Mir wurde gesagt das es mir leichter fallen würde meine Gedanken und Gefühle ordnen zu können wenn ich darüber sprechen würde, doch hier bin ich. Es sind nun genau 2 Jahre her als meine Mutter die Diagnose bekommen hatte. Vor vier Monaten wurde sie von ihren Qualen erlöst und verlies diese Erde. Seit dem Sitze ich in meinem Zimmer, abgeschieden von der Welt. Ich Sitze vor meinem Klavier und tue nichts. Ich denke nicht und Spiele auch nicht, ich Sitze dort und starre vor mich hin. Meine Familie gibt sich große Mühe mich dazu zu bringen etwas mit ihnen zu unternehmen doch ich danke immer ab. Ich weiß es ist schon viel Zeit vergangen und doch brauche ich noch ein wenig. Das Mitleid in den blicken der Leute macht mich wütend. Ich weiß es ist für meine Familie ebenfalls ein schwerer Verlust und ich würde auch gerne für sie da sein, doch ich kann mich nicht über winden mit ihnen zu sprechen, sie würden mich genauso wenig verstehen wie meine Mutter als sie noch lebte. Ich habe seit ihrem Tod kein Wort mehr über meine Lippen kommen lassen, außer in den Nächten. Wenn es dunkel wird und ich mich sicher fühle kletter ich aus meinem Fenster und von dort gehe ich zu der Kirche. Zum Glück ist sie immer offen und bietet mir so einen gewissen halt. So bald ich sie betrete umschließt mich ein Gefühl der Sicherheit, Geborgenheit und Ruhe. Der Geruch nach dem würzigen Rauch und den alten Bänken erinnert mich an die vielen Messen die ich Sonntags mit meiner Mutter besucht hatte. Sie hüllten mich wie ein schützender Mantel ein und ließen meine Trauer für einen Moment verschwinden. Durch die großen bunten Fenster leuchtet sanft das Licht des Mondes und taucht alles in ein besonderes Licht und bringt mich dazu zu glauben ich könnte alles schaffen. Die hohen Wände und die grauen gewölbten Decken lassen alle töne meiner Schritte durch dem riesigen innen Raum klingen. An den seiten stehen einige Reihen der alten braunen Holzbänke und lassen einen breiten Mittelgang offen. Von ihm kann man perfekt zu dem prächtigen alten Stein Altar blicken. Auf ihm stehen immer die schönsten Blumen gestecke die der Kirche etwas lebendiges verleihen. Doch ich komme nicht nur hier her um von all dem Abstand zu gewinnen, nein ich suche die Nähe zu meiner Mutter und hier ist der einzige Ort an dem ich sie finde.
Ich sah sie in den Bänken sitzen, die Hände gefaltet und ihre langen braunen Haare locker über der Schulter liegend. Ich sah sie in den Fenstern, so Bund und lebendig und ihre Kraft umhüllte mich. Ich sah sie in den Blumen, so schön und anmutig und doch so Vergänglich. Ich roch sie in der Luft, ein warmer so bekannter Geruch der mir die Sicherheit gab die ich so dringend benötigte. Und schließlich auch in den tönen des Klaviers die mir die Nähe gaben die mir fehlte. Deswegen komme ich jede einzelne Nacht her.
Am Rande der Kirche hinter dem Altar befand sich ein Klavier. An diesem Ort konnte ich ungestört spielen, es hörte niemand und ich konnte alleine all meine Gefühle zum Ausdruck bringen. Die Melodie des Klaviers die mich meiner Mutter näher brachten und die Töne meiner Stimme die mir das Gefühl gaben sie wäre nie weg gewesen. Nachts konnte ich beginnen zu leben, ich konnte all das was sich in mir aufgestaut hatte raus lassen, ohne das jemand die magische Verbindung die durch diese Momente entstanden waren zerstören könnte. Das Spiel und der Gesang war wie ein Gespräch mit ihr und gab mir die kraft weiter zu machen. Meine Finger auf den kalten tasten, meine Stimme in dem großen Gebäude, der Duft in meiner Nase, das Mondlicht auf meinem Gesicht, es war Perfekt.
Allerdings ist mir wohl klar das es so nicht für immer weiter gehen kann. Ich muss lernen mit der Sache abschließen zu können und wieder anfangen mit meiner Familie zu reden. Auch wenn es schwer fällt, ich muss wieder den einstieg in mein leben finden.
Es fällt mir schwer wieder Fuß zu fassen, aber ich weiß was meine Mutter gewollt hätte. Sie hatte so oft gesagt ich sollte nicht traurig sein und nach vorne schauen. Egal wie schlimm eine Situation scheint man soll das gute sehen und sich daran festhalten bis es besser wird.
Es steckt so viel von ihr in mir und das gibt mir Mut, Mut weiter zu machen und nicht auf zu geben. Ich versuche wieder glücklich zu werden, so wie sie es immer war. Ich will ihr gerecht werden auch wenn ich es nie werden würde, bleibt mir der Versuch.
Denn nur weil ein Mensch stirbt ist er nicht weg, richtig? Sie lebt in mir weiter, oder? Wenn das stimmt dann muss ich aufstehen und weiter kämpfen, weil das hätte sie auch getan. Aufgeben ist etwas für Feiglinge und ich, ich bin ein Kämpfer. Das hat sie immer schon gesagt und ihre Worte trösten mich in dieser Zeit. Ich werde weiter machen, komme da was wolle. Meine Eltern sind meine Helden und für sie werde ich bis zum Ende kämpfen!
Doch für heute bleibt, mir Musik.
Eine konstante in meinem Leben die mir helfen wird zu der Person zu werden die meine Mutter in mir gesehen hat.
Doch wer weiß schon wohin mich mein Schicksal führen wird, ich kann nur hoffen und glauben das alles wieder Normalität annimmt.
Und somit war mein Entschluss gefasst. Ich muss wieder beginnen zu glauben, zu verstehen, zu hoffen, einfach zu Leben.
Doch für heute, diese Nacht, bleibt mir das Klavier, die Hoffnung, die Sehnsucht und ja auch die Angst.
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Der letzte Ton
Teen FictionEin Klavier, Eine Stimme, Ein ton. Das war alles was ihr blieb... Doch nur das Schicksal kann entscheiden wie es weiter geht..