Kapitel 1

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Meine Mutter hatte mir immer gesagt das jeder etwas besonderes ist, sie war der Meinung das in jedem von uns eine versteckte Magie lag, etwas einzigartiges. Es sei wie ein Feuer, das in jedem Menschen brenne. Etwas das für das stand was wir waren und woran wir glaubten. Nicht mal der tot könnte diese kraft erlöschen, sie würde in denen weiter leben, die wir durch unser leben geprägt haben.

Ich glaube ebenfalls an diese Magie, aber wahrscheinlich auch nur weil ich den Gedanken liebe das etwas von meiner Mutter in mir weiter lebt. Es war klar das sie stirbt, sie hatte Krebs und ihr tot traf mich hart. Es ist klar das es schwer fällt zu akzeptieren das eine geliebte Person für immer fort ist, aber bevor sie starb sagte sie Dinge die es mir leichter machten. Sie hatte keine Angst zu sterben, die Krankheit nagte an ihr, auch wenn sie nicht zeigen wollte wie sie immer schwächer wurde, ich merkte es und ich betete. Tag für tag besuchte ich sie, ich hielt ihre Hand und redete mit ihr, so als wäre alles gut. Ich wollte genauso wie sie stark bleiben, doch auch sie merkte das es mich kaputt machte sie so zu sehen. Jeden abend saß ich in meinem Bett und sprach zu Gott, ich bat ihn nicht sie zu heilen, denn auch wenn er Wunder vollbringen konnte, wusste ich das meine Mutter nicht länger kämpfen konnte. Ich betete sie zu erlösen, ich hatte nicht schon aufgegeben, dennoch wusste ich das es besser war sie gehen zu lassen, es fühlte sich falsch an, doch sie so leiden zu sehen brachte mich um meinen verstand. Die Ärzte sahen mich bei jedem Besuch an als wäre ich ein schreiendes Kind um das sich niemand kümmerte und um ehrlich zu sein fühlte ich mich auch so.

In den letzten tagen des Lebens meiner Mutter, wollte sie keinen Besuch mehr. Sie wollte nicht das andere sahen wie sie litt, sie meinte ich solle auch nicht mehr kommen, doch eins stand fest, ich würde nicht von ihr weichen. Ab diesen Tag verbrachte ich Tag und Nacht im Krankenhaus, hielt ihre Hand und hoffte das es ihr bald gut gehen würde. Ich hoffte das nach dieser Krise ein besseres leben auf sie wartete und das wir uns wieder sehen würden. Ihr Herz schlug schwach und ihr Atem zittrig, ihr leben hing an einem dünnen faden und er war kurz davor unter dem Gewicht zu reisen.

Oft sang ich sie in den schlaf und es schien sie zu beruhigen, sie genoss jeden ton den meine Stimme machte. Sie war der Meinung das die Engel mir diese Stimme schenkten um wundervolles zu vollbringen. Schon als ich klein war, sagte sie das jedem ein Schicksal bestimmt ist und egal was passieren sollte, es geschah nicht umsonst. An dem Tag als sie die Augen für immer schloss, brach eine Welt für mich zusammen. Die Trauer saß tief in mir und doch war ich erleichtert das sie es geschafft hatte. Sie war nun in einer besseren Welt und ihr ging es gut, auch wenn sie mich dafür verlassen musste hatte ich großen Respekt vor ihrem Mut, in diese fremde Welt zu schreiten.

Als ich neben ihrem kalten Körper saß und ihre leblose Hand in meine legte um einen letzten Abschied zu nehmen, fühlte ich mich ihr näher als jemals zuvor. Ich spürte ihre Anwesenheit in diesem Krankenzimmer und stellte mir vor wie sie mir einen letzten Kuss auf die Wange gab bevor sie ging. Es klingt verrückt aber diese Gedanken brachten mich zum lächeln.

Ich sang nur für meine Mutter und aus diesem Grund beschloss ich von dem tag an, als sie starb, das ich für niemanden singen würde. Meine Stimme verband mich mit ihr und das sollte so bleiben, denn wenn das Schicksal wollte das ich sie verliere dann wollte ich die einzige Verbindung die mir zu ihr blieb aufrecht erhalten.

Ich hätte mich von dem was von meiner Familie übrig geblieben ist trösten lassen können, doch sie verstanden mich nicht. Sie haben meine Mutter schon nicht verstanden, sie waren der Meinung sie war verrückt, nur weil sie an etwas geglaubt hat. An etwas das ihr halt gegeben hat, etwas was ihr die Angst genommen hat. Sie sagte die Menschheit wäre blind und sähe nicht was sie sich gegenseitig für schaden zufüge.

Sie kam abends oft in mein Zimmer und legte sich neben mich in mein Bett. Sie schloss ihre Arme schützend um mich und drückte mich fest an sich, so als wolle sie mich nie verlassen. In diesen Momenten erzählte sie Geschichten über meinen Vater. Von ihnen konnte ich nie genug bekommen, doch wenn ich während ihren Erzählungen in ihre Augen sah, blickte ich in Augen voller Schmerz und Trauer. Sie versteckte ihre Gefühle nicht vor mir, vielleicht waren sie nun wieder zusammen.

Sie sagte oft er sei ein Held und ich wusste das es stimmte. Er war im Krieg gefallen, als ich ungefähr ein Jahr alt war. An ihn kann ich mich nicht erinnern, aber wenn ich die Fotos sehe auf denen er mich im arm hält, sehe ich das er mich geliebt hat. Meine Mutter hat oft behauptet das ich ihm ähnlicher war als ich dachte. Er muss ein toller Mann gewesen sein und auch ihn werde ich wieder sehen. Gott wird uns vereinen, er wird uns die Familie sein lassen die wir gewesen wären wenn das Schicksal anders gehandelt hätte und bis es so weit ist werde ich warten. Ich werde warten und hoffen das meine Eltern mich genauso vermissen wie ich sie.

In der letzten Zeit fühlte ich mich oft alleine, doch immer wenn ich sang oder Klavier spielte stellte ich mir vor wie meine Eltern hinter mir ständen und den sanften tönen lauschten. Ich stellte mir vor wie mich stolz an lächelten und ich genoss das Gefühl ihrer Anwesenheit. Ich war nicht bereit diese Vorstellung los zu lassen, sie half mir zurück ins leben zu kommen. Die Töne des Klaviers die unter der Führung meiner Finger entstanden brachten wieder Farbe in mein leben. Die Melodien trösteten mich wenn ich traurig war, beruhigten mich wenn ich wütend war und gaben mir Hoffnung wenn ich verzweifelte. Es war wie eine Droge, doch spielen tat ich nur wenn ich alleine war. Niemand sollte erfahren warum ich es tat, Niemand.

Der letzte TonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt