KAPITEL 7

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Als ich aufwachte, befand ich mich im Krankenzimmer. Immer noch ein wenig erschöpft, versuchte ich mich aufrecht hinzusetzen.
"Na, du Hulk. Hast dir ganz schön was zugemutet."
Es war Keegan. Was machte er hier? Ich kratzte mich am Kopf und spürte einen Verband.
"Keegan? Was machst du hier? Und was mache ich hier?"
"Du weißt es nicht mehr? Wow, du bist echt heftig gewesen. Noah, du hast einen Stuhl kaputt gemacht und hast mit den kaputten Teilen auf dich zugeschlagen. Du hast nicht mehr aufgehört. Du warst so wütend und hast geweint. Ich hab die ganze Zeit geschrien, du wolltest einfach nicht aufhören. Als ich dich festhielt und dich zum aufhören gezwungen habe, bist du ohnmächtig geworden."
"Es... Ich, ich kann mich nicht daran erinnern. Es tut mir Leid."
Ich wusste nicht, was ich tat. Wo wir wieder beim Unwissen wären. Nein, nicht jetzt. Nicht hier. Die halten mich alle eh schon für verrückt. Ich hab keine Lust die selben Sachen immer wieder zu denken. Es immer wieder durchleben zu müssen. Das ist bereits das fünfte mal. Ich dachte, es hätte aufgehört. Da haben wir es wieder: ich dachte, ich denke, ich hasse. Und zwar, dass ich nichts tue, außer zu denken. Zu denken, ich sei wertlos. Mich immer wieder daran zu erinnern. Ich weiß nicht, wie lange ich das durchhalten soll.
"Liz sagte mir", fing Keegan an zu erzählen, "du hättest das schon gemacht, da war ich noch nicht hier. Es war am Anfang, wo du eingewiesen wurdest. Es ist schlimmer geworden, nicht wahr?"
Vermutlich schuldete ich ihm eine Antwort. Immerhin musste er sich das mit ansehen und wer weiß, vielleicht hat es ihm sogar sehr zu schaffen gemacht. Ich meine, ich weiß ja nicht mal, wie lange er hier schon sitzt aber er sieht müde aus. Ich bin nur irgendwie wütend. Wieso musste er kommen? Vielleicht... Vielleicht hätte ich es geschafft, wenn ich stärker zugeschlagen hätte, dass ich nicht mehr hier bin. Stattdessen sitze ich hier und muss jetzt mein Versagen rechtfertigen. Ich muss erklären, warum ich so fühle, wie ich mich fühle und warum ich tue, was ich tue. Ich hab keine Erklärung. Es ist so einfach, dass es zu kompliziert zu erklären ist.
"Ich brauche keine zweite Liz, Keegan", sagte ich einfach genervt und drehte mich mit dem Rücken zu ihm. Ich fühlte mich ein wenig schlecht deswegen, er hatte es nur gut gemeint aber ich habe ihn nie darum gebeten mich zu retten. Er hätte es einfach lassen sollen.
"Hier" ist alles was er sagte, bevor er aus dem Raum ging. Naja, wenigstens weiß er, wann es reicht. Als ich hörte, dass er endlich gegangen war, sah ich meine Telefonkarte auf dem Tisch. Natürlich, toll. Ich lebe noch, damit ich telefonieren kann. Wieso hält es mich hier so fest. Was ist 'es' überhaupt? Ich hatte beschlossen mich nicht weiter darum zu kümmern. Ich wollte einfach schlafen.
Ich wurde aufgeweckt. Das erinnerte mich an die Nacht, als Alexis um drei Uhr morgens in meinem Zimmer war. "Hallo Noah, wie geht es dir?" fragte Liz.
"Muss ich das wirklich beantworten?"
Sie lächelte mich an, und ich sah in ihrem Gesicht, dass sie sich Sorgen machte, als ich ihr Lächeln nicht erwiderte.
"Was ist passiert, Noah? Dir ging es wieder so gut. Du hast deine Tabletten genommen. Ich dachte du hättest endlich einen Weg gefunden, der dich zu deinem Glück führt."
Ich hatte keine Kraft zu antworten. Ich wollte es ehrlich gesagt nicht. Immer wieder dieser Weg zum Glück. War wohl der falsche Weg und ich bezweifel, dass es für mich einen richtigen Weg dort hin gibt. Wieso muss Liz ständig alles hinterfragen? Warum muss sie immer alles wissen? Ich wusste nicht, was ich sagen sollte also ließ ich es bleiben. Ich hatte gehofft, sie würde mich einfach in Ruhe lassen und gehen. Ich wollte nichts außer alleine zu sein. Doch, wie immer, bekam ich nicht, was ich wollte.
"Noah, rede mit mir! Lass dich von diesem Rückschlag nicht unterkriegen. Ich kann verstehen, dass du vielleicht frustriert bist, da du z.B deine Eltern lange nicht gesehen hast..."
Oh nein, daran liegt es wirklich nicht, glaub mir Liz.
"...oder weil du nichts mehr mit deinen Freunden unternehmen kannst..." Welche Freunde denn? Die, die mich beleidigt und geschlagen haben, um selbst nichts dergleichen zu erleben. Die anderen, die mich abgeschrieben haben, sobald ich eingewiesen wurde. Die, die mich nur ausnutzten? Mag sein, dass ich wertlos bin und ein Hurensohn oder wie sie mich alle sonst genannt haben aber ich bin nicht dumm. Ich bin nicht naiv. Nicht mehr. Ich bin anders, nicht ich selbst. Das war ich nie aber anders.
"...deshalb dachte ich, würde es dir helfen, wenn du für ein Wochenende nach Hause kannst."
Was, damit ich zwei Tage erlebe, vor denen ich immer geflüchtet bin? Damit ich mich wieder in meine "wundervolle" Zeit zurückversetzen kann und das Glück habe sie wieder zu durchleben? Klar, danach habe ich mich die ganze Zeit gesehnt.
"Du musst das nicht jetzt entscheiden. Ich sehe, dass du heute nicht mehr mit mir reden wirst aber ich komme morgen wieder." Mit diesen Worten verabschiedete sie sich und hinterließ eine Stille, in der ich mich für immer befinden wollte.

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