„Und jetzt sagst du mir, was wirklich passiert ist!"
Minai erstarrte sofort, als sie Aoris strenge Stimme unmittelbar vor ihr hörte. Nur ganz langsam hob sie den Kopf und sah, wie Aori mit einem äußerst unamüsierten Blick an der Wand des Wohnheims lehnte und sie ansah. Es war mittlerweile schon hell, da Minai zwei Träume hintereinander gequetscht hatte. Normalerweise wäre sie noch vor Sonnenaufgang in ihr Zimmer geschlichen und keiner hätte ihr Fehlen bemerkt, aber Aori war bereits aufgewacht und hatte Minai aus Misstrauen gesucht.
„A-aori... Seit wann..." fing Minai stotternd und mit einem schlecht gestellten Grinsen an, doch Aori unterbrach sie wütend: „Lange genug! Du sagst mir jetzt sofort die Wahrheit! Ich weiß schon lange, dass du mir was vorgemacht hast, aber du kannst nun mal nicht lügen! Wieso hast du mir verschwiegen, dass du auch Alpträume hattest?!"
Minai sah wieder zu Boden, ein paar Tropfen Schweiß liefen über ihre Nase und fielen zu Boden. Ohne Aori anzusehen antwortete sie: „Ich konnte nicht... Ich wollte es alleine schaffen! Es hätte mich zerfressen, wenn ich diesem Traum nicht selbst ein besseres Ende gegeben hätte..."
„Dein Gekreische hat sich aber nicht so angehört, als hättest du das geschafft." bemerkte Aori trocken.
Dann ging sie von der Wand weg und kniete sich vor Minai, die sie immer noch nicht ansah. Sie zitterte noch am ganzen Körper und ihre Pupillen schlossen und weiteten sich in unregelmäßigen Abständen.
Plötzlich spürte sie Aoris Atem in ihrem Nacken und hörte, wie sie ihr zuflüsterte: „Sei ehrlich, hast du Angst vor mir?"
Nach diesen Worten zuckte Minai heftig zusammen. Sie begann, noch mehr zu zittern und ihre Pupillen wurden fast unerkennbar klein. Sie wollte mit dem Kopf schütteln, das ging aber nicht, da sie wie versteinert war. Von dieser Reaktion enttäuscht stand Aori auf und ging wieder in Richtung Wohnheim. Als sie in der Eingangstür stand, hörte sie hinter sich ein sehr leises und ängstliches „N-natürlich nicht...!", aber das ignorierte sie und ging einfach rein.
Minai brauchte eine ganze Weile, um wieder ein bisschen Kraft zu bekommen und ging dann auch langsam auf ihr Zimmer. Dort angekommen waren die anderen drei bereits so gut wie fertig für die Schule, Aori ging wortlos an ihr vorbei und Hanako und Fia sahen sich fragend an, da Aori ihnen rein gar nichts erzählt hatte. Da sie nicht unfreundlich sein wollten, warteten sie, bis auch Minai fertig war und gingen dann mit ihr zusammen, obwohl Minai absolut keine Lust hatte. Sie redete den gesamten Tag kein Wort mehr mit Aori, aber auch generell nur sehr wenig. Aori tolerierte das und ignorierte sie ebenfalls. Hanako und Fia hingegen wollten Minai die ganze Zeit auf die Krankenstation schleifen, da sie dachten, sie wäre vielleicht krank, da sie auch ziemlich blass war und immer noch sehr viel schwitzte, wenn Aori in der Nähe war.
--Hexenwelt--
„Hihihi, diese Kleine ist wirklich strohdumm! Ich dachte schon, dass dein Kontrollzauber bei den Träumen gescheitert wäre, aber da schleicht sich dieses Mädchen einfach raus und will praktisch in den Geschmack deiner hervorragenden Alpträume kommen! Herrlich, einfach nur herrlich!"
Ryo tanzte förmlich über die Lichtung in dem angeblich verfluchten Wald.
„Aber jetzt ist das wohl auch vorbei, schade eigentlich. Die junge Lady lässt sich immer noch kaum davon beeindrucken, auch wenn ihre ach-so-gute Freundin jetzt die totale Panik vor ihr hat! Naja, dann würde ich mal sagen, dass du auch endlich mal deinen Auftritt hast! Freust du dich schon? Aber vergiss nicht: Du darfst sie auf keinen Fall unterschätzen und erst recht nicht töten! Wobei, das dürfte für dich, bei aller Liebe, wohl ohnehin unmöglich sein."
Es schien, als würde sie mit sich selbst, oder mit dem Wald reden.
„Dann wollen wir doch mal sehen, wie Aori auf dich reagiert."
Sie kicherte mit dem blutspuckenden Mond um die Wette und streckte ihm dabei die leicht faltigen Hände entgegen.
--Death City--
Mittlerweile waren fast zwei Tage vergangen, seit Minai den letzten und mit Abstand schlimmsten Alptraum hatte. Es war wieder einmal ein schöner, sonniger Tag an der Shibusen, ein wenig frisch und leicht windig vielleicht, aber das störte keinen. Der Unterricht war gerade in vollem Gange und Minai hatte ihre Angst vor Aori immer noch nicht überwunden. Stein war gerade damit beschäftigt, vor der Klasse etwas zu sezieren, als er plötzlich beinahe synchron mit Maka aufzuckte.
„Wieso...?!" stammelte Maka vor sich hin und Stein sah ernst aus dem Fenster.
„Wir bekommen Besuch."
Noch bevor er weiteres erläutern konnte, kam ein riesiger Eiszapfen durch die Wand geflogen und spießte ihn fast auf. Aori stand sofort auf und knallte ihre Hände wütend auf den Tisch.
„Oh, das tut mir unendlich leid! Ich wollte einfach die junge Lady mal wieder besuchen!" kicherte Ryo, die wieder einmal auf ihrer schwebenden Eisscholle saß. „Komm bitte raus zu mir, ich will hier ja nicht noch mehr kaputt machen!" sagte sie belustigt.
Aori wollte erst nicht, aber dann überwog ihre Wut und sie stampfte die kleinen Stufen von der obersten Bankreihe aus nach unten und stieg dann durch das Loch, dass der Eiszapfen hinterlassen hatte. Ryos Aktion war natürlich nicht unbemerkt geblieben und so hatten sich mittlerweile auch sämtliche anderen Leute in der Shibusen auf dem Platz vor der Schule versammelt.
Shinigami war wieder in einem großen Spiegel anwesend und fragte, als wäre es keine große Sache: „Nun, was führt Dich wieder zu uns?"
Ryo sah kurz zu ihm und antwortete dann höflich: „Ich entschuldige mich vielmals für die Unruhe. Es ist nur ein kleines Experiment, was ich ausprobieren möchte. Bitte lassen Sie sich davon nicht stören und fahren Sie einfach mit Ihrem Unterricht fort. Wir könnten natürlich auch einen anderen Ort aufsuchen, aber unglücklicher Weise ist hier in Death City nicht so viel Platz, also würden wir es vorziehen, hier zu bleiben. Ich hoffe inständig, dass Sie uns das nicht übel nehmen!"
Sie verneigte sich demütig vor dem Shinigami und wandte sich dann wieder Aori zu. Die ganzen Leute um die beiden herum machten natürlich gar keine Anstalten, wieder zurück in den Unterricht oder an ihre Arbeit zu gehen und auch der Shinigami selbst antwortete Ryo nicht.
Jedenfalls meinte diese dann gleichermaßen provozierend wie freundlich zu Aori: „Ich habe in letzter Zeit sehr viel nachgedacht. Wie könnte ich dich nur dazu überreden, wieder mit mir in die Hexenwelt, da wo du hingehörst, zu kommen? Erpressen werde ich dich schon mal nicht können, das haben wir ja jetzt bereits gesehen."
„Also gibst du zu, für die Alpträume der anderen verantwortlich zu sein?!" unterbrach Aori sie ungeduldig.
„Ja und nein. Aber lass mich bitte erst mal ausreden." gab Ryo ruhig zurück, was Aori nur noch wütender machte.
„Was meint sie mit „ja und nein"?" dachte sie sich, während sie Ryo finster anschaute.
Diese machte allerdings unbekümmert weiter: „Vielleicht könnte eine Niederlage dich dazu bringen, endlich Vernunft zu zeigen und dich in meine schützenden Arme zu begeben? Allerdings ist mir beim besten Willen niemand eingefallen, gegen den du verlieren könntest... Aber warte mal, du kannst also gegen jeden gewinnen? Auch gegen dich selbst?"
Aori, und wohl auch alle anderen, sahen sie verwirrt an. Dann schnipste Ryo ohne weitere Erklärung mit den Fingern und nur ein paar 10 Meter weiter wurde eine weitere, relativ unspektakuläre Hexenseele frei.
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Aori's Partners [Soul Eater FF || German]
FanfictionFan Fiction zu Soul Eater und Soul Eater Not! Die 15-jährige Aori Kobayashi wird von ihren Eltern gezwungen, die Shinigamifachschule für Waffenhandwerk, kurz Shibusen, zu besuchen. Jedoch hat sie darauf überhaupt keine Lust und als ob das noch nicht...