eine reine Seele kann man nicht täuschen

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--Death City--

Minai hatte noch lange nicht aufgegeben. Natürlich war die Hexenwelt mit einem Raumzauber verschlossen und natürlich weigerte sich Kim, ihr das Portal dorthin zu öffnen. Trotzdem versuchte sie alles in ihrer Macht stehende, um Aori zu finden. Mittlerweile war diese schon ein paar Monate weg und es war Winter geworden. Sogar in Death City schneite es, obwohl es sich in einer Wüste befand. Die Eiseskälte störte Minai nicht wirklich und sie reiste um die ganze Welt, um Anhaltspunkte zu Aoris Aufenthaltsort zu bekommen. Das war ihre Mission. Es hätte immerhin sein können, dass sich ihre ehemalige Partnerin auch außerhalb der Hexenwelt aufhielt. Ehemalig... Dieses Wort hinterließ auf Minais Zunge einen bitteren Nachgeschmack.

Vor ein paar Tagen wurde in einer Stadt in Bulgarien angeblich eine Hexe gesichtet, das wollte sich Minai natürlich sofort ansehen. Als sie dort ankam fragte sie sich zuallererst durch die Stadt. Sie hatte schon so ziemlich jeden dort gefragt, aber niemand konnte ihr helfen. Davon abgesehen verstanden sie nur wenige, da die meisten weder Englisch, noch Japanisch sprachen. Enttäuscht ging Minai wieder in die Stadtmitte, die ein großer Marktplatz mit einem Springbrunnen repräsentierte. Niemand war zu sehen, also ließ sie sich auf den Rand des Brunnens sinken und starrte geistesabwesend in das klare Wasser, das leichte Wellen schlug.

„Aori, wo bist du?"

Das Spiegelbild einer vorbeilaufenden Gestalt schreckte sie auf und sie fuhr schlagartig hoch. Es war ein Junge, ungefähr in ihrem Alter. Er hatte schwarze, leicht struppige Haare, grüne Augen und ein paar Sommersprossen im Gesicht.

Ohne lange zu überlegen stand Minai auf und rief ihm zu:„Entschuldigung?"

Er drehte sich um und sah sie abwartend an.

„Ich suche ein Mädchen, ein kleines bisschen größer als ich, ziemlich dünn..."

„Hat sie schwarze Haare?" unterbrach sie der Junge.

Die Tatsache, dass er zum Glück die gleiche Sprache sprach wie Minai, war ihr unendlich egal geworden. Mit funkelnd Augen ging sie einen Schritt näher auf ihn zu und sagte aufgeregt: „Ja! Lange, schwarze Haare und lilane Augen. Hast du sie gesehen?"

„Ähm..." Der Junge schien leicht verängstigt zu sein. „Ich hab nicht auf ihre Augenfarbe geachtet, aber der Rest stimmt. Ich hab sie noch nie vorher hier gesehen, deshalb ist sie mir aufgefallen. Sie ist in die Richtung gegangen." Er zeigte nach links in eine kleine Straße.

„Vielen Dank!" bedankte sich Minai strahlend und rannte auch schon gleich los.

„Die Stadt endet da hinten, da ist ein Wald. Ein Stück weiter ist noch ein Dorf, lauf einfach geradeaus." rief ihr der Junge noch hinterher. Er sah ihr leicht verwirrt nach, drehte sich dann aber doch wieder um und ging.

Als Minai ungefähr eine viertel Stunde durch den Wald gerannt war, kam sie tatsächlich an die nächste kleine Stadt, naja, wohl eher ein Dorf. Sie sah sich eine Zeit lang um, bis ihr Blick plötzlich an ein paar Haarsträhnen hängen blieb, die im Wind wehten. Sie traute ihren Augen nicht.

„Aori!" rief sie und rannte zu ihrer Freundin.

Diese drehte sich überrascht um und sah Minai schief an. „Was willst du?"

Minai war noch etwas außer Puste, stammelte aber: „Ich hab dich überall gesucht!"

Aori sah sie nun regelrecht abwertend an und antwortete: „Warum?"

Minai musterte sie verwirrt und meinte dann mit einem schmerzlichen Lächeln: „Na, ich wollte dir noch so vieles sagen! Es tut mir unendlich leid, dass ich dich angeschrien hab! Bitte, komm wieder mit mir zurü..."

„Das verlangst du doch nicht wirklich von mir, oder?" Aori hatte einen finsteren Blick aufgesetzt, den Minai nur mit einem sehr verwirrten kontern konnte.

„W-was?"

„Du denkst doch nicht wirklich, ich bin so blöd und komm wieder an diese Schule, oder? Wieso sollte ich?Ich bin eine Hexe, es gibt für mich keinerlei Grund, die Maßlinien des Shinigamis zu befolgen! Ich bin nicht extra abgehauen, um sofort wieder zurückzugehen! Lass mich in Ruhe, ich habe die Nase von euch allen gehörig voll!"

Sie wollte sich gerade umdrehen und über Minais entgeistertes Gesicht lachen, als sie deren zarte Stimme hörte. „Du bist nicht Aori."

Verwirrt drehte sie sich wieder zu ihr.

„Du bist nicht Aori! Du bist diese Yumiko!" schrie Minai sie an.

Ihr Blick drückte Entsetzen aus. Wie konnte sie ihre Tarnung so einfach aufdecken? „Wie hast du..."

„Aori hat die Shibusen nicht verlassen, weil sie darauf keine Lust mehr hatte und ihr Leben als Hexe auskosten wollte! Sie ist gegangen, weil sie niemanden mehr verletzen wollte! ... Ich wette, du warst auch dieser Junge vorhin..."

Yumiko kochte vor Wut. Aori hatte vor Ryo beteuert, niemandem den Grund für ihr Verschwinden gesagt zu haben. Mit einem unverständlichen Zauber verwandelte sie sich in einen kleinen Vogel und flog davon, sodass Minai ihr nicht folgen konnte.

--Hexenwelt--

Wutentbrannt lief Yumiko geradewegs zu Aori, die gelangweilt in einer leeren Gasse saß. Ohne Vorwarnung packte sie sie am Kragen und drückte sie unsanft an eine Wand. Aori sah sie einfach nur fragend an, während Yumiko zischte: „Wie kannst du es wagen?! Du sagtest, du hast niemandem erzählt, warum du abgehauen bist!"

Ein Lächeln schlich sich auf Aoris Lippen. „Stimmt ja auch." antwortete sie. „Ich habe es wirklich niemandem gesagt... Aber einen Brief mit dem Grund darin geschrieben."

Fassungslos ließ Yumiko sie los, sah sie noch einmal finster an und verschwand dann in eine andere Gasse.

Aori musste plötzlich laut lachen. Die Vorstellung, dass jemand Yumiko enttarnt haben könnte und sie deshalb so wütend war, das war unvorstellbar lustig für sie.

„Minai, du warst das doch, oder?"

Mit einem leichten Grinsen schaute sie zum wolkenfreien Himmel an den Mond und stellte sich vor, dass Minai gerade das selbe tat.

Aori's Partners [Soul Eater FF || German]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt