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Das Feuer war zu klein um die beiden wirklich zu wärmen und Sören wusste, dass Freya fror. Ihm ging es ähnlich. Die Nächte waren eisig, selbst im inneren des Landes.
Er griff nach dem Fell um seinen Rücken und zog es von seinen Schultern. Mit einer geschmeidigen Bewegung, stand er auf und bedeckte damit Freyas zitternden Körper.
Sie zuckte bei seiner Berührung und wollte protestieren, doch Sören sah ihr die Müdigkeit regelrecht an. Im Halbschlaf, zog sie es enger um sich und kuschelte sich hinein. Es dauerte nur wenige Minuten da hörte er wieder ihren regelmäßigen Atem durch die Höhle. 
Er hingegen begab sich ein Stück näher an die Flammen und versuchte so die Hitze in sich aufzunehmen. Und obwohl er müde war, dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis er wirklich in einen Schlaf fiel.

Schon vor etwa einer Stunde hatte sie den Gedanken gefasst zu verschwinden, doch sie wollte ihn nicht verlassen. Außerdem würde sie sein Todesurteil damit unterschreiben und obwohl Freya ihn nicht mochte, so musste sie ihn nicht töten.
Sie verfluchte ihn schweigend. Nachdem sie eingeschlafen war, in dem Fell das er ihr gegeben hatte, war sie aufgewacht. Mehrfach.
Zuerst hatte sie daran gedacht zu gehen. Danach musste sie aber daran denken, dass er sich wirklich nett um sie gekümmert hatte. Aber vor allem konnte sie ihn nicht alleine lassen, da er schlief. Auch wenn er ein Krieger war, so war er jetzt verletzlich. Freya beobachtete den Schlafenden Mann vor ihr.
Er zitterte und Freya lächelte über seine Torheit sein Fell wegzugeben. Leise stand sie auf und schritt zu ihm. Er war warm und sie hoffte wenigstens ein wenig davon profitieren zu können und endlich wieder zu schlafen. Seine Brust vibrierte beim Atmen, was sie sanft in den Schlaf schaukelte. Und der Rhythmus seines Atems gab ihr das Gefühl von Sicherheit. Auch wenn sie merkte, dass er schlief wie ein Stein und sollte jemand kommen, waren sie tot bevor einer von ihnen was merkte. Aber vielleicht war das auch besser so. Denn sie wollte niemals, dass jemand sie so sah. Freya aus Borun, Tochter des Briec, geschmiegt an einen weißhaarigen Krieger aus den eisernen Ebenen, die nur dafür Bekannt waren zu viele Frauen auf einmal zu haben, blutrünstig und kalt zu sein. Nein, das würde Freya definitiv nicht wollen. Das würde sie vor Scham umbringen.

Er wachte auf und blickte sie verschlafen an. Verwirrt sah er an sich herunter und sah wie Freya an ihn geschmiegt da lag. Er konnte sich genau daran erinnern, dass sie, jeder auf seiner Seite des Feuers, eingeschlafen waren. Doch er würde sich nicht beschweren, denn er hatte nicht gefroren und selbst wenn er es hätte, dann würde er sich trotzdem nicht beschweren. Immerhin gefiel es ihm auffällig gut, wie sie an ihm geschmiegt da lag.
Er hob den Arm und machte ihr somit Platz an seiner Brust. Sofort drehte sich um und zog das Fell an sich, während sie ihre kalten Hände an seine Brust drückte. Sogar durch das Leder spürte er ihre brennende Berührung. Sören unterdrückte ein kleines Stöhnen.
Er beschloss, dass es besser war noch etwas zu schlafen und versuchte sich, ohne Freya zu wecken, hinzulegen. Wenn sie aufwachte würde sie ihm wahrscheinlich vorwerfen unflätig gewesen zu sein, nur war er sich ziemlich sicher, dass er immer noch an der gleichen Stelle lag wie am Abend davor.
Beide schliefen sie wieder ein, doch er konnte nicht anders als sich zu ermahnen, dass die Gefühle die er hatte mehr als unpassend waren. Es war nicht einmal das ziehen in seiner Lendengegend. Es war viel mehr die Tatsache, dass sie nicht verschwunden war, dass sie geblieben war und ihn alleine gelassen hatte. Mehrmals wachte er auf und jedes Mal lag sie in seinem Arm. Er veränderte die Positionen und versuchte sie dabei nicht zu wecken. Diese Frau hatte aber auch einen tiefen Schlaf, zog es ihm durch den Kopf. Sie musste völlig erschöpft gewesen sein.
Ruckartig setzte er sich auf. Hatte er Schritte gehört? Langsam erhob er sich in eine sitzende Position, legte Freya sanft zurück auf das Fell und stand auf. Mit einer geübten Bewegung griff er nach seinem Schwert und schnallte es sich um die Hüfte.
Dann umgriff er mit der linken Hand seinen Dolch, während er mit der rechten nach dem Schwertgriff fasste.
Bevor er die Höhle verließ, warf er Freya einen kurzen Blick zu. Dann ging er vorsichtig hinaus in die Kälte. Er würde die Frau in der Höhle beschützen, dass schwor er sich. Auch wenn er nicht genau wusste, weshalb.
Freya hörte ebenfalls ein Geräusch und schreckte, nur Sekunden nach seinem Verlassen, aus dem Schlaf, auf. Sie sah sich um. Panik kroch in ihr auf. Wo war er? Sie lag auf seinem Mantel. Also war er nicht weg, beruhigte sie sich.
Als sie bemerkte wo sie immer noch war, lief sie rot an. Er war aufgewacht und hatte gesehen wie sie neben ihm lag. Freya fand es tröstlich, dass er nicht weg war. Doch ihr Körper fand das nicht beruhigend. Sie stand auf, griff nach Dolch und Bogen und verließ die Höhle. Er stand dort und sah in den Himmel.  Er hatte einen makellosen Rücken. Seine breiten Schultern, angespannt, für alles bereit. Er hatte sein Schwert gezogen und blickte sich um. Freya war davon ausgegangen, sie war von den Geräuschen geweckt worden, die Sören gemacht hatte, doch vielleicht hatte sie doch etwas anderes gehört?
Ihre blickte wanderten über seinen Körper und zum ersten Mal sah sie seine Zeichen. Das Hemd war bis über die Ellenbogen hinaufgeschoben und offenbarten Schriftzüge die sie nicht verstand. Er musste doch frieren, dachte sie plötzlich. Sie trat in die Höhle und holte den Pelz, den er ihr gegeben hatte als sie gefroren hatte. Sie wollte nicht das er sich den Tod holte. Dass würde sie aber natürlich niemals laut zugeben. Freya schritt auf ihn zu.
Erst jetzt bemerkte sie dass der Schneefall nachgelassen hatte. Doch der Schnee stand ihr fast bis zum Knie. Sie stellte sich auf Zehenspitzen, um ihm seinen Mantel, zögernd, über die Schulter zu legen. Sören hatte sie beinahe sofort gemerkt und sich gewundert, wieso sie dort stehen geblieben war. Doch als sie hineinging und er seinen Pelz auf seinen Schultern spürte, wie sie ihm seinen Pelz umlegte, griff er nach ihm und zog ihn fest um sich. Sören war sich nicht sicher, ob die Wärme von dem Pelz oder aus seinem inneren kam.



FREYA - Im Auge des Sturms (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt