treppe hinab und wurde zu dem Buch geführt, was immer noch so da lag, wie wir es gestern hinterlassen haben. So richtig war ich nicht bei mir, aber als ich vor dem Buch stand, war ich wieder völlig ich.
Vorsichtig nahm ich es in die Hand und schaute es an. Natürlich war ich neugierig und öffnete es – ich blätterte bis auf die Seite, wo ich gestern stehen geblieben war und las sie mir durch. Dort waren wirklich viele Ereignisse, die ich bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatte, beschrieben.
Es wurde mir etwas unangenehmer, doch trotzdem nahm ich weiter Seiten in die Hand und sprang von Seite 27 bis auf Seite 75. Mein Körper fing an unkontrolliert zu zittern, denn die Überschrift vom neuen Kapitel war „Das Jahr 2014 – kann sie das noch toppen? –Ja, denn 2015 naht!".

Ich hatte keine Ahnung, ob es richtig war weiterzulesen, doch meine Neugier war nicht zu stoppen - Ich musste es einfach lesen.

Meine Augen klebten daran, als wäre es der spannendste Krimi der Welt. Mir wurden völlig neue Welten geöffnet. Nie hätte ich mir eine solche Karriere erträumt. Mit jedem weiteren Wort wurde das Buch unrealistischer, denn dass ich mal eine Stadiontournee mache, war in meinen Gedanken einfach unmöglich. Ich redete mir fest ein, dass das Buch einfach nur aus einen unbekannten Grund dort lag und es einmalig gedruckt wurde, nur um mich zu verwirren.
Total versunken in die Seite, spürte ich plötzlich jemanden hinter mir. Florian kam auf mich zu gerannt und schrie: „Lass das Buch los! Sofort. Lies nicht darin!" Er wollte es mir wegnehmen, doch ich konnte es nicht hergeben: „Lass mich" rief ich hektisch.

Wir Beide rissen es fast auseinander, weil er es an der einen Seite gefasst hielt und ich an der anderen. „Nein" sagte Florian etwas ruhiger und zog es mit einem Ruck an sich.
Wie in Zeitlupe konnten wir beobachten, wie es auf den Boden fiel und zu klappte. Ich spürte einen starken Stich im Herzen und fiel zu Boden, dabei schrie ich kurz auf.

Florian lief zu mir und half mir mich aufzusetzen: „Hey, geht's wieder?" „Ja" sagte ich etwas bedrückt „Das ist immer nur für einen kurzen Moment. Immer wenn das Buch zu geht. Florian, ich habe so Angst! Erst dachte ich, dass das alles nicht wahr ist, aber warum kann es mir Schmerzen antun und mich steuern? Ich wurde hier runter geführt, ich bin nicht freiwillig hierhergekommen!" Ein paar Tränen aus Verzweiflung und Schock rollten über meine Wangen.
Gerade als Florian mir helfen wollte, wieder auf die Beine zu kommen, ging die Tür auf und Uwe kam in den Keller. Er schaute uns verwirrt an und fragte: „Ist bei euch alles ok?" Wir nickten und ich putzte mir den Dreck von meinen Hosen: „Ja, ich... ich bin nur ausgerutscht!". Dabei lachte ich leicht.

Wir gingen wieder mit ihm hoch, aber Uwe kam nicht darüber hinweg: „Seid ihr verrückt? Ich denke der Keller ist einsturzgefährdet und man darf nicht darunter?" Wir schauten uns an und Florian dachte sich irgendeine Lügengeschichte aus.
So schnell es ging beendeten wir den Dreh und von Verwirrtheit überwältigt stieg ich auf mein Fahrrad und fuhr los, doch Florian stoppte mich...