Kapitel 29 - Vergebene Männer küsst man nicht...

347 31 2
                                    

Auf dem Weg nach Hause, bekam ich eine Nachricht. Sie war von Dylan. Nach langem hin und her beschloss ich, sie zu lesen.

Tut mir leid. Wir holen das nach.

Ich schnaubte und ließ mein Handy in meinen Rucksack fallen. Was glaubte er eigentlich? Dass er nur einmal mit den Wimpern klimpern musste und dann alles gut war?! Ich hatte ernsthaft gedacht, dass es funktionieren würde. Dass wir eine "geheime Beziehung" führen könnten, während Dylan in der Öffentlichkeit Lucy datete. Wie naiv war ich?

Den restlichen Tag verbrachte ich, wie die letzten Tage auch schon, in meinem Bett. Vielleicht sollte ich mich mal wieder in der Schule bemühen, aber irgendwie war meine Einstellung was dies betraf im Moment ziemlich im Keller.

Am nächsten Tag kam ich schon mit schlechter Laune in der Schule an. Vielleicht lag es daran, dass sämtliche Leute Bilder von Lucy und Dylan gepostet hatten. Natürlich mit Kommentaren wie "So süß zusammen" oder "Traumpaar". Innerlich hoffte ich, Lucy hätte sie dafür bezahlt, aber dann fiel mir wieder ein, wie viele Leute sie vergötterten und dann wusste ich, dass es alle freiwillig gepostet hatten.
Da ich zu Fuß zur Schule gelaufen war, kam ich ein wenig später als sonst und alle Gänge waren bereits wie leer gefegt. Ich hatte etwas weniger als eine Minute bis Unterrichtsbeginn, trotzdem lief ich in normalem Schritttempo.

Als ich um die Ecke bog, lief ich gegen jemanden. Ich schaute hoch und direkt in Rosetas Gesicht, welches sich bei meinem Anblick auch so gleich grimmig verzog. Mein Herz schmerzte bei alldem. Wir waren so gute Freundinnen geworden und dank Lucy, war das nun vorbei.
"Brooke.", sagte Rose kalt. Sie nickte mir zu, um dann an mir vorbei zulaufen. Ich reagierte schnell und fasste nach ihrem Handgelenk.
"Lass mich los.", fauchte sie. Ich war geschockt, wie gehässig und kühl ihre Stimme klingen konnte.
"Bitte Rose. Hör mir nur kurz zu." Ich wollte es ihr erklären, jedoch wusste ich nicht, wie ich anfangen sollte.
"Brooke. Lass gut sein.", sagte sie so kalt, als wäre sie ein Stein. Mein, ein ganzer Gletscher. Bevor ich noch etwas erwidern konnte, rannte sie davon. Mist! Das hatte nicht so funktioniert, wie ich wollte. Warum konnte ich mir für den Fall der Fälle nicht ein paar Worte zurecht gelegt haben? Dann hätte ich jetzt nicht so rum drucksen müssen. Irgendwann würde ich schon mit ihr sprechen, hoffentlich.

Nach den ersten Unterrichtsstunden, ließ ich mir mit Absicht Zeit, da ich erstens nicht wusste was ich allein in der Pause machen sollte und zweitens nicht unbedingt Lucy begegnen wollte. Als ich aber auf den Flur trat, hatte Lucy sich mit Absicht so platziert, dass ich sie gar nicht übersehen konnte. Sie grinste kurz zu mir, bevor sie Dylan an sich zog und die Arme um seinen Hals schlang. Unwillkürlich hielt ich die Luft an. Sie wollte doch nicht...?
Doch sie wollte. Lucy überbrückte die letzten Zentimeter und legte ihre Lippen auf seine. Das war zu viel für mich. Ich drehte mich weg und lief raus, auf den Schulhof. Ich ignorierte die Blicke meiner Mitschüler und lief einfach, mit auf dem Boden gerichteten Blick, weg.

Als ich heute zum zweiten Mal gegen jemanden lief, fing ich an zu fluchen. Heute war gewiss nicht mein Tag. Ich schaute hoch und sah Rose, schon wieder.
"Wieso weinst du denn?", fragte sie erstaunlich mitfühlend. Ich schnaubte. Warum ich weinte? Wo sollte ich da anfangen?
"Ich weine, weil Lucy mir alle Menschen, die mit etwas bedeuten, weg nimmt. Erst du und dann Dylan. Und bevor du fragst, Dylan und ich sind... Waren irgendwie zusammen. Jedoch ist Lucy eine gemeine, manipulierende Bitch. Jetzt nutzt sie ein Geheimnis aus um mich oder wohl eher Dylan zu erpressen. Und das Geschmiere an deinem Spind stammt, ganz nebenbei, übrigens auch von ihr. Sie wollte, dass du denkst es sei von mir. Hat super geklappt! Jedenfalls denke ich, dass ich allen Grund zum heulen habe.", rief ich viel zu laut. Bevor Rose etwas erwidern konnte, stürmte ich davon. Sie würde mir niemals glauben, da war ich mir sicher. Warum sollte ich es überhaupt versuchen? Mein Leben war eine Katastrophe, dank Lucy. Wieso hasst sie mich eigentlich so? Doch sicher nicht nur wegen Dylan... Irgendwas musste noch dahinter stecken. Schwach schüttelte ich den Kopf. Mein Leben war kein Actionfilm und auch kein Liebesroman. Lucy war einfach verrückt, dass war alles. Ich sollte nicht immer Dinge sehen, wo gar nichts war.

Als ich Zuhause ankam schmiss ich mich auf mein Bett und schaute bis tief in die Nacht die komplette 5. Staffel von Gossip Girl. Es ließ mich mein Leben für eine kurze Zeit vergessen und von einem anderen Leben an der Upper East Side träumen.

Am nächsten Tag wachte ich spät, erst gegen 11 Uhr, auf und entschloss mich die Schule zu schwänzen, was in der letzten Zeit wirklich ziemlich oft der Fall war. Ich frühstückte in Ruhe und machte mich dann an die 6. Staffel von meiner Lieblingsserie. Ich befand mich gerade in einem Gefühlschaos, als es an der Tür klingelte. Leise schlich ich mich runter und schaute aus dem Fenster, um zu erspähen, wer vor der Tür stand. Ich erkannte Dylan und wollte sofort wieder in meinem Zimmer verschwinden.
"Brooke, ich habe dich gesehen." Mist...
Schnell ging ich zurück zur Tür und öffnete diese. Automatisch ging ich ein Schritt zur Seite und ließ ihn rein.
"Setzen wir uns?", fragte er und deutete aufs Wohnzimmer. Auf dem Weg dahin schaute ich kurz in den Spiegel und erschrak über mein Aussehen, machte mir dann aber keine weiteren Gedanken darüber. Schnell setzte ich mich neben ihn auf die Couch.
"Wieso bist du gestern abgehauen?" Er sah mich ernst an. Ich schnappte zum gefühlten tausendsten Mal wegen ihm nach Luft.
"Ist die Frage ernst gemeint? Weil du Lucy geküsst hast!" Dylans Miene wurde etwas weicher, als ich ihm indirekt gestand, dass ich eifersüchtig war. Aber wie könnte ich auch nicht?
"Brooke, Baby... Ich tu das doch nur für dich. Damit sie dich nicht verrät und dein Leben weiterhin so ist, wie du es dir immer gewünscht hast. Damit du beliebt sein kannst." Ich wusste genau, dass er mir ein schlechtes Gewissen machen wollte und es hatte wunderbar geklappt. Verzweifelt ließ ich meinen Kopf auf die Sofakante fallen. "Ich weiß, dass das egoistisch ist, okay?! Für mich war es auch nicht leicht zu sehen, wie ihr Zwei rumgemacht habt." Dylan setzt sich näher zu mir und nimmt meine eine Hand in seine.
"Sie hat mich geküsst und ich habe es nicht erwidert." "Wirklich nicht?" Er schüttelte den Kopf und ich fühlte mich ein wenig besser. Plötzlich bekam ich neuen Mut.
"Weißt du was?", fragte ich und blickte Dylan tief in die grünen Augen,"Lass uns morgen als Paar in die Schule gehen. Wenn Lucy mein Geheimnis verrät, egal. Vielleicht interessiert es manche ja nicht mal. Oder sie sind geschockt, nehmen es dann aber so hin. Oder sie hassen mich dafür. Es ist mir egal, solang ich dich habe. Schlimmer als jetzt kann es nicht kommen." Dylan sah mich mindestens so überrascht an, wie ich selbst über meine Worte war.
"Bist du dir sicher?" Ich überlegte nicht lang. Es waren nur ein paar Kids an meiner Schule, die mir eigentlich ziemlich egal waren. Warum sollte ich ihnen nicht auch egal sein? Plötzlich kam ich mir so dumm vor, wie ich monatelang Angst hatte, jemand könnte von meinem Geheimnis erfahren. Es war ja noch nicht mal ein richtiges Geheimnis. Also sagte ich:"Ja. Total sicher. Wir ziehen das durch." Ich grinste und auch Dylan lächelte, bevor er mich an seine Schulter zog und einen Kuss auf mein Haaransatz drückte.
"Ich bin stolz auf dich." Ich grinste nur noch mehr.
"Und weißt du, was das Beste daran ist?", fragte er noch. Ahnungslos schüttelte ich den Kopf.
"Ich kann dich küssen, wann und wo ich will, ohne auf einem Dach zu sitzen und zu hoffen, dass uns niemand erwischt." Ich dachte an den Tag zurück, als wir vom Dach dieses Gebäudes geflüchtet sind. Es war wirklich lustig und noch nicht mal lange her. Wie schnell sich doch alles ändern kann. Dylan näherte sich mir und begann mich zu küssen. Wir beide grinsten in den Kuss hinein, bis ich mich kurz löste. "Vergiss nicht meine Eltern. Wenn die von uns Wind bekommen, hassen sie nicht nur dich, sondern auch mich." Ich grinste kurz, während er sein Gesicht verzog.
"Erinnere mich nicht immer daran, dass sie mich nicht mögen.", schmollte er. "Ohhhh.", lachte ich und kniff ihm in die Wange. Er stieg in mein Lachen ein.

Als wir uns wieder beruhigt hatten, sah Dylan mich komisch an. Ich legte meinen Kopf schief und sah ihn ebenfalls an. "Brooklyn Lavien", sprach er plötzlich und benutzte dabei meinen vollen Namen, den nur er und meine Familie kannten,"du bist das tollste Mädchen, dass ich jemals kennengelernt habe." Ich schnappte nach Luft. Dylan war so süß, viel zu süß. Womit hatte ich ihn nur verdient?! Schüchtern lächelte ich ihn an, nahm sein Gesicht zwischen meine Hände und küsste ihn ganz zärtlich. In Filmen hätten wir uns jetzt gestanden, dass wir uns liebten, Lucy wäre in ein anderes Land gezogen, Blake, Rose und ihre Feundin und Rayn und seine Freundin kämen durch unsere Tür und wir würden eine riesen Party feiern. Dann käme der Abspann und der Zuschauer freute sich über ein Happy End. Leider war das hier kein Film, deshalb kamen auch nicht meine Freunde rein, sondern meine Eltern...

Sometimes love is not enoughWo Geschichten leben. Entdecke jetzt