Kapitel 4 - Muslimien

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Harry ist einfach der Traumvater schlechthin oder? Mal ehrlich


Beinahe am tollsten, war der Moment, als Lucas und Sam angefangen haben zu reden. Sam hat als erstes geredet, während Lucas lieber schwieg, doch das hat sich bis heute nicht geändert. Lucas hat als erstes Mama gesagt und Sam als erstes Papa. Und ich weiß noch genau, wie Harry damals mit Sam im Arm ständig gesagt hat Sag's nochmal und Sam immer mal wieder Papa gesagt hat. Da ging mir das Herz auf. Als er es das erste Mal sagte, konnte sich Harry nicht mal eine kleine Träne unterdrücken, so glücklich war er. Da wurde mir auch klar, dass Sam ein Papakind werden würde. Kein Wunder, bei diesen Locken. Die beiden sind sowieso die besten Freunde. Harry würde Lucas niemals vernachlässigen, doch Sam und er sind sich oftmals in sehr vielen Aspekten ähnlich, während Lucas und ich uns mehr ähneln vom Charakter. Wenn wir spazieren gehen, läuft Lucas an meiner Hand und Sam an Harrys, so war es schon immer. Obwohl Sam und Harry mittlerweile schon zu cool sind, um Händchen zu halten. So sagen sie es zumindest immer.

„Steven will heute übrigens vorbeikommen", verkündet Harry, während Sunny an der Flasche nuckelt, allerdings nimmt er seinen Blick nicht von ihr. Er hütet sie wie ein Löwe, jederzeit.

„Oh ja, Steven!", freut sich Sam und ein breites Grinsen ziert zum ersten Mal heute seine Lippen, was sein Grübchen zum Vorschein bringt.

Harry und Steven sind immer noch gute Freunde geblieben über die Jahre. Seitdem wir standfest in New York geworden sind, schneit er immer mal wieder mit dauernd wechselnden Frauen bei uns Zuhause ins Haus und macht alles unsicher. Gemeinsam mit Sam. Sam und Steven sind ebenfalls beste Freunde, doch wen wundert das? Sie haben beide eine große Klappe. Es gab Zeiten, da war ich kurz davor Steven die Ausflüge mit Sam zu verbieten, weil er ihm dauerhaft neue Schimpfworte beigebracht hat. Und weil Harry gleichfalls viel Wert auf Anstand legt, hat er ein ernstes Wörtchen mit Steven gewechselt und seitdem versucht er sich zu benehmen, wenn er hier ist. Ab und zu fällt mal ein vulgärer Ausdruck, doch Sam scheint es sowieso nicht zu stören. Harry hat früher auch viel geflucht, ich bin mir sicher, dass es bei ihm nicht anders sein wird, wenn er älter ist.

„Mit wem diesmal?", frage ich und stelle schon mal die abgegessenen Teller zusammen.

„Frag mich nicht", feixt Harry. „Patricia, Paula, Paulina, irgendetwas in dieser Richtung war es."

„Piet", wirft Sam ein.

„Piet ist ein männlicher Name, Kumpel."

„Gar nicht. Piet können auch Frauen heißen."

Harry hebt eine Braue. „Ach ja? In welchem Land?"

Nachdenklich tippt Sam an seinem Kinn. „Ich glaube, es war Muslimien."

Wir lachen. Hauptsache, er versucht etwas besser zu wissen, als wir.

„Können wir da mal hinfliegen?", fragt jetzt Lucas neugierig.

„Nach Muslimien?", lacht Harry.

„Ja."

„Da kannst du nicht hinfliegen", sagt jetzt Sam wieder im Meckerton zu Lucas. „Da kommst du nur mit dem Boot hin."

„Du scheinst dich ja wirklich auszukennen", sage ich und räume das Geschirr ab, in die Küche hinter uns.

Wohl eher in unsere Riesenküche. Weil Harry immer noch erfolgreich Bücher schreibt und verkauft, können wir uns auch ein wundervolles, großes Haus leisten. Es ist zwar keine Villa, aber das wollten wir auch nie, denn es war uns wichtig unsere Kinder in einem bodenständigen Umfeld aufwachsen zu lassen, deswegen leben wir auch nicht in der Stadt, sondern außerhalb in Seattle, damit wir auch unsere Ruhe haben. Allerdings klappt das mit dem bodenständig leben nicht immer so gut, denn Harry kauft den Jungs manchmal Dinge, die wirklich Unmengen an Geld kosten, was ihnen natürlich ein höheres Selbstbewusstsein verschafft. Doch überheblich sollen sie auf keinen Fall werden. Darauf achten wir schon. Aber zwei Mal im Jahr in den Urlaub fliegen, ist trotzdem drin. Einfach weil wir es uns verdient haben.

Ich selbst habe kaum noch Zeit zum Schreiben. Ich habe ein Buch rausgebracht, und das mit dreiundzwanzig, danach hatte ich meine kleinen Erfolge und dann kamen auch schon die Jungs. Dann war Ende im Gelände. Doch stören tut es mich um ehrlich zu sein nicht. Harry ist erfolgreich und deswegen leben wir sehr gut, was die Finanzen betrifft. Ab und zu greife ich auch mal wieder zum Laptop und schreibe etwas nieder, aber gefestigt habe ich mich nur noch auf das Familienleben hier. Die drei Plagen sind ein vierundzwanzig Stunden Job, da kommen die Hobbys einfach zu kurz. Sie sind jetzt mein Hobby. Und es könnte aufregender nicht sein.


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