The End

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___"I bet if we dusted his heart for fingerprints, we'd only find hers."___


01. September 2014

Harry:


Die nächsten Tage sind ein undefinierbares Chaos aus Empfindungen. Wie Farben, die übergangslos und ohne Muster ineinander übergehen. Sie sind so verschwommen, dass sie an den Rändern ausbleichen und ich nicht sagen kann, wo sie anfangen, oder aufhören.

Die Ereignisse unserer Rettung überschlugen sich so rasend schnell, dass mir übel davon wurde. Ich versuche oft, mich an Einzelheiten zu erinnern, wenn ich wach bin, aber das Meiste davon versinkt in einem Grauschleier.

Ich weiß nur noch, dass wir irgendwie überlebt haben. Dass sie es geschafft haben, uns beide aus dem Gebäude zu schleppen, während sie diesen José und seine Handlanger überführten.

Schmerz ist das Eindrücklichste was ich empfinde. Das ist es, woran ich mich am besten erinnern kann. Schmerz, der mich immer wieder an die Grenze der Bewusstlosigkeit trieb und in einen Dämmerzustand lullte, der über Tage anzuhalten scheint.

Schmerz, wenn ich daran zurückdenke, wie ich mich verkrampft an Zayns kalte Hand klammerte und mich weigerte, ihn loszulassen. Ich hatte Angst, dass sie ihn zurücklassen würden, an jenem düsteren Ort.

Selbst, als wir längst im Krankehaus waren- in Sicherheit, ist Schmerz die eindrücklichste Emotion, an die ich mich erinnere.

Tage und Wochen voller körperlicher Schmerzen, die von den Seelischen abgelöst werden, sobald mein Körper durch Schmerzmittel ruhig gestellt ist. Und wie die Schmerzen meines Körpers wieder in den Vordergrung dringen, wenn sie all die Medizin in meinen Venen verbrannt haben, wie die Flammen eines Feuers. Schmerz, der abwechselnd ungebremst durch meine Adern und durch mein Herz jagt.

Ich kann mich nicht erinnern, wie viel Zeit verging, bis sie schließlich die Jungs zu mir ließen, aber ich weiß, dass es das erste Mal war, dass ich Louis weinen sah. Nicht, wie er sich heimlich eine Träne aus dem Augenwinkel wischte, sondern so richtig, wie ein Kind. Hemmungslos schluchzte er los, als er mich sah. Er kniete sich vor mein Bett und vergrub den Kopf an meiner unverletzten Seite und ich wollte ihn trösten, aber ich konnte es nicht. Ich fand keine passenden Worte, um ihn irgendwie zu beruhigen.

Er verlor zwar kein Wort über Zayn, aber ich machte mir dennoch Vorwürfe. Ich konnte den Verlust noch hundertmal deutlicher spüren, wenn ich die anderen ansah, wie sie verloren um mein Bett standen, mit einem leeren Platz zwischen ihnen. Sie wirkten orientierungslos ohne Zayn. Er hatte eine klaffende Lücke hinterlassen, die niemand zu füllen vermochte.

Am Rande bekam ich mit, wie eine Welle aus Spekulationen und Schock über Zayns Tod über sämtliche soziale Netzwerke hinwegrollte und wie schwer Niall, Louis und Liam mit all den Lügen und Ausreden des Managements zu kämpfen hatten. Keiner wusste zwar genau, was in jener Schreckensnacht geschehen war, doch die offizielle Version stellte uns natürlich als Opfer dar. Ohne Personenschützer waren wir vor einem Nachtclub in Chicago in eine Schlägerei geraten, die in einer Messerstecherei endete, bei der Zayn so schwer verwundet wurde, dass er im Krankenhaus seinen Verletzungen erlag.

Ich konnte leben mit dieser Version, auch wenn sie bitter in meinem Mund schmeckte. Niemand würde jemals wissen, was Zayn tatsächlich für mich getan hatte. Für uns alle. Er war nicht als Opfer gestorben, sondern als mutiger, selbstloser Mann. Doch dieses Geheimnis würde für immer vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben, begraben in dieser Fabrikhalle, mich und Alaska als einzige Zeugen.

Aber ich konnte nicht allzu lange über all das nachdenken. Vorher wurde ich meistens ruhiggestellt und driftete davon, in unruhigen Schlaf. Die Zeit des Trauerns war also ein Zustand des Wachens und Wegdämmerns und manchmal wünsche ich mir, ich hätte sie in vollem Bewusstsein erleben und mich nur auf diesen einen Schmerz konzentrieren können.

Your Voice in My Head (H.S.)Where stories live. Discover now