The emotional Act

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                     Choose your last words, This is the last time

__________Cause you and I, We were born to die__________


15. Juli 2014

Alaska:


Das fremde Mädchen im Spiegel starrt mich an. Ihr Blick ist voller Grauen geweitet. Angsterfüllt.

Und ich kann es ihr beim besten Willen nicht verübeln.

Keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen ist, zwischen dem Erhalten der Nachricht und jetzt. Die Hast, die mich vorher zur Eile anhielt, ist längst von mir abgefallen und ich fühle mich dumpf. Meine zitternden Finger krallen sich haltsuchend an den Rand des Waschbeckens, während ich verzweifelt nach einem Ausweg suche. Doch egal, wie ich die Sache drehe und wende, ich finde keinen. Wenn ich meine Flucht tatsächlich durchziehen würde, wenn ich es wagen würde, was könnte passieren?

Ich würde wahrscheinlich sterben, flüstert mir meine Angst als Antwort ins Ohr.

Ich male mir aus, wie ich den Nachtbus zum Flughafen nehme. Die Kapuze des grauen Hoodies tief in das Gesicht gezogen. Ich könnte es versuchen. Welche Wahl habe ich auch schon? Außer der, dass ich bis zum Morgengrauen immer noch hier bin und Gefahr laufe, so von Niall oder Zayn gesehen zu werden. Oder von Harry. Nein, ich kann hier genauso wenig länger bleiben, als irgendwo sonst. Weglaufen ist mein einziger, mein letzter Ausweg. Oder mich ihnen gleich auf einem Silbertablett präsentieren.

Was wäre wohl, wenn ich Callum genau das zurück geschrieben hätte? „Ich warte auf euch. Kommt doch und holt mich."

Vermutlich wäre das sogar das Beste gewesen. Das Mutigste, Selbstloseste, was ich jemals getan habe. Aber diese Option fällt ebenfalls unter den Tisch. Nicht, weil ich nicht mutig sein möchte. Nein, weil ich verdammt nochmal Angst habe. Und weil ich bereits genug Menschen verletzt habe, um jetzt aufzugeben. Ich habe Zayn verletzt. Ich habe Harry verletzt. Ja selbst Niall und Louise habe ich wehgetan..

Das hier ist nicht der Grund, weshalb ich die letzten Monate hier gelebt und gearbeitet habe. Das kann, das darf nicht alles gewesen sein!

Das Ziel des Ganzen war nicht mein Tod, sondern meine Freiheit. Es war die Hoffnung, die in der Ferne schillernd ein neues Leben ankündigte und ich hätte einfach nur danach greifen müssen. Ich hätte einfach nur meine Arbeit gewissenhaft und zuverlässig erfüllen sollen und es wäre jetzt anders. Ganz bestimmt.

Doch das ist es nicht, das verkündet mir zumindest der Blick des Mädchens, der mich immer noch mustert. Mit leerem Blick starre ich zurück und auf einmal erfüllt mich ein alles einnehmender Zorn auf sie. Zorn, so mächtig, dass meine Faust das reflektierende Glas trifft. Ich will sie wegwischen. Ich möchte die Zerstörung auf ihrem Gesicht sehen, die sich dort langsam ausbreitet. Aber alles, was zerbricht ist das Glas des Spiegels, das sich klirrend im Waschbecken und auf dem Boden zu meinen nackten Füßen verteilt.

Was ist das schon für ein Leben? Sie würden mich immer einholen, egal, wohin ich gehe. Und wenn nicht sie, dann die Erinnerungen an sie. Die Drohungen, die Angst. Ich wäre für immer ein Flüchtling.

Fasziniert beobachte ich den hellen Tropfen rot, der sich in den Abfall mischt. Ich habe mich versehentlich an einer spitzen Kante geschnitten. Und da ist er, der Tropfen rot auf dem weißen Untergrund. Er funkelt mir hell und klar entgegen. Einladend.

Ohne nachzudenken fische ich nach einer spitzen Scherbe und lasse langsam den Zeigefinger über den gezackten Rand gleiten. Ein brennender Schmerz zuckt durch meinen Finger, bevor ein weiterer Tropfen vor mir auf den Grund des Beckens fällt. Mit einem Lächeln beobachte ich, wie ihm ein weiterer folgt. Und ein weiterer.

Your Voice in My Head (H.S.)Where stories live. Discover now