Noch nie in meinem Leben war ich so aufgeregt gewesen. Selbst nicht, als ich auf der Hochzeit meine Rede vor über 400 Leuten vorgelesen habe.
Das jetzt war allerdings etwas völlig anderes.
Einmal waren die meisten Leute im Publikum Fremde. Vor Fremden etwas vorzutragen ist im Allgemeinen meiner Meinung nach schwerer, als vor Freunden. Und das zweite Problem: ich war nicht ich. Zwar machte es unendlich Spaß, eine Person zu spielen, die man eigentlich gar nicht ist. Sich so weit mit dieser Person zu beschäftigen, dass man sich irgendwann wirklich mit ihr verbundne fühlte. Doch war dies auch nicht immer so einfach.
War es bei der Hochzeit egal ob ich mich versprach, so zählte jetzt alles. Drei Szenen hatte ich bereits hinter mich gebracht. Die zwei schwierigsten kamen noch.
Okay Sydney, du schaffst das.
Dylan ist das größte Arschloch. Du bist viel zu gut für ihn. Was machst du überhaupt noch bei ihm. Er hat dich von vorne bis hinten verarscht.
Ich stellte mir den Schmerz vor. Es war schwer, doch irgendwann spürte ich endlich, was ich die ganze Zeit fühlen wollte. Es tat weh.
Hintergangen. Verraten. Alleingelassen.
Wut baute sich in mir auf und als Mrs. Grover mir das Zeichen gab, war ich mehr als bereit. Mit energischen Schritten trat ich meinen Weg auf die Bühne an. Kaum stand ich im Scheinwerferlicht, spürte ich die Blicke der Zuschauer. Ich versuchte sie so gut es ging auszublenden. Meine Augen lagen nur auf ihm. Je öfter wir die Szene in den Proben durchgespielt hatten, desto mehr hatten wir den Text verändert, doch seinen Verrat, den spürte ich trotzdem jedes Mal.
Meine Schritte wurden langsamer, je mehr ich mich ihm näherte. Kurz vor ihm blieb ich stehen. Er lächelte breit. Die blauen Augen leuchteten im Scheinwerferlicht noch stärker als sonst. Doch ich ließ mich nicht ablenken. Als er mich zu sich ziehen wollte, trat ich einen Schritt zurück.
„Du hattest es versprochen", flüsterte ich. „Du hattest versprochen, aufzuhören." Ich war selbst überrascht wie gebrochen meine Stimme klang. Die Worte hallten durch die Halle. Ich hatte leise gesprochen, doch in der Halle war es so still, dass man die Worte noch bis nach hinten verstehen konnte.
„Das geht nicht so schnell. Hab doch einfach mal Vertrauen in mich, statt mir ständig Sachen vorzuschreiben", seine Stimme wirkte sehr viel lauter, obwohl er sie nur leicht erhoben hatte. Ich wich ein kleines Stück vor ihm zurück, doch nicht so weit, dass es ängstlich gewirkt hätte.
„Du versuchst es ja noch nicht einmal. Außerdem, Ich schreibe dir Sachen vor?"
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie einige im Publikum aufgrund des plötzlichen Anhebens meiner Stimme, zusammenzuckten.
„Ja das tust du. Du bestimmst alles. Merkst du nicht, dass du damit alles versaust. Ich hab dir mit allem vertraut und trotzdem kannst du mir nicht bei dieser kleinen gottverdammten Sachen vertrauen. Wie soll das bitte weitergehen?", inzwischen war ich von seiner lauten Stimme nicht mehr so eingeschüchtert wie früher.
Ich ging einenSchritt nach vorne und baute mich vor ihm auf.
Das Rumgebrülle zwischen uns steigerte sich innerhalb kürzester Zeit ins Extreme. Und mit einem letzten „Ich hasse dich" verpasste ich ihm eine Ohrfeige. Das Publikum keuchte erschrocken, während ich innerlich ziemlich stolz war. So echt war uns die Ohrfeige noch nie gelungen. Selbst Dylan fiel ein bisschen aus der Rolle und lächelte leicht.
Doch mir blieb keineZeit mir darüber Gedanken zu machen. Stattdessen überließ ich ihn sich selber und verließ mit hohem Kopf die Bühne.
Danach beobachtete ich erst einmal das Geschehen auf der Bühne. Ella spielte offensichtlich die Rolle ihres Lebens. Inzwischen war ich an die Wirkung ihrer Stimme gewöhnt, doch es war immer wieder interessant anderen Leuten dabei zuzusehen, wie sie sich langsam in ihren Gesang verliebten. Sie war eine andere Person auf der Bühne. Während sie in der Schulzeit kaum auffiel, zog sie auf der Bühne automatisch alle Blicke auf sich. Es war geradezu ihre Bestimmung dort oben zu stehen, vor all diesen Leuten.
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More than a Bad Boy (Completed)
RomanceSydney hat an sich bereits genug Probleme. Ihre beste Freundin schafft es immer wieder sich mit irgendwelchen Leuten anzulegen und wer sie da rausholen muss, ist offensichtlich. Das Letzte, das sie da gebrauche kann, ist so jemand wie Dylan. Lederj...