Kreaturen
Herausgeber
G. Arentzen
Schriftsteller
Schulstraße 1
76761 Rülzheim
Internet: www.g-arentzen.de
Email: mail@g-arentzen.de
© by G. Arentzen 2009
Alle Rechte vorbehalten
Lizenz
Creative Commons (by-nc-nd)
Url: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/
Covergestaltung:
Linda Rodemer
Lektorat:
Susanne Schnitzler
Kreaturen
Die 1. Novelle aus dem Dunkel der Nacht
G. Arentzen
- I -
Die Leibwächter meines Geschäftspartners sind Werwölfe. Diese Biester können sich in den teuersten Zwirn zwängen – am Ende bleiben sie räudige Köter. Man sieht es an ihren geschmeidigen Bewegungen, an ihrem wachen Blick und an ihren Halsmuskeln.
Ich habe nichts gegen Werwölfe, damit das klar ist. Im Gegenteil, ich weiß einen guten Köter im Bett zu schätzen. Es verleiht dem Sex etwas Animalisches, Wildes, wenn sich das Biest während des Ficks verwandelt. Auch wenn die Krallen hässliche Wunden reißen können. Aber hey – der Schmerz macht es noch ein bisschen geiler. Stehen mir die Werwölfe jedoch gegenüber, bereit, sich bei der geringsten Gelegenheit auf mich zu stürzen, gefällt mir das ganz und gar nicht. Zumal ich meinen Geschäftspartner noch nicht kenne. Es ist unser erstes Treffen, entsprechend gereizt sind wir.
Es ist kalt, denn das Jahr neigt sich dem Ende entgegen. Halloween liegt gerade hinter uns, Weihnachten wirft bereits seine Schatten voraus. Man kann keinen toten Kobold werfen, ohne Lebkuchen, Adventskalender oder Christbaumschmuck zu treffen.
Jedes Jahr die gleiche, verlogene Scheiße!
„Hast du den Stoff?“, will ich von meinem Gegenüber wissen.
„Hast du das Geld?“, fragt er in gebrochenem Englisch. Er ist Kolumbianer, was man ihm auch ansieht. Sein weißer Anzug bildet einen hübschen Kontrast zu seiner braunen Haut, der Hut auf seinem Kopf wirkt fast schon stereotyp. Ebenso wie der Schmuck, den er trägt. So, als wolle er mit seinem Reichtum protzen. Dabei ist er nur der Kurier, seine Bosse würden sich nie und nimmer auf solch ein Treffen einlassen.
Little Daniel, die Glocke im großen Turm der St. Michaels, schlägt zwölf Mal.
Mitternacht.
Über uns scheint ein bleicher Mond, oft verdeckt von schweren Wolken. Wären nicht die Straßenlaternen in der Umgebung, wir würden im wahrsten Sinne des Wortes im Dunklen tappen.
Der Parkplatz, auf dem wir den Deal abwickeln wollen, liegt etwas abseits der breiten, belebten Straßen. Hier parken jene, die in den großen Fabriken außerhalb der Stadt arbeiten. Knapp zweihundert Meter entfernt befindet sich eine Haltestelle der Hochbahn; sie verbindet das Industriegebiet mit der City.
Jetzt, mitten in der Nacht, weht das Steppengras über die breite, betonierte Fläche. Lediglich zwei Wagen parken etwas abseits, sind aber leer. So wie die Haltestelle verwaist ist; die nächste Bahn fährt erst um halb vier.