KAPITEL 9

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Hallo Noah,
ich weiß es ist ein bisschen komisch,dass ich dir den Brief schreibe und es ist mir auch irgendwie peinlich immerhin sehen wir uns eigentlich so gut wie jeden Tag aber diesmal ist es ein bisschen anders also Liz hat mir erzählt, dass du vielleicht für ein Wochenende nach Hause fährst und hat mir das selbe angeboten. Ich gehe nach Hause. Ich dachte das wäre das letzte, was ich will aber vielleicht hilft es ja ein bisschen. Uns beiden. Außerdem ist meine Oma vor kurzem gestorben und ich kann auf ihre Beerdigung gehen, darauf will ich jetzt aber ungerne weiter drauf eingehen. Ich hoffe, du ergreifst die Chance, es kann immer anders kommen, als geplant, nicht wahr? Vielleicht hilft dir ein Ortswechsel, um deinen Kopf ein bisschen frei zu kriegen. Naja ich werde an dich denken, wir sehen uns! Geh, du Hulk (so nennen dich jetzt alle bei uns). Ich möchte, wenn ich wiederkomme, hören, dass du dich nicht mehr an den Namen deines One-Night-Stands erinnerst. Oder ne, du sollst dich erinnern, kann sich ja immer was entwickeln;) Ich wünsche dir viel Spaß und solltest du dich dafür entscheiden hier zu bleiben, gebe ich dir ganz viel Kraft. Konzentrier dich erstmal wieder darauf gesund zu werden.
Alexis

Ich bin so ein Idiot. So ein unglaublich dummer, mit einem Loch im Kopf, Idiot. Vermutlich kriege ich nicht mehr genug Sauerstoff, um klar denken zu können. Was ist bloß falsch mit mir? Ihre Großmutter ist sogar gestorben. Na klar, das erklärt ihre roten Augen von vorhin. Sie hat vermutlich geweint. Ich weiß, dass sie das niemals zugeben würde und das sicher nicht gegenüber einem "Fremden" wie mir aber sie versucht stark zu sein, sie strengt sich richtig an. Sie möchte zwar reden und selbst, wenn du ihr hundert Millionen Angebote macht, dass sie mit dir reden kann, hat sie das Gefühl sie schützt sich und andere mit ihrem Schweigen. Hat das Gefühl, sie würde so niemandem groß zur Last fallen. Und ich habe natürlich ihre Gedanken bestätigt, indem ich sage sie soll sich um ihre Probleme kümmern anstatt anzubieten, ihr zu helfen. Grandios. Obwohl, erstens wüsste ich nicht, wie. Ja, ich konnte ihre analysieren und wow, sogar besser als meine eigenen. Na gut, seien wir ehrlich. Ich will meine nicht analysieren. Aber so oder so, komme ich nicht mal mit meinen eigenen Problemen klar. Sofern man meine "Probleme" als Probleme bezeichnen kann. Das sind einhergehende negative Blitze. Nennen wir sie Probis. Die Verharmlosung von Problemen und in keinem Fall ein Grund, weshalb ich hier sein sollte. Alexis kommt darüber hinweg. Sie tut so, als wäre sie stark und vielleicht ist sie es wirklich. Nach all dem Vormachen, hat sie vielleicht das Gefühl, es wäre echt. Jedenfalls muss ich mir erstmal keine Gedanken darüber machen, wie es ist sie morgen zu sehen und kein Wort rüber zu bringen und mich aufzuführen wie ein Ourang Outang. Das ganze bleibt uns erspart. Vielleicht sollte ich mich aber trotzdem entschuldigen. Ach, wir werden sehen. Vielleicht ist es ja gar nicht notwendig und sie hat es schon längst vergessen, wenn sie wieder hier ist oder hat sich damit abgefunden und ist nicht besonders nachtragend. Es kann immer anders kommen, als geplant, nicht wahr?
Kann sogar sein, dass ich sie bewundere aber sie wird immer transparenter. Ich fange an sie zu durchschauen. Heißt das, sie fängt an mir zu vertrauen oder wird sie einfach langweilig? Vermutlich ist das wieder so ein Gedanke, den ich vor ihr lieber nicht laut äußern sollte, ich Arschloch. Ich korriege: ich Hulk. Ich glaube das wäre der Titel meiner Biographie "ich Hulk". Keegan hat mich vorhin auch so genannt. Sie machen sich also ein Spaß aus meinem gescheitertem Vorhaben. Ein bisschen ist es sogar vielleicht witzig. Ich erwischte mich dabei, wie ich lächelte und in dem Moment kam Liz rein.
"Hallo Noah, vielleicht erübrigt es sich dich zu fragen, wie es dir geht. Trotz allem hoffe ich, besser."
Ich entschied mich dazu ihr zu antworten.
"Ja, es geht mir tatsächlich besser" und nutzte das Lächeln von vorhin um meine Antwort zu unterstützen. Ich konnte es vermutlich nicht ertragen, wenn ich alle Menschen um mich herum wegekelte. Außerdem war Liz diejenige, die es am wenigsten verdient hatte. Sie war überrascht und lächelte mich mit einem breiten Grinsen etwas zu lange an. Sie musterte mich und vermutlich fielen ihr meine blasse Haut und meine Augenringe auf. Durch den Verband, der irgendwie mal gewechselt werden sollte (er stinkt nämlich wie die Hölle und daran klebt Blut), verstärkt es den Eindruck, ich käme gerade aus einem Krieg. Vielleicht bin ich auch ein Soldat in meiner eigenen Welt und vielleicht irre ich mich und wir führen alle einen Krieg. Ganz besonders mit uns selbst, wenn wir nach Hause kommen und Angst haben mit uns selbst allein zu sein. Angst haben mit unseren Problemen, ich meine Probis, allein zu sein. Wir kämpfen uns durch die Nacht, um nicht von dem Alleinsein unterdrückt zu werden. Wenn das so ist, schätze ich, habe ich den Krieg verloren. Und nun liege ich hier ein verwundeter Soldat, der sich in Hulk verwandelt hat und nun ein unglaublich idiotischer Hulk ist.
"Hast du über mein Angebot nachgedacht?" fragte mich Liz und riss mich so, mit ihrer Engels gleichen Stimme, erneut aus meinen Gedanken.
Hab ich das? Nicht wirklich. Ich schaute auf den Brief von Alexis. Ich brauchte nicht nachzudenken. Für mich wurde bereits nachgedacht und so entschied ich mich.
"Ich gehe nach Hause."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 04, 2015 ⏰

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