"Was brauchst du?"
Er ist nervös, ich sehe es in seinen Augen. Er weiss nicht, ob er mir trauen kann.
Ich bemerke, dass er zittert und deute auf seine Hände, die pausenlos über das glatte Leder seiner Jacke streichen."Nur deine Hand", antworte ich leise.
Fragend runzelt er die Stirn.
"Du kannst es also steuern?"
"Ich kann es steuern", bestätige ich.Es ist krank, widerwärtig und verrückt.
Und bis vor kurzem hatte ich keine Ahnung warum ich es kann. Mittlerweile vernebeln mir düstere Vorahnungen das Gehirn, und ich bete innerlich, dass sie nicht stimmen mögen.Als es das erste mal geschah, schlief Cheyenne bei mir, meine Freundin.
Ich bin eingepennt, meine Hand lose mit der ihren verschränkt.
Jedes Mal, wenn ich mich an diesen Moment erinnere, fühle ich wieder ihre Körperwärme neben mir, rieche die nach Vanille duftende Bettdecke und fühle das leise Kitzeln ihrer Haare auf meiner Brust.Aber am nächsten Morgen lag ich nicht mehr auf dem kleinen Doppelbett, sondern sass am Schreibtisch. Vor mir lag eine Zeichnung.
Und darauf sah mir eine junge Frau entgegen, die mir bekannt vorkam. Aber ich konnte sie nicht einordnen.Dann habe ich einen Fehler gemacht.
Verwirrt und ungläubig schloss ich falsche Entschlüsse aus dem Geschehenen.
Die feinen Linien, die der jungen Frau ein spöttisches Lächeln ins Gesicht, und ein Messer in die langfingrigen Hände gezaubert haben, sind mittlerweile zerstört. Ich habe die Zeichnung weggeworfen, in dem Glauben, dass ich geschlafwandelt und schlecht geträumt hätte.Aber so war es nicht. Ich fühle es. Ich muss das Ritual wiederholen. Das Bild hatte eine Bedeutung. Das weiss ich, seit ich die Narbe auf meiner Brust entdeckt habe. Die erst nach der besagten Nacht erschien. Ich wollte den erkalteten Schweiss wegwaschen, wie jeder normale Mensch es tut, und dann habe ich sie im Spiegel entdeckt. Eine geschlagene Viertelstunde habe ich in dem Glas auf meine Brust gestarrt. Aber dadurch verschwand die Narbe nicht wieder. Im Gegenteil, es geschah etwas neues:
Da war ein Gefühl in meiner Brust. So als wäre ich nach einer langen Ohnmacht erwacht. Erinnerungen strömten durch meinen Kopf, kitzelten hinter meinen Schläfen wie kleine Federflügel und hinterliessen einen Schock, der Welle um Welle meinen Körper durchströmte und mich in eine grelle, hellrote Starre versetzte. In dieser Viertelstunde strömten alle Informationen in den Kopf, die ich brauchte. Ich wusste wer sie war und was sie getan hatte. Und nun muss ich wissen, ob ich recht habe. Ich brauche den Beweis.
"Hier", sagt Ray und reisst mich in die Gegenwart zurück Das Blatt vor mir ist geschmeidig und weich, die Stifte daneben üben eine unglaubliche Anziehung auf mich aus.
Diese Sucht nach Rache. Das Spiel kann beginnen.Ray sieht mir in die Augen.
Dann streckt er zögernd seine rechte Hand nach meiner aus und ich verschränke sie sofort mit der meinen, voller Erwartungen.Kurz kann ich noch die Kälte seiner Haut spüren. Dann wird alles verschwommen um mich herum, und ich falle in eine tiefe Schwärze voller Ungewissheit. Nichts existiert mehr. Nichts.
Schreiend werde ich aus meinem dünnen Schlaf gerissen. Ich beginne erschrocken um mich zu schlagen, als die Peitsche erneut auf meiner zerfetzten Kopfhaut aufschlägt.
Das dunkelbraune Blut fliesst in Strömen in mein zerschundenes Gesicht und nimmt mir meine Sicht.Ich spucke, schlage um mich, heule und brülle. Doch natürlich hilft nichts. Ich versuche alles um mich herum zu vergessen. Auszublenden.
Bis ich die Stimme meines Feindes höre. Hoch, sanft und schnurrend wie eine Katze. Ich reisse die Augenlider auf.
Der Schein trügt.
Mit dem Fusstritt eines ausgewachsenen Löwen werde ich von ihr auf den zerfetzten Rücken gedreht.
Gequält beisse ich auf meine Unterlippe, um nicht zu schreien, als mein Gewicht auf all die Striemen und Wunden drückt.
"Wie süss", flüstert sie. "Magst du mehr?"
Die sanfte Stimme kommt mir so verdammt vertraut vor, dass ich erschrocken aufsehe.
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Der Skizzenmörder
Mystery / ThrillerDas Wichtigste: Vorsicht. Beherrschung. Konzentration. Ein falscher Schritt und ich würde scheitern, dazu verdammt den Rest meines Lebens hinter Gittern zu verbringen. Ich schüttle leicht den Kopf. Nein. -- ACHTUNG: Es gibt hier einige verstörende...