Von Magie und Liebe

Kapitel 50

Sirius Sicht:

Die Tage hier ohne Allie zogen sich ins unendliche. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie sehr sie inzwischen zu einen festen Bestandteil meines Alltags geworden ist. Das fängt schon beim Aufstehen an, wenn ich sie nicht im Arm halte. Unterricht, Pausen und Mahlzeiten waren langweilig ohne sie und abends hatte ich Mühe, ohne ihre Körperwärme einzuschlafen. "Dich hat's echt heftig erwischt, was?" fragte Remus schon am zweiten Tag mitleidig. Ich zuckte nur mit den Schultern, doch im Geiste stimmte ich ihm zu. Ständig dachte ich an sie - und machte mir Sorgen. Immerhin hatte sie ihre Magie nicht mehr und war so verletzlich. Ich hoffte nur, dass ihr das bewusst war und sie dementsprechend auf sich acht gab. Aber was redete er da, er kannte ja Allie. Wenn sie es für richtig hielt, würde sie sich auch zwischen zwei kämpfende Drachen werfen. Und genau desshalb war er lieber in ihrer Nähe. Um sie nicht nur vor anderen Gefahren sondern auch vor ihr selbst zu beschützen. Hoffentlich kommt sie bald zurück, ich weiß nicht, ob ich sonst verrückt werde. Und bis jetzt hatte sie noch kein einziges Mal geschrieben... Muss ich mir sorgen machen? Oder war es einfach nicht ihre Art, regelmäßig zu schreiben? Ich weiß es nicht genau. Vielleicht war es ja ein gutes Zeichen, nichts von ihr zu hören, wenn etwas los ist, wird sie sich doch sicherlich melden... Aber was, wenn sie sich nicht meldet, weil etwas nicht stimmt? Seit mir dieser Gedanke gekommen war, ließ er mich nicht mehr los. Deswegen beschloss ich auch am dritten Tag, ihr einfach mal zu schreiben. Nur so, um mein Gewissen zu beruhigen.

Jedoch tat sich recht schnell das nächste Problem auf: ich fand mein Schreibzeug nicht. Dabei war ich mir sicher gewesen, es in meiner Schultasche gelassen zu haben... Allerdings hatte ich weder Lust noch nerven, jetzt alles danach abzusuchen. Aufgewühlt stapfte ich in den Gryffindor-Aufeschreiben, um und suchte dort nochmals alles erfolglos ab. "Was ist denn mit dir los?" fragte mich Lily, die in einem der Ohrensessel saß und in einem Buch über alte Magie las. Erst zuckte ich erschrocken zusammen, doch dann hatte ich eine Idee. Ich lächelte sie an "Du Lily, ich hab ein Problem. Ich wollte Allie schreiben, kann aber mein Schreibzeug nicht finden. Kannst du mir vielleicht Allies Sachen runter holen? Sie hat bestimmt nichts dagegen, wenn ich sie mir Ausleihe". Lily lächelte und klappte ihr Buch zu "Klar, einen Moment". Sie stand auf und ging die Treppe zu den Mädchenschlafsälen hoch. Ich setzte mich und wartete. Sie brauchte ewig und als ich gerade überlegte, jemanden zu schicken, um nach ihr zu gucken, kam sie mit einer kleinen Kiste unterm Arm wieder. Sie stellte die Kiste vor mir auf den Tisch "Sorry das es so lange gedauert hat, sie hatte das Zeug unterm Bett versteckt". Ich lächelte "Vielen dank". "Nichts zu danken" erwiderte sie und schnappte ihr Buch "Ich muss jetzt aber los, die Bibliothek ruft". Ich nickte ihr noch zu und rief ein "Bis später", ehe ich mich der Kiste zuwand.

Zögerlich öffnete ich sie, wieso kam ich mir nur so mies vor? Doch es war nichts schlimmes drinnen. Oben lagen eine Feder und ein kleines Tintenfass, darunter war Blüten weißes, unbeschriebenes Pergament. Ich hohlte alles heraus und wollte mich gerade ans schreiben machen, als mir etwas ins Auge stach. Unter den Sachen zum Schreiben hatte sie wohl ein paar Briefe versteckt. Ich weiß, dass es unhöflich ist. Ich weiß, dass ich damit weit in ihre Privatsphäre eindrang. Und ich fühlte mich ein bisschen schlecht dabei. Trotzdem siegte meine Neugierde und ich griff nach den Briefen. Es waren einige, alle in der gleichen Schrift geschrieben. Ich blickte auf den Absender... Und mir stockte der Atem. Damian Roth.

Nein. Nein, dass darf nicht wahr sein!
waren meine ersten Gedanken Warum? Warum immer wieder er? Und dann fing ich an zu lesen und es brach mir das Herz, mehrmals. "Ich liebe dich doch noch...", "Nimm mich zurück", "...vergiss Sirius...", "...ist er wirklich der richtige?" und "...aus uns kann noch was werden..." waren nur Beispiele. Immer und immer wieder dieses verdammte "Ich liebe dich, Allie". Mir wurde schlecht und irgendwie tat mir alles weh, am meisten mein Herz. Warum hat sie die Briefe behalten? Warum hat sie nie mit mir darüber gesprochen? Ich spürte, wie verletzt ich war. Ich war die ganze Zeit so überzeugt davon gewesen, dass ich der Richtige für sie war. Das wir füreinander geschaffen waren. Das sie mich über alles liebt. Warum verheimlichte sie mir diese Briefe? Und vor allem: Wieso behielt sie sie und versteckte sie unter ihrem Bett. Bedeutete Damian ihr doch noch etwas?

Ich weiß es nicht und es machte mich traurig. Aber auch unglaublich wütend. Auf Damian. Auf Allie. Auf mich. Wie konnte ich so dumm sein? Wieso ist mir nicht aufgefallen, dass sie in Gedanken vielleicht immer bei einem ganz anderen Kerl war? Wieso redete sie nicht mit mir? Und warum schickte Damian ihr überhaupt solche Briefe? Was war alles zwischen den beiden vorgefallen, von dem ich nichts wusste? War ich für Allie nur Ersatz, solange wie Damian nicht da war? Ich weiß es nicht und das machte mich sauer. Ohne Frage, sobald Allie wieder hier ist, werde ich sie zu Rede stellen. Mal schauen was meine tolle Freundin zu sagen hat, wenn ich sie damit konfrontiere. Ob sie gesteht? Wir werden sehen. Die Briefe behalte ich auf jeden Fall. Als Beweis. Und schreiben werde ich ihr jetzt mit Sicherheit nicht mehr.

Allies Sicht:

Die paar Tage hier verliefen dann letzendlich doch besser als anfangs erwartet. Mit Ben vertrug ich mich schon am zweiten abend - wir können uns eben nie lange böse sein. Er kam nach der Arbeit mit den Drachen zu mir und entschuldigte sich. Er sagte, er habe über reagiert und ich und Sirius sind ein süßes Paar. Er macht sich nur immer Sorgen um mich und steigert sich in seine Großer-Bruder-Rolle vielleicht etwas zu sehr rein. Natürlich habe ich ihm verziehen. Es war ja im großen und ganzen lieb gemeint gewesen und wir sind beide nicht unbedingt ruhig geblieben. Am Ende langen wir uns dann - wie nach eigentlich jedem Streit - wieder in den Armen. Und mir ging es auch gleich viel besser. Ich konnte es nicht leiden, mich mit Ben zu streiten. Er war schließlich mein letztes Familienmitglied.

Auch die Sache mit Damian war nach unserem Gespräch weitaus besser. Wenn er mich sah, war er immer höflich und nett, aber nicht mehr so bedrängend. Außerdem macht er mir keine Liebeserklärungen mehr, was auf jeden Fall deutlich angenehmer ist, als vorher. Auch bei unserer Arbeit mit den Drachen lief alles super. So sagte mir mein Bruder schon nach fünf Tagen, dass ich im Grunde wieder gehen kann und das sie jetzt die Lage im Griff haben. Und ich war ehrlich gesagt ganz froh. Die Zeit auf der Drachenfarm ist zwar jedes mal schön und entspannend, aber trotzdem möchte ich zurück nach Hogwarts. Einerseits möchte ich ja nicht zu viel Stoff verpassen und andererseits freue ich mich natürlich wieder auf meine Freunde. Besonders auf meinen Freund. Ich vermisse Sirius mehr als gedacht. Wie wichtig er mir inzwischen geworden ist, ist schon fast gruselig. Und deswegen konnte ich mir auf ein glückliches Lächeln nicht verkneifen, als ich endlich mit meinem Koffer vor dem Kamin stand. "Tschüss, Damian" lächelte ich vorsichtig und umarmte ihn kurz. "Ciao, Allie" flüsterte er zurück und erwiderte nur zögerlich meine Umarmung "Bis irgendwann". Danach wandte ich mich meinem Bruder zu und warf mich in seine Arme. Er lachte und hielt mich fest "Auf Wiedersehen, meine Kleine. Pass auf dich auf und schreibe mir mal". "Mach ich" lächelte ich und zog noch einmal seinen Duft ein "Wir sehen uns". Ben ließ mich los und stieß mich Richtung Kamin "Auf jeden Fall. Jetzt aber los, dein Freund wartet". Ich lächelte ihm noch einmal zu, dann warf ich das Flopulver in den Kamin, sagte laut und deutlich "Hogwarts" und verschwand in den grünen Flammen.