Schweißgebadet schnellte Fia in ihrem Bett nach oben und schnappte panisch nach Luft. Im Zimmer der vier war es noch dunkel, die Sonne war noch nicht aufgegangen. Der Wecker auf ihrem Nachttisch zeigte gerade 03:29 Uhr an. Die anderen schliefen noch. Mit zittriger Hand fasste sich Fia anden Kopf und fuhr einmal durch ihre verwuschelten, klatschnass geschwitzten Haare. Ihr Herz pochte so laut, dass sie Angst hatte, die anderen könnten davon wach werden.
„Ein...Traum?"
Ziemlich genau 3 ½ Stunden später erfüllteder schrille Ton von Minais Wecker den Raum und auch die restlichen drei wachten auf. Fia hatte hingegen nicht mal mehr ein Auge zugetan und hatte die ganze Zeit aufrecht sitzend auf ihrem Bett gekauert. Erst später im Unterricht bemerkten ihre Mitbewohnerinnen ihre Müdigkeit. Auf Fragen wie „Hast du nicht gut geschlafen?" oder „Geht's dir gut?" antwortete sie gar nichts, da sie kurz davor stand, wieder einzuschlafen. Selbst Aori, die ja nun schon etwas länger nicht mehr mit ihren Mitbewohnerinnen gesprochen hatte, machte sich Sorgen um Fia und redete schließlich sogar wieder mit Minai und Hanako.
In der 6. Stunde passierte es dann allerdings: Fia konnte die Augen nicht mehr aufhalten und schlief ein. Erst bemerkte es niemand, noch nicht mal Minai und die anderen, die um sie herum saßen. Jedoch schreckte Fia plötzlich ruckartig und mit einem schrillen Schrei auf, was alle in der Klasse dazu veranlasste, sich zu ihr zu drehen. Sie atmete unglaublich schwer, die Augen waren weit aufgerissen, die Pupillen jedoch fast unerkennbar klein.
„Blut... Überall... Blut..." flüsterte sie, während sie geistig abwesend auf ihren Tisch starrte.
Professor Stein schickte sie zusammen mit dem Rest des Chaos-Zimmers nach Hause, damit sie sich ausruhen konnte. Schließlich dachte jeder, sie wäre einfach etwas übermüdet und hätte wegen dem Training und all dem viel Stress. Als die vier dann also in ihrem Zimmer im Wohnheim angekommen waren, wurde Fia von ihren Freundinnen sofort ins Bett geschickt. Dann passierte etwas für die drei unerwartetes: Fia weigerte sich mit Händen und Füßen, wieder zu schlafen und schrie die anderen an: „Nein! Ich will nicht! Wenn ich einschlafe kommen diese Träume wieder! Ich will das nicht! Ich hab Angst! Lasst mich einfach in Ruhe!" Als Aori und Minai versuchten, sie festzuhalten, trat Fia nach ihnen und traf sie auch ein paar Mal unsanft. Es nützte nichts, sie mussten sie loslassen und eine Erklärung bekamen sie auch nicht. So blieb Fia einfach den gesamten restlichen Tag auf ihrem Bett sitzen. Die anderen blieben bei ihr im Zimmer und beobachteten sie hin und wieder, machten aber größtenteils „produktive" Sachen, wie Lernen, Zeichnen oder sowas in der Art. Als sie sich dann um kurz nach 22 Uhr schlafen legten, war Fia immer noch hellwach. Den anderen war das mittlerweile egal, da sie sich sicher waren, sie würde irgendwann so oder so einschlafen und schließlich war es ja auch ihr Problem, wenn sie am nächsten Morgen noch müde war. Fia hingegen fühlte sich verlassen und verraten von ihren Freundinnen, da keine von ihnen sie auch nur im Geringsten unterstützte. Sie versuchte mit aller Kraft, wach zu bleiben, aber das gelang ihr wieder nicht und so fielen ihr um ungefähr 24 Uhr die Augen zu.
Wieder dieser leere Gang in der Schule. Wieder stand Fia ganz allein dort und wieder hörte sie diese Stimmen näherkommen.
„Was wollt ihr?!" schrie sie sie an. Sie war sich völlig bewusst, dass sie gerade träumte und suchte nun nach einem alternativen Ende dieses Traums.
„Aber, aber, wer wird denn gleich so unhöflich werden? Du solltest deinen Platz kennen, du Miststück!" Die Stimmen waren genau so verachtend und sarkastisch wie sonst auch.
„Das hier ist nur ein böser Traum, ihr seid nicht real!" rief Fia selbstbewusst.
„Nicht real? Was ist denn schon bitte real? Real und irreal sind doch reine Ansichtssache, findest du nicht auch? Es ist das gleiche wie mit gut und böse, wie mit wahr und falsch. Ist etwas für dich irreal, so ist es für jemand anderen komplett real. Hast du dir denn nie Gedanken über solche Sachen gemacht?"
„Ruhe! Ich rede nicht von irgendwelchen Lebensphilosophien! Mir geht es darum, dass mein Leben sich komplett verändert hat! Ich werde schon lange nicht mehr gemobbt!"
„Ja, das mag stimmen, aber wird das auch so bleiben? Wie ist denn die momentane Lage bei dir und deinen „Freundinnen"?" Es hörte sich an, als müssten sie sich bei dem Wort „Freundinnen" fast übergeben. „Denkst du wirklich, es wird alles für immer so fröhlich und perfekt sein wie jetzt? Ihr habt Streit, nicht wahr?"
„Das stimmt nicht! Natürlich ist es nicht immer leicht, aber zusammen können wir alles schaffen!" schrie Fia die Stimmen selbstbewusst an.
„Das ist doch alles vollkommener Unsinn! Du willst Macht, die hast du auch! Sie ist zu groß für die anderen. Du brauchst sie nicht! Du brauchst niemanden! Freunde sind Abfall, der dir nur im Weg rumliegt! Wieso sollte man sich an Abfall klammern?! Sieh es ein, egal, was du auch versuchst, dieser Traum wird niemals ein anderes Ende nehmen! Und irgendwann werden alle deine Träume wahr werden!"
Es breitete sich ein wahnsinniges Gelächter aus und der Traum nahm wieder sein übliches Ende.
Fia zitterte am gesamten Körper. Es war ihr egal, wie viel Uhr es gerade war, sie rannte noch in ihrem Schlafanzug zu Steins Labor und klingelte dort sturm, bis eine total verschlafene Frau mit blonden Haaren und einer Augenklappe auf dem linken Auge, ebenfalls im Schlafanzug, die Tür öffnete.
„Kann ich dir irgendwie helfen?" gähnte sie und rieb sich ihr rechtes Auge.
Etwas unsicher, wer die Frau war, fragte Fia: „Ich muss unbedingt mit Professor Stein sprechen!"
Sie hatte die Frau schon öfters in der Schule gesehen, aber ansonsten wusste sie gar nichts von ihr. Ob sie wohl Steins Freundin war? Jedenfalls schaute sie Fia leicht verwirrt an und ließ sie dann rein. Sie führte sie in einen Raum, der wahrscheinlich so etwas wie das Wohnzimmer darstellen sollte. Auch hier war alles zusammengeflickt. Während Fia sich erstaunt umsah, ging die Frau Stein wecken, dieser kam keine fünf Minuten später, auch er im Schlafanzug, allerdings seinen Arztkittel übergezogen.
Als er Fia sah wunderte er sich ganz schön, setzte sich schließlich aber neben sie. „Was beschert mir denn die Ehre, dich zu einer so späten - oder wohl eher frühen - Stunde hier anzutreffen? Geht es um den Unterricht morgen?"
„Nein, ich habe ein großes Problem und das kann auch nicht bis morgen warten!" erklärte Fia bestimmt. Wie sie aussah und wie viel Uhr es war, war ihr egal, sie hielt diese Alpträume nicht mehr aus. Sie erzählte Stein einfach alles. Den genauen Inhalt der Träume, ihre daraus folgende Angst vorm Einschlafen und wie verloren sie sich fühlte, da sie niemand ernstnahm.
Als sie fertig war, überlegte Stein etwas länger und fragte dann: „Ist dir vielleicht noch irgendwas besonderes aufgefallen? Jedes kleinste Detail könnte hilfreich sein. Es kommt zwar öfters vor, dass man jede Nacht den gleichen Traum hat, aber solche komplexen Unterhaltungen zu führen... Denk bitte noch mal ganz genau nach."
Das tat Fia auch. Sie ging die Träume nochmal Stück für Stück durch, ganz egal, wie unangenehm das für sie war. Dann meinte sie, nach längerem Überlegen: „Ich bin mir nicht sicher, aber eine bestimmte Formulierung kommt mir bekannt vor: „Real und irreal sind reine Ansichtssache. Es ist das gleiche wie mit gut und böse, wie mit wahr und falsch." Ich bin mir sicher, dass ich etwas ähnliches schon mal gehört habe..."
Wieder grübelte Stein. „Du hast recht, mir kommt das auch bekannt vor, aber woher?"
Eine lange Stille herrschte, bis Stein dann mit der rechten Hand schnipste und sagte: „„Wahrheit und Lüge sind ohnehin bloß Ansichtssache, das glaube ich zumindest." So hat sie es doch formuliert, oder?"
„Sie?" fragte Fia verwirrt.
„Koorimizu Ryo. Sie hat das gesagt."
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Aori's Partners [Soul Eater FF || German]
FanfictionFan Fiction zu Soul Eater und Soul Eater Not! Die 15-jährige Aori Kobayashi wird von ihren Eltern gezwungen, die Shinigamifachschule für Waffenhandwerk, kurz Shibusen, zu besuchen. Jedoch hat sie darauf überhaupt keine Lust und als ob das noch nicht...