Senna Quince 3 | Kapitel 19

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Ich konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war.

Auf dem Sofa sitzend und mit den Füßen wippend wartete ich darauf, dass Finnick endlich wieder kam. Dabei malte ich mir natürlich alle möglichen Horroszenarien aus, die ihm zugestoßen sein konnten.

Blight und Johanna passten auf unsere Tribute auf, während ich darauf hoffte, dass mein Mentorpartner nichts dummes tat. Gleichzeitig häte ich aber auch darauf hoffen können, dass die Spiele abgeschafft wurden...

Am liebsten hätte ich irgendetwas zerschlagen, aber nachdem ich die Vase nebem dem Sofa schwungvoll beiseite gewischt hatte, war sogleich ein verängstig dreinschauender Avox gekommen, um es aufzuräumen. Dabei musste er sich natürlich in den Finger schneiden, weswegen ich nun auch noch ein schlechtes Gewissen hatte. Wundervoll.

Da ich mich bei ihr auch nicht entschuldigen konnte hatte ich beschlossen zumindest nichts mehr zu zerstören, was die ganze Warterei jedoch nicht wirklich einfacher machte.

Die Anspannung war kaum auszuhalten, weswegen ich auch sofort aufsprang, als der Fahrstuhl in unserem Stoch hielt.

Heraus kam jedoch nur Florina, die mich verwirrt anblickte. Für einen kurzen Moment erwiderte ich ihren Blick, ehe ich mich fluchend abwandte. Warum musste diese Frau immer zu falschen Zeitpunkten auftauchen? Ich konnte sie so schon kaum ertragen aber in meinem jetzigen Zustand war es für sie wahrscheinlich lebensgefährlich in meiner Nähe zu sein.

„Ist irgendetwas passiert?", wollte sie wissen, doch ich ignorierte sie einfach.

Natürlich begann sie sofort wieder zu schmollen. Ich konnte regelrecht sehen, wie sich ihre Lippen zu einem Schmollmund verzogen, obwohl ich mit dem Rücken zu ihr stand. Nur wenige Sekunden später tippelte sie beleidigt an mir vorbei und ging in ihr Zimmer.

Besser war es so. Ich konnte nicht dafür garantieren, dass ich ihr nicht doch noch eine reinhauen würde, wenn Finnick nicht bald seinen Hintern hier her bewegte.

Immer wieder lief ich durch den Raum auf und Ab. Fast schon war ich mir sicher bald eine Spur zu hinterlassen, als der Fahrstuhll erneut in meiner Etage hielt.

Angespannt drehte ich mich in die Richtung, als die Türen aufgingen.

Noch nie hatte ich mich so sehr gefreut Finnicks rotbraunen Haarschopf zusehen. Auch wenn ich eigentlich wütend war, konnte ich im ersten Moment nur zu ihm laufen und meine Arme um seinen Hals schlingen.

„Du verdammter Idiot.", brachte ich flüsternd hervor.

Ich bekämpfte die Tränen der Erleichterung, als auch endlich er die Umarmung erwiderte. Erst schwach, doch dann drückte er mich ebenfalls fest an sich. Ein Halt, den er gerade zu brauchen schien.

Eine ganze Weile standen wir einfach nur da und hielten uns gegenseitig fest. Doch ich musste wissen, was genau er getan hatte. Deswegen war ich die erste, die meine Arme lockerte und ihn ein kleines Stück von mir schob, um Finnick anblicken zu können. Er erwiderte meinen Blick nicht, sondern wich ihm aus. Kein gutes Zeichen.

„Finnick, was hast du getan?", wollte ich ruhig wissen.

Einen Moment schien es, als würde er meine Frage einfach ignorieren. Dann jedoch seufzte Finnick und zog mich wieder in den Aufzug.

Schweigend wartete ich, während sich die Aufzugtüren hinter uns schlossen und wir weiter nach oben fuhren. Es dauerte einen Moment ehe mir klar wurde, wo genau er hinwollte.

Zum Dach.

Man wusste schließlich nie, wer einem im Kapitol zuhörte.

Ich versuchte geduldig zu bleiben, bis wir endlich angekommen waren.

Finnick ging zur Kante des Gebäudes und setzte sich hin, weswegen ich ihm folgte. Der Ausblick war atemberaubend und ließ mich das mulmige Gefühl vergessen, welches ich dabei verspürte, so nah an der Kante zu stehen. Immerhin konnte ich nicht in den Tod stürzen. Wie beim Trainingscenter war auch um dieses Gebäude ein Kraftfeld angebracht, was jeglichen Versuch oder Unfall verhinderte, indem es einen einfach wieder auf das Dach zurück warf. Sicher unangenehm aber nicht stark genug, um einen überhaupt wirklich Schaden zu zufügen.

Deswegen ließ ich mich auch neben Finnick nieder, während der Wind um das komplette Haus fegte und es schwer machen würde, überhaupt etwas zu verstehen.

Außer man saß so nah beieinander, wie es mein bester Freund und ich taten.

„Also?", begann ich erneut, da meine Geduld für den heutigen Tag komplett aufgebraucht war.

„Ich war bei Snow und hab mich entschuldigt. Ich lass mich wieder verkaufen."

Schweigen breitete sich für einen Moment zwischen uns aus. Nicht das ich nicht genau so etwas vermutet hatte. Es war das einzige, was er Snow geben konnte und der Grund, warum wir überhaupt hier waren.

„Und er hat es einfach so angenommen?", fragte ich leise nach.

„Ich hab morgen mein erstes Treffen. Er scheint es abwarten zu wollen wie..."

„Wie du dich anstellen wirst?", half ich nach. „Nicht das du was verlernt hast."

„Das ist nicht lustig Senna!", brummte er mich sofort beleidigt an.

„Das war auch nicht lustig gemeint!", warf ich zurück. „Snow will immer mehr! Das weißt du genau so gut wie ich."

„Aber ich hab nichts anderes!" Finnicks Stimme war ängstlich und sein Blick flehend.

Sofort griff ich nach seiner Hand und drückte seine Finger.

„Er muss einfach dafür sorgen, dass sie wieder zurück kommt Senna."

Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Zu sehen, wie sehr Finnick lidt, machte mich fertig, besonders da ich keine Lösung kannte. Wir waren auf die Gnade von Snow angewiesen und dies war etwas, was der Präsident eher schwer verteilte. Besonders für Menschen wie uns. Menschen, die in seinen Augen die Regeln gebrochen hatten und dafür immer wieder bestraft gehörten.

Doch es war nicht an Finnick herauszufinden, ob Snow uns wirklich helfen würde. Dafür war ich hier. Deswegen hatte ich mich als Mentorin gemeldet.

Mit meiner zweiten Hand streichelte ich durch Finnicks Haar und wie ein kleines Kind schmiegte er sich regelrecht daran. Er war noch so jung und hatte selber schon so viel verloren. Trotzdem war er immer für mich dagewesen.

Ich würde Annie retten. Ich musste mir nur noch überlegen wie und was ich bereit war dafür zu opfern.

Senna Quince 3 | Die 70. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt