Kapitel 1

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»Ich liebe dich«

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Das waren die letzten Worte, die ich von Gin hörte. Meine Antwort »Ich liebe dich auch« hat er glaube ich nicht mehr hören können.

Seitdem ist ein Jahr vergangen. Wie jedes Jahr war ich wieder auf dem Weg zu meinem Onkel in die Berge. Eigentlich wollte ich dieses Jahr nicht zu ihm. Alleine die Gegend dort macht mich traurig. Ich muss immer wieder an Gin denken. Wir kannten uns so lange. Zu schade, dass ich ihn nur jeden Sommer besuchen konnte, sonst hätten wir sicher mehr Zeit miteinander verbracht. Obwohl ich ihn nicht berühren durfte, fühlte ich mich immer sicher bei ihm. Er gab mir das Gefühl, nicht alleine zu sein. Ich spürte, wie Tränen über meine Wangen rollten. Die Erinnerung an ihn tut noch immer weh. Ich liebte ihn auch, so wie er mich. Mir war egal, dass er kein normaler Mensch war.

Ich wollte ihn noch einmal sehen.

Ihn noch einmal umarmen.

Noch einmal seine Nähe spüren.

Nur noch ein letztes mal.

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Als der Zug anhielt waren meine Gefühle gemischt. Einerseits freute ich mich, meinen Onkel wieder zu sehen und andererseits wollte ich hier nie wieder her kommen wegen Gin. Ich fragte mich, ob ich jemals über das damalige Schicksal hinweg kommen werde.

Als ich das Haus meines Onkels sah, freute ich mich sehr. Die Sommer bei ihm waren immer toll. Bei mir zuhause in der Stadt gab es keine großen Felder und rot-orangeliche Sonnenuntergänge. Früher habe ich mir mit meinem Onkel immer den Sonnenuntergang angesehen. Damals war ich von den vielen Farben begeistert. Wie sie am Himmel schimmerten und die Sonne ganz langsam unterging. Nach der Oberschule wollte ich mir hier eigentlich einen Job suchen, jedoch weiß ich nicht, ob ich das immer noch will.

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Nachdem ich meine Sachen ausgepackt hatte und mich alle begüßt hatten, fing ich an, zum Wald zu laufen. Mittlerweile weiß ich, dass die Geschichten stimmen. Das in dem Wald Geister hausen. Sie schenkten Gin damals das leben und nahmen ihn bei sich auf. Es sind nette Geister auch wenn sie am Anfang nicht gerade nett zu mir waren. Jedes Jahr im Sommer halten sie ein festival ab, das dem von den Menschen ähnlich sein soll. Letzten Sommer nahm mich Gin mit auf dieses Fest. An dem Tag verschwand er. Er sagte schon davor, dass sich manchmal Menschen auf das Fest schleichen, aber ich hätte nie gedacht, dass dieser kleine Junge ein Mensch war. Ich wollte noch mehr Zeit mit Gin verbringen. Ich wollte mit ihm Alt werden, ihn im hohen Alter noch ansehen und froh sein, dass es ihn noch gibt.

Als ich an ihn dachte, fing ich wieder an zu Weinen. Ganz selbtverständlich ging ich zu unserem normalen Treffpunkt, der sich über Jahre nicht verändert hatte. Die Sonne schien sanft auf mein Gesicht durch das Tor. Ich schloss die Augen und genoss die wärme der Sonne. Ein leichter Wind lies meine Haare tanzen und ich fühlte mich wie bei unserer ersten verabschiedung. Er half mir aus dem Wald, nachdem ich mich verlaufen hatte. Schon an dem Tag fiel es mir schwer, ihn nicht zu berühren, aber mit den Jahren kam ich damit klar.

Als ich die Augen wieder aufmachte, sah ich eine Gestalt auf der Treppenstufe vor dem Tor sitzen und in die Sonne sehen. Sie saß mit dem Rücken zu mir, darum konnte ich ihr Gesicht nicht erkennen. Plötzlich drehte sich die Person um. Ich erschrack

»GIN?!«

hotarubi no mori e -was wäre wenn....Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt