neuer Alltag

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--Hexenwelt--

Aori hatte gemischte Gefühle. Sie war einerseits froh, endlich diesen Schritt gemacht zu haben, andererseits fühlte sie sich schlecht, alle einfach wortlos verlassen zu haben. In ihren Gedanken versunken war es ihr auch egal, ob die anderen Hexen sie ängstlich anstarrten und über sie flüsterten. Sie ging einfach geradewegs durch die Stadt und drängte sich durch die Massen. Von ihren Sachen hatte sie absolut nichts mitgenommen. Das einzige, was sie dabei hatte, waren die Kleider, die sie trug. Mehr nicht. Mehr brauchte sie auch nicht. Und selbst wenn, wäre es ihr egal gewesen. Ohne wirklich zu wissen, wo sie überhaupt hinwollte, bog Aori von der Hauptstraße ab und steuerte wie selbstverständlich auf den Rand des angeblich verfluchten Waldes zu. Dort angekommen wurde sie tatsächlich bereits von Ryo und Yumiko erwartet.

„Ich wusste, dass Ihr kommen würdet." meinte Ryo unterwürfig und verneigte sich vor Aori, während Yumiko nur mit den Augen rollte.

--Death City--

„Kim, bitte!"

„Ich sagte doch, das kann ich nicht!"

Bereits seit einer halben Stunde lief Minai Kim hinterher und bat sie, für sie ein Portal zur Hexenwelt zu öffnen.

„Bitte! Ich muss unbedingt zu ihr!"

„Nein! Wie oft denn noch? Ich kann das nicht einfach machen! In dem Brief stand doch, wir sollen ihr nicht folgen! Außerdem ist es viel zu gefährlich, dich einfach allein dahin zu lassen!"

„Dann komm doch mit! Mir total egal, aber bitte öffne das Portal!"

„Nein!" meinte Kim noch ein letztes Mal genervt und flog dann auf Jackie davon. Natürlich tat ihr Minai leid und sie konnte sie sogar ein wenig verstehen, aber etwas so unverantwortliches zu machen, wie ihr ein Portal zu öffnen, das konnte sie, bei aller Liebe, nicht tun.

Die Stimmung in Death City war auf einem noch nie dagewesenen Tiefpunkt. In gewisser Weise wollte jeder sofort aufbrechen und Aori zurückholen, aber jeder wusste auch, dass das nicht ging. Naja, jeder außer Minai. Wobei sie das auch wusste, sie wollte es nur nicht wahrhaben.

Sogar der Shinigami ließ Aori ziehen. In einem Gespräch mit dem besorgten Stein meinte er: „Ich habe zwar sozusagen das Sorgerecht für Aori-chan, aber in solchen Situationen muss man seine Kinder auch mal alleine entscheiden lassen. Es scheint sehr wichtig für sie zu sein, da sollte ich mich nicht einmischen. Allerdings müssen wir unbedingt auf der Hut bleiben. Wir haben es hier immerhin mit Hexen zu tun und Aoris Magie ist... Wir können nur auf das Beste hoffen."

--Hexenwelt--

Ryos Hütte im Wald war von außen vielleicht nicht mehr als ein kleines, verfallenes Steingebilde, aber der Schein trügte gewaltig. Yumiko hatte einen Raumzauber darauf angewendet und so war es im Inneren schon fast eine kleine Villa. Zugegeben war diese ziemlich altmodisch eingerichtet und hatte nicht viel Luxus, aber groß war sie allemal.

Aori bekam ein eher großes Zimmer, zumindest größer als ihr Zimmer im Wohnheim. Zu ihrer Überraschung standen darin zwei Betten, eines für sie und eines auf der anderen Seite des Raums. Ansonsten waren allerdings so gut wie keine Möbel darin. Eine kleine, verstaubte Kommode und eine schwache Lampe an der Decke, das war alles. Noch nicht mal ein Fenster hatte der Raum, aber so waren fast alle Räume wegen dem Raumzauber.

Ohne eine ordentliche Begründung meinte Yumiko: „Ich schlaf auch hier. Hab ich grad entschieden." Da war die Begründung.

Aori sagte nichts. Das hatte sie die ganze Zeit noch nicht getan. Seit sie in der Hexenwelt war hatte sie noch kein Wort gesprochen. Sie legte sich gelangweilt aussehend auf ihr Bett und schloss die Augen. Ein paar Tage vergingen und Aori fragte sich, was sie hier überhaupt sollte. Sie hatte sich vorgenommen, alles mit Ryo zu klären. Was tat sie also hier? Absolut nichts, das war die Antwort. Sie spürte nicht das geringste Verlangen, sich bei Ryo und Yumiko zu rächen oder sie einfach nur zu töten. Außerdem hatte sie das Haus seit sie da war noch nicht verlassen. Sie dachte einfach nur nach. Manchmal auch an die Shibusen und ihre Freunde. Teilweise verschloss sie die Tür auch einfach, um vollkommen ungestört zusein. An diesen Tagen war Yumiko besonders nervig und wollte angeblich die ganze Zeit etwas aus dem Zimmer holen.

Ihre Stimmungsschwankungen waren wirklich beeindruckend. Sie konnte innerhalb eines Tages zig verschiedene Launen haben. Am Morgen war sie trotzig, eingeschnappt und zickig. Am Vormittag dann der Sonnenschein in Person. Gegen Nachmittag bekam sie Aggressionen. Am Abend drehte sie vollkommen ab und nervte alles und jeden mit ihrer Hibbeligkeit. Und kurz bevor sie schlafen ging füllten sich ihre Augen mit Tränen und sie jammerte die ganze Zeit über die Grausamkeit dieser Welt. Natürlich war das nicht jeden Tag so extrem und sie konnte auch ganz normal sein, aber an gewissen Tagen war sie kaum auszuhalten.

Einen Grund dafür gab es aber schon. Es war nicht so, dass sie einfach irgendeine Störung im Kopf hatte, es hatte vielmehr etwas mit ihrer Magie zu tun. Da sie so oft nicht nur die Gestalt, sondern das Verhalten anderer annahm, hatte sie ihr eigenes fast vollständig verloren. Man konnte es schon als leichte Persönlichkeitsstörung ansehen.

„Na toll, eine schizophrene Hexe als Zimmergenossin." dachte sich Aori jedes Mal, wenn Yumiko ihre Anfälle hatte.

So vergingen weiterhin die Tage. Diese Tage wurden zu Wochen und die Wochen zu Monaten. Das Leben als Hexe lag Aori irgendwie. Wenn sie in der Stadt unterwegs war, hatte sie meistens einen leichten, doch langen, schwarzen Mantel mit Kapuze an. Es war nicht so, dass die anderen Hexen nicht wussten, dass sie das war, aber sie hatten keinen eindeutigen „Beweis". Und genau deshalb konnten sie Aori auch nicht festnehmen. Sie versuchten es wirklich immer wieder, aber Aori war nicht so dumm, ihre Kapuze in der Öffentlichkeit abzunehmen.

Aori's Partners [Soul Eater FF || German]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt