Lange ist es still am anderen Ende der Leitung. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, doch trotzdem schiebe ich die graue Wolldecke von mir und stehe auf. Trotz des heißen Sommers, ist der Boden kalt unter meinen nackten Füßen, als ich über das Parkett des Wohnzimmers und über die Fliesen des Flures in Blakeley's Büro gehe. Leise schließe ich die Tür hinter mir.
»Malik hat es nicht geschafft.«, sagt Dave leise. Ich höre sein Schluchzen am anderen Ende und ich spüre wie meine Knie nachgeben. Für einen Moment fällt es mir schwer zu atmen. Und dann denke ich an Blakeley und was sie gerade durchmachen muss - mein Herz zerreißt bei dem Gedanken was für Vorwürfe sie sich machen muss.
»Ich komme mit Janae vorbei.«, sage ich.
»Lieber nicht. Blake ist gerade eingeschlafen.«, sagt er und atmet tief durch. Ich nicke, bis mir wieder einfällt, das wir telefonieren und er es nicht sehen kann.
»Ja, natürlich.«, sage ich leise.
Für einen Moment schweigen wir beide. Bis ich Blakeley's Stimme im Hintergrund höre, dann sagt Dave:»Ich leg jetzt auf, sie ist wieder wach geworden. Ich melde mich.«
Wenige Sekunden später drängt mir Tuten entgegen und ich nehme das Telefon von meinem Ohr.
Perplex sitze ich auf dem kleinen Sofa. Es gibt keine Tränen, nicht ich bin diejenige die leidet, sondern Dave und Blake und auch Janae. Ich habe kein Recht darauf etwas zu betrauern zu dem ich kaum eine Verbindung hatte, von dem ich persönlich erst seit einigen Tagen wusste.
Ich höre Schritte auf dem Flur, erwarte Janae, doch es ist Jack der seinen Kopf in Blake's Büro steckt.
»Was willst du hier?«, zische ich mit gesenkter Stimme um meine Nichte nicht zu wecken.
Dann erkenne ich das Fernglas das um seinen Hals hängt. Er ist so ein Idiot.
»Ich wollte nur sehen ob alles okay ist, du warst nicht in deinem Zimmer.«, sagt er. Ich stehe von der Couch auf und schubse ihn rückwärts in Richtung Tür.
»Es ist nicht der richtige Zeitpunkt für deine spannerischen Absichten. Verschwinde aus meinem Haus.«, fauche ich und öffne die Tür damit er geht. Seine Augen finden meine und für einen Moment spüre ich wie meine Gesichtszüge sich entspannen, mein Atem wird ruhig und meine Hände hören auf zu zittern. Jack hat einen komischen Gesichtsausdruck aufgesetzt. Irgendetwas zwischen Verwirrtheit und Verständnis. Wir sehen uns einfach an und dann tue ich etwas was ich nicht erwartet hätte. Ich schließe die Tür.
»Ist alles in Ordnung?«, fragt er vorsichtig. Ich schließe die Augen, atme tief durch.
»Ja«, antworte ich.
»Soll ich gehen?«
»Nein«, sage ich. »Ist mir egal, ich meine; ja.«
Er nimmt das Fernglas von seinem Hals und stellt es auf die Kommode im Flur. Seine Stirn ist gerunzelt, als er sich gegen die Wand lehnt. Ein Grinsen zieht sich über sein Gesicht.
»Sicher das alles in Ordnung ist? Du bist so nett.« Ich schlage ihm mit voller Wucht auf den Arm und zu meiner Freude zuckt Jack zusammen und flucht leise.
»Das tat weh«, sagt er. Ich mache einen Schritt rückwärts.
»Das sollte es auch.«
Jack grinst mich frech an als er sagt »Dir ist klar, dass du meine Gefühle damit verletzt, oder?«
Meine einzige Antwort ist ein Augenrollen. Wie kann ein Mensch einen so auf die Palme bringen? Doch letztlich muss man doch sagen, dass er es wahrscheinlich nur gut meint. Und so winke ich ihn mit mir in die Küche. Wie selbstverständlich geht er zum Kühlschrank.
»Du fühlst dich ja wie Zuhause«, merke ich an. Doch Jack lässt sich von meinem Kommentar gar nicht beirren, stattdessen holt er zwei Schokopudding heraus und zieht eine der Schubladen auf - mit dem genauen Wissen wo alles ist - um Löffel hervor zu ziehen, und kommt zu mir an den Küchentisch.»Ich wollte keinen Pudding«, sage ich. Es ist mitten in der Nacht, das letzte was meine Hüften brauchen sind Schokolade und Pudding.
»Siehst du, dass ist dein Problem mit dem Leben,«, sagt er. »deswegen hast du so viele Mitesser, du siehst alles immer so schwarz.«
Ich sauge empört die Luft ein. »Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was hat meine Realitätsnahe Weltsicht mit meinen Hautproblemen zu tun?«Jack zieht die Folien unserer Puddings ab und drückt mir den Löffel in die Hand. »Iss, so dass du was wirst.«
Ich stochere Lust los in dem Becher herum und schiebe mir immer wieder Löffel mit der braunen Pampe in den Mund. Doch richtig genießen kann ich diesen Schoko-Sahne-Traum nicht; meine Gedanken sind bei Blake und Dave die gerade um ein Kind trauern.
»Meine Schwester hat ihr Baby verloren.«, sage ich ohne einen Grund, ohne Vorwarnung. Meine Stimme ist kalt, genau so wie mein Herz es in diesem Moment ist. Tränen brennen in meinen Augen und ich bin mir nicht sicher, ob es Tränen für Malik oder Blake sind. Das einzige was ich weiß, ist, dass ich vor Jack ganz bestimmt nicht weinen werde.
DU LIEST GERADE
Wenn das Leben einfach wäre
JugendliteraturParker ist alles andere als begeistert von dem Fakt, dass ihre Eltern beschlossen haben eine Weltreise zu machen. Ohne sie. Denn das heißt: Sie muss zu ihrer großen, schwangeren Schwester, Blakeley, deren Mann Dave und ihrer Nichte Janae ziehen. Abe...